Ritterwanze auf Adonisröschen

Landwirtschaft

Lygaeus equestris ist Insekt des Jahres 2007

Angesichts der Hain-Schwebfliege, Steinhummel und dem Siebenpunkt-Marienkäfer als die auserwählten Insekten der vergangenen drei Jahre hegte Peter Hauk, Verbraucherminister des Landes Baden-Württemberg, gute Hoffnung, für 2007 auch ein publikumswirksames Insekt unter seine Schirmherrschaft nehmen zu können. Zwar hat die Wahl des Kuratoriums Insekt des Jahres, diese Hoffnung nicht erfüllt, aber bei näherer Betrachtung wieder doch ein gute Wahl getroffen: Lygaeus equestris, die Ritterwanze, ist die Auserwählte.

Ungeahnter Farbenreichtum
„Nur ein Vertreter versaut das Gruppenimage“, sagte Prof. Dr. Holger Dathe, Kuratoriumsvorsitzender, gestern bei der Vorstellung des Insektes im Berliner Naturkundemuseum: Die Bettwanze. Doch „Wanzen haben Konjunktur“ und sind ein „Insidertipp“.
Ritterwanze auf AdonisröschenDas Minister Hauk als Schirmherr ausgesucht wurde ist kein Zufall. Über 1.000 Wanzenarten gibt es in Deutschland und über 600 davon in Baden-Württemberg. Die Ritterwanze mit „zeitloser rot-schwarz – Färbung und auffälligen weißen Punkten könnte auch ein Trendsetter der menschlichen Mode sein“, meinte Hauk. Je mehr er sich mit den Tieren beschäftigt habe, desto interessanter wurden sie. Die Tiere haben typische Düfte, die an Vanille, Kirschen oder Zimt erinnern. Die Ritterwanze bevorzugt trockene Standorte, die in Baden-Württemberg auf vielseitigster Weise noch vorhanden sind. Wer der Spur der Wanzen folgt, entdeckt Kultur und Kulturlandschaften im Südwesten. Hauptsächlich sind es die Weinbaugebiete von Rhein, Neckar und Tauber aber auch die Schwäbische Alb mit ihren Wachholderweiden. Hauk erinnerte daran, dass die traditionellen bäuerliche Familienwirtschaften die Landesstruktur und daher auch die Arten erhalten. Die Bauern werden durch Agrarumweltmaßnahmen dabei unterstützt.
Das Kuratorium will nicht nur ein bestimmtes Tier mit der Auswahl in den Vordergrund stellen, sondern auch den mit ihm verbundenen Lebensraum. Man kann nicht zwei Ameisen in einem Zoo ausstellen, betonte Dr. Dathe. „Insektenschutz im Rahmen des Naturschutzes, heißt auch immer den Lebensraum schützen“. Das führe dazu, sich Gedanken zu machen, wie eine Landschaft zu erhalten ist.
Ritterwanzenansammlung im SommerZudem müsse man gerade bei den Wanzen zweimal hinschauen, ergänzte Dr. Christian Fischer, Biologe der FU Berlin. Wanzen können so ähnlich zueinander sein, dass sie nur schwer zu unterscheiden sind, wie auch Bilder in dem vom Kuratorium herausgegebenen Faltblatt belegen.
Wanzen gibt es überall. Zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Auf Treibholz oder Federn leben sie als einziges Insekt sogar mitten auf dem Ozean.

Auf der Ma auf der La sitzt ´ne kleine Wa
Seit mindestens 140 Millionen Jahren leben Wanzen auf der Erde. Bis auf die Bettwanze, sind die meisten Pflanzensaftsauger. Der Hauptwirt der Ritterwanze ist die Giftpflanze Schwalbenwurz, weswegen das Insekt seine Feinde mit der rot-schwarzen Färbung warnt: Nicht essen. Ungenießbar! Das schwarze Kreuz auf der Oberseite verlieh dem nur 8 bis 14 mm großem Insekt den Namen. Prof. Dr. Urs Wyss, Emeritus der Universität Kiel, hatte auch in diesem Jahr einen Film über das Insekt des Jahres gedreht, der die verschiedenen Larvenstadien zeigte und vor allem den im Blatt hin und her peitschenden Rüssel für die Aufnahme des Pflanzensaftes. Was genau der Rüssel ist, darüber sind sich die Experten nicht ganz einig. Über kleine Stechproben spürt die Ritterwanze mit kleinen Sensoren die lohnendste Stelle auf, erklärte Dr. Fischer. Die Mandibel raspeln die harte Pflanzenhaut auf und die weichen Maxillen dringen so weit hinein, dass das Labium, das Futteral,Gemeinsames Pflanzensaftsaugen praktisch als Oberlippe beim Hineinschieben auf der Kutikula der Pflanze aufgerollt wird. Was also genau ist der Rüssel?
Männchen und Weibchen kopulieren Hinterleib an Hinterleib bis zu 24 Stunden lang. Zum einen wissen die Experten aber nicht immer genau, wann Spermien übertