Renationalisierung GVO-Zulassung
Landwirtschaft
EP erlaubt individuelle GVO-Zulassung
Die EU-Mitgliedsländer sollen das Recht erhalten, individuell den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen einzuschränken oder zu untersagen. Am Dienstag hievte die Mehrheit des Europäischen Parlaments auch noch den Zusatz in den Bericht, dass die Einschränkung auch aus Erwägungen des Umweltgedankens verboten werden kann. Nun ist der Rat wieder an der Reihe. Die Berichterstatterin Corinne Lepage (Liberale): „Ich freue mich, dass das Parlament sich in der schwierigen Frage der GVOs, die seit Jahren die Öffentlichkeit besorgt, geeinigt hat. Wenn der Rat es nun schafft, eine gemeinsame Position zu verabschieden, wir die ausgewogene Lösung den Mitgliedsstaaten das Recht geben, keine GVO anzubauen, sollten sie dies nicht wollen.“ Lepage klingt dabei optimistischer als vor 14 Tagen.
Mehr als der Rat
Das Europäische Parlament geht mit seiner Abstimmung
viel weiter als der Rat. Der wollte Umweltgründe explizit nicht für ein Verbot
zulassen. Das Parlament hingegen möchte mit der Aufnahme dieser Gründe eine
internationale Rechtsbasis schaffen. Als Beispiel könnten Pflanzen wegen
Pestizidresistenz, zur Erhaltung der lokalen biologischen Vielfalt und wegen Fehlen
von Daten über negative Auswirkungen auf die Umwelt zum Verbot führen. Ebenso könnten
gentechnisch veränderte Pflanzen verboten werden, wenn die Koexistenz nicht
gesichert sei.
Das Parlament will auch Mitgliedsländer auffordern,
Maßnahmen gegen das unbeabsichtigte Vorhanden der Pflanzen in andere Produkte zu
ergreifen. Es müsse auch ein System geben, bei dem der Verursacher ungewollter
Kontamination in Haftung genommen werden kann.
Reaktionen
Benedikt Haerlin von „Save our Seeds“ kommentierte die
Entscheidung: „Ein wichtiger Schritt voran und ein guter Tag für die Demokratie
in Europa. Dem Rat der Minister und insbesondere der Bundesregierung bleiben
nun keine glaubhaften Argumente mehr, sich diesen Regelungen zu verweigern. Wir
hoffen, die polnische Regierung, die soeben die Ratspräsidentschaft übernommen
hat, wird die Verhandlungen nun zügig zu einem guten Ende bringen.“
Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstandsvorsitzender des
Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft kommentiert. „Mit der Entscheidung hat
das Parlament den lückenhaften Vorschlag der EU-Kommission zu nationalen
Anbauverboten deutlich verbessert.“ Nun müsse auch das Zulassungsverfahren verbessert
werden.
Jo Leinen von den europäischen Sozialdemokraten
und Vorsitzender des interfraktionellen Umweltkomitees sieht in der
Entscheidung eine rechtliche Grundlage für Verbraucher, Erzeuger und Händler.
Die Europäer stünden der Gentechnik skeptischer gegenüber als Brasilianer und
Amerikaner. Für den litauischen Sozialdemokraten Justas Palecki schütze der Umweltaspekt
die Ökosysteme.
Martin Häusler
von den Europagrünen erwartet jetzt, dass die Europäische Lebensmittelbehörde
einer Untersuchung unterzogen wird. „Skandale, wie Lobbyverquickung von
EFSA-Mitarbeitern mit der Industrie, darf es in Zukunft auf keinen Fall mehr
geben.“
VLE