Reiseverbote von Jagdpächtern?

Landwirtschaft

Wenn SARS-CoV-2 Jäger und Reviere trennt

„Backhaus macht Grenzen dicht für Jäger“. Der Deutsche Jagdverband (DJV) titelt energisch. Jäger mit Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern dürfen weiterhin auf die Jagd nach Wutz und Reineke gehen. Jagdpächter aus anderen Bundesländern hingegen müssen ihre Flinte im Schrank lassen.

Hege und Pflege

Die Jagd ist im Kern Hege und Pflege des Wildbestandes. Gerade zu Zeiten der Afrikanischen Schweinepest gilt es, die Infektionskette zu unterbrechen. Die ASP ist für den Menschen ungefährlich, für Haus- und Wildschweine absolut tödlich. Es gibt keine Medikamente und keinen Impfstoff gegen die ASP. Bei einem Ausbruch des Virus in einem Hausschweinbestand muss der ganze Bestand gekeult werden. Seitdem jüngst an der Grenze zu Deutschland Wildschweine mit dem Virus in Grenznähe und zuletzt ein Ausbruch in einem Hausschweinbestand zu verzeichnen ist, rückt gerade im Frühjahr die verstärkte Jagd auf das Wildschwein in den Fokus. Die Jagdstrecken haben sich in den vergangenen Jahren in allen Bundesländern deutlich erhöht, ohne den Schwarzwildbestand zu verringern.

Jetzt wäre die Zeit, gegen Wildschaden auf den Feldern und gegen die Ausbreitung der ASP mit verstärkter Jagd vorzugehen. Allein: Pächter von Jagdgebieten in Mecklenburg-Vorpommern, die in anderen Bundesländern wohnen, dürfen nicht mehr einreisen.

Jäger sind keine Touristen

Die bundesdeutsche Jägerschaft wehrt sich: DJV-Präsident Dr. Volker Böhning unterstreicht: „Ein Jagdaufenthalt hat rein gar nichts mit Tourismus zu tun. Er ist ein triftiger Grund, schließlich unterstützen wir Jäger die systemrelevante Daseinsvorsorge der Landwirtschaft". Mit dem amtlichen Jagdschein könne sich jeder Jäger ausweisen. Pachtvertrag und Begehungsschein dokumentieren genau, wo gejagt werde. Auch das Urlaubsland Schleswig-Holstein hat zwischenzeitlich klargestellt, dass Jagd eine notwendige Tätigkeit ist und die Anreise ins Revier zulässig, sagt Böhning.

Das Gesetz

Das Virus SARS-CoV-2 hat der ASP den Rang abgelaufen. Vor dem Hintergrund der sozialen Distanzierung sei die Jagd weiterhin möglich und Böhning hat sich mittlerweile an die Bundeslandwirtschaftsministerin gewandt.

Die Landesregierung in Schwerin „hat am 23. März die Dritte Verordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Mecklenburg-Vorpommern beschlossen.“ Das teilt das Landwirtschaftsministerium Herd-und-Hof.de mit. Das Gesetz setzt die Leitlinien der Bundesregierung und der Regierungschefs der Bundesländer zum einheitlichen Vorgehen zur Beschränkung von sozialen Kontakten im öffentlichen Leben um. Das bezieht sich auch auf die Jagdausübungsberechtigten. „Das Jagen im Rahmen der individuellen Freizeitgestaltung im Freien ist für Jagdausübungsberechtigte mit Hauptwohnsitz in MV zwar weiterhin grundsätzlich möglich“, bestätigt eine Sprecherin gegenüber Herd-und-Hof.de. Sofern eine „erwerbsmäßige bzw. selbstständige Tätigkeit“ ausgeübt wird. Das sei im Sinne des Regelungszieles für den Gesundheitsschutz bewusst formuliert.

Der Landkreis Vorpommern-Greifswald hat auf dieser Grundlage Jagdreisen verboten.

Ausnahmen sind demnach nur zulässig, wenn die Anwesenheit „zwingend erforderlich“ ist. diese Not sieht das Ministerium nicht und verweist auf die Alternativen.

