Rindfleisch aus Mutterkuhhaltung
Landwirtschaft
Mutterkuhhaltung hat hohe Wertschätzung beim Kunden
Ob ein Ei ein Bio-Ei ist oder aus Freilandhaltung stammt, können Verbraucher leicht erkennen. Denn seit 2004 existiert ein umfassendes Kennzeichnungssystem, das detailliert Auskunft über die Herkunft der Eier gibt und ein Höchstmaß an Transparenz für Konsumenten gewährleistet.
Wissenschaftler der Universität Kassel sind nun der Frage nachgegangen, ob eine Kennzeichnung wie bei Eiern entsprechend auch auf Rindfleisch übertragbar wäre. Denn auch bei der Rindfleischerzeugung gibt es eine große Bandbreite verschiedenster Haltungsformen, von der Stallmast der Bullen oder Ochsen bis hin zu extensiven Haltungsformen auf der Weide. Doch bislang ist es an der Fleischtheke nicht üblich, etwa Rindfleisch aus Weidemast oder Mutterkuhhaltung besonders auszuzeichnen. Dabei gelten diese als die natürlichsten Haltungsformen von Rindern.
Im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) haben Antje Risius und Professor Ulrich Hamm untersucht, ob Verbraucher alternative Haltungsformen bei Rindern bevorzugen.
Dafür unterzogen sie rund 680 Verbraucher in sechs Lebensmitteleinzelhandels-Geschäften einem Kaufexperiment. Angeboten wurden ihnen 200 g schwere Steaks von Rindern, die sich in Haltungsform (extensive Mutterkuhhaltung, Weidehaltung oder Stallhaltung), Produktionsweise (konventionell oder ökologisch) und preislich (1,98 EUR; 3,98 EUR; 5,98 EUR oder 7,98 EUR) unterschieden. Das Ergebnis: Die Höhe des Preises spielt für die meisten Befragten beim Kauf von Rindfleisch keine zentrale Rolle.
Nur sechs Prozent der Befragten gaben an, dass ein niedriger Preis für sie wichtig sei. Dagegen haben die Einstellungsmessungen deutlich gemacht: Für mehr als 70 Prozent der Verbraucher kommt es beim Rindfleischkauf vor allem darauf an, dass es frisch ist (79 Prozent), gut schmeckt (74 Prozent) und aus artgerechter Tierhaltung (72 Prozent) stammt. Dementsprechend entschieden sich die meisten Teilnehmer bei den Auswahlexperimenten für die Produkte aus Weidehaltung oder extensiver Mutterkuhhaltung.
Wurden sie vorab darüber aufgeklärt, was das Besondere der Mutterkuhhaltung ausmacht, wirkte sich das positiv auf ihre Kaufentscheidung und Zahlungsbereitschaft aus. „Die Ergebnisse unserer Studie zeigen einmal mehr, dass Verbraucher Produkte aus artgerechter Haltung zu schätzen wissen“, so das Fazit von Professor Hamm. Was auf dem Eiermarkt bereits seit mehr als einem Jahrzehnt gilt, nämlich eine deutliche Preisdifferenzierung nach dem Haltungssystem, ließe sich auch auf den Rindfleischbereich übertragen.
Da es für Rindfleisch noch keine gesetzliche Kennzeichnungspflicht bezüglich exakt definierter Haltungsformen gibt, sei der erforderliche Kommunikationsaufwand aber nicht zu unterschätzen. "Denn die Verbraucher wissen nur sehr wenig über die übliche Haltungspraxis bei der Rindfleischerzeugung einerseits und die Besonderheiten artgerechter Verfahren anderseits", so Hamm weiter. Den Anbietern rät er daher, das Fleisch aus extensiver Mutterkuhhaltung am Verkaufsort besonders herauszustellen und die Kunden über die besonderen Vorzüge dieser Haltungsform zu informieren. Nicht zuletzt berge die extensive Mutterkuhhaltung auf der Weide ein großes, bei weitem noch nicht ausgeschöpftes Potenzial, um die artgerechte Tierhaltung voranzutreiben und die für unsere Artenvielfalt so wichtigen Naturschutz- und Weideflächen zu erhalten.
Lesestoff:
Studie „Konzept zur Produktdifferenzierung am Rindfleischmarkt - Kommunikationsmöglichkeiten und Zahlungsbereitschaft für Rindfleisch aus extensiver, artgerechter Mutterkuhhaltung auf Grünland“. Der Schlussbericht steht zum Download unter http://orgprints.org/27867/
Nina Weiler, www.aid.de