Rettet den Aal – später?

Landwirtschaft

EU-Kommission bremst EP bei Aalmanagement

Dem Aal geht es schlecht: Überfischung, Verlust an wichtigen Lebensräumen, veränderte Meeresströmungen infolge von Klimaänderungen und Wasserkraftwerke, die den Fisch am Aufstieg in den Flüssen hindern. Die aktuelle Bestandsgröße des Europäischen Aals ist zwar nicht genau bekannt, doch gegenüber den 1970er Jahren ist er um 95 Prozent geschrumpft. Ob die teuren Wiederbesatzmaßnahmen wirken zeigt sich noch nicht, weil der Lebenszyklus des Aals mehr als zwei Dekaden umfasst und er einen abenteuerlichen Weg zum Ablaichen in die Sargassosee zurücklegt. Auf dem Weg zurück, beim Wechsel vom Salz- in das Süßwasser erscheinen die Jungtiere transparent und werden als Glasaale weggefischt. Die Ausbeutung der weltweiten Aalbestände zwischen 1997 und 2007 wird auf zehn Milliarden Euro geschätzt.
Mittlerweile steht der Aal auf der Liste der bedrohten Arten und der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) sprach sich im letzten Jahr für eine Reduzierung der Befischung aus.

Von der Anpassungs- zur Aalverordnung

Heute wird im Europäischen Parlament über eine Verordnung abgestimmt, die eigentlich nur eine Rechtsanpassung der Aal-Verordnung an den Lissabon-Vertrag ist. Doch vor dem Hintergrund der Situation der Aalbestände hat die schwedische Grüne Isabella Lövin einen Bericht zur Änderung des Aalmanagements gemacht. Unter anderem sollten die Mitgliedsländer Sofortmaßnahmen zur Reduzierung der Mortalitätsraten vornehmen, die außerhalb der Befischung auftreten. Beispielsweise bei den Wasserkraftwerken. Aale sollen dort ausgesetzt werden, wo sie die besten Überlebungschancen haben und ab Januar 2014 sollen alle Aalbewirtschaftungspläne alle zwei Jahre evaluiert werden.

Die Niederländer haben das Sprichwort, dem Aal über dem Deich zu helfen. Deswegen plädierte am Dienstag Bastiaan Belder (Freiheitsdemokrat aus den Niederlanden) für die Ausweitung des technischen Berichtes um eine Veränderung der Aalverordnung. Für die deutsche Sozialdemokratin Ulrike Rodust überlagert der Hintergrund die technische Formalität und beklagt, dass die Aalverordnung schon zu spät komme. Der französische Christdemokrat Alain Cadec verweist auf die lange Liste der Mortalitätsursachen und warnt davor, die Fischerei zum Sündenbock zu machen.

Doch nicht alle wollen die Verquickung zwischen Rechtsanpassung und Änderung der Aalverordnung. Bevor es an die inhaltlichen Fragen gehe, sollte die Aalverordnung erst einmal an den Lissabon-Vertrag angepasst werden, fordert der Spanier Gabriel Mato Adrover von den Christdemokraten. Sein deutscher Parteikollege Werner Kuhn sieht es genauso: Die EU müsse vor allem den Schwarzhandel mit den Glasaalen unterbinden, aber vor weiteren Änderungen erst die Evaluierung Ende 2013 abwarten.

Es gibt neue Zahlen der ICES über Biomasse und Sterblichkeit, erklärte die Fischereikommissarin Maria Damanaki. Die Kommission will daraus einen Bericht erstellen und diesen noch vor Jahresende Rat und Parlament vorlegen.

Loch Neagh

Die Zahlen werden keine Umkehrung des jahrzehntelangen Trends einleiten. Deshalb forderte Isabelle Lövin die Kommission auf, schon gleich die Aalverordnung anzupassen. Der Unterschied zwischen jetziger Anpassung und Abwarten des Berichtes liegt in den Monaten Oktober bis Dezember sowie Februar bis März. Das ist die Zeit, in der die Glasaale vor Spanien und Irland sowie an der Nordseeküste und im Kattegat ankommen.

Das ICES habe im letzten Jahr seine Sorgen um den Bestand bereits geäußert. Sie forderte einen europäischen Ansatz, auch wenn in einigen Regionen die Aalbewirtschaftung gut funktioniert.

Anzahl der Glasaale bei der Einwanderung in den Bann. Der Bann verbindet Loch Neagh mit dem Atlantik; Q: Dr. Derek Evans, The Success of Lough Neagh Eels; Konferenz der Sustainable Eel Group, Venedig 2012

30 Kilometer westlich von Belfast bewirtschaften 300 Familien den Aalbestand im See Loch Neagh. Mit 400 Tonnen im Jahr gilt sie als größte europäische Wildfischerei. Der Konservative James Nicholson hat dort seinen Wahlkreis und berichtete, dass die Besatzmaßnahmen in den letzten 50 Jahren 500 Millionen britische Pfund gekostet hätten. Dafür sei der Bestand aber gesichert und die Aale werden mit einer geschützten geografischen Angabe verkauft. Allerdings ist in den letzten Jahren die Zahl der Glasaale deutlich zurückgegangen. Wenn das Parlament einschneidende Maßnahmen, wie ein Bewirtschaftungsverbot aussprechen würde, wären die Folgen für diese Region unabsehbar, so Nicholson.

Lesestoff:

Küstenaale leben gesünder als Flussaale

Nur wenige Iren essen Aal. St. Patrick hat bei der Christianisierung der Insel den Teufel ausgetrieben. Und zwar in Form von Schnecken, die ins Wasser flohen und zu Aalen wurden. Das hindert aber nicht die Kooperative rund um Loch Neagh den Aal zu fangen und zu verkaufen.

www.sustainableeelgroup.com

Roland Krieg; Grafik: Dr. Derek Evans

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