Alternativen

Das Jagdrecht bietet dem Jagdpächter aus einem anderen Bundesland die Möglichkeiten, einen ortsansässigen Jäger zum Zwecke er Wildschadensverhütung zu beauftragen. Es kann gegenüber der Jagdbehörde auch ein Jagdschutzbeauftragter benannt werden. Nach dem Landesjagdgesetz MV darf auch eine jagdpachtfähige Person die Jagd beaufsichtigen, sofern sie von der Jagdbehörde bestätigt wurde. Aus Sicht des Ministeriums bietet das Jagdgesetz gültige rechtliche Bestimmungen, den Verpflichtungen aus der Jagdpacht in der jetzigen Ausnahmesituation zu erfüllen.

Einzelfall MV

Pächter aus anderen Bundesländern dürfen nach Schleswig-Holstein zu ihren Jagdrevieren, nach Mecklenburg-Vorpommern nicht. Herd-und-Hof.de hat in anderen Bundesländern nach dem Stand der Dinge gefragt. Zum Teil hatte sich die Frage bislang gar nicht ergeben. Wegen der notwendigen Absprache zwischen Ministerium, Jagdverbänden und dem jeweiligen Gesundheitsministerium wegen der Corona-Gesetzgebung hat die Beantwortung eine Weile gedauert:

Bayern

Im Freistaat enthält die Infektionsschutzmaßnahmeverordnung keine Regeln über das Ein- und Ausreisen in oder aus dem Bundesland Bayern für Fahrten in nerhalb der Bundesrepublik. Für alle Jäger hat der Freistaat speziell Hinweise im Internet veröffentlicht: „Bei Fahrten ins Jagdrevier haben die Revierinhaber zwischen den Zielen der Infektionsschutzmaßnahmen und dem Allgemeinwohlinteresse an der konkreten  Jagdausübung abzuwägen (v.a. in Bezug auf ASP- Seuchenprävention bei Schwarzwild oder die Erfüllung des Abschussplans). Insbesondere sind die sachliche Notwendigkeit, die Entfernung zum Jagdrevier und die zwingende persönliche Anwesenheit in die Entscheidung einzubeziehen. So kann es bei weiteren Entfernungen angebracht sein, ortsansässige Jäger oder Jagdaufseher zu beteiligen.“ [1]

Rheinland-Pfalz

Für mehr als zwei Personen besteht Kontaktverbot. Dagegen dürfen Jagden im Einzelansitz auch von Pächtern aus anderen Bundesländern durchgeführt werden. Für ausländische Pächter bestehen nach Lage des Bundesinnenministeriums bei der Einreise oder nach Bundesaußenministerium bei der Ausreise Restriktionen. Die Befragung hat sich mit einer Pressemitteilung des Umweltministeriums überschnitten. Schon aus Gründen des Klimawandels und des früheren Blattaustriebes hat der Landesbetrieb Forsten den Jagdbeginn zwei Wochen früher auf den 15. April vorverlegt. Wildschweine dürfen bis auf die Muttertiere weiterhin ganzjährig bejagt werden. Die neue Regelunge gilt für einjähriges Reh-, Rot-, Dam- und Muffelwild. Hintergrund ist die Wiederaufforstung von Freiflächen, die durch den Borkenkäferbefall entstanden sind. Pflanzungen und die natürliche Verjüngung sollen vor dem Verbiss hoher Wilddichten geschützt werden.

Nordrhein-Westfalen

Auch NRW plant aus gleichen Gründen einen früheren Jagdbeginn, wie er in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt schon zum Regelfall geworden ist. Pächter aus anderen Bundesländern dürfen unter Berücksichtigung des Infektionsschutzgesetzes einreisen. Es gibt allerdings Reisebeschränkungen. So sind Übernachtungen in NRW zu touristischen Zwecken untersagt.

Eilbrief

Das generelle Einreiseverbot in den Landkreis Ostprignitz-Ruppin hat das Oberverwaltungsgericht  Berlin-Brandenburg mittlerweile gekippt. Heute teilt DJV das Vorliegen eines Schreibens aus dem Bundesinnenministerium vor, dass Jäger systemrelevant sind und Einzeljagden bundesweit stattfinden sollen. Der DJV sieht in der Einreisebeschränkung Mecklenburg-Vorpommerns einen Rechtsbruch.

Lesestoff:

[1] Auswirkungen auf die Jagd in Bayern: http://www.wildtierportal.bayern.de/

Roland Krieg

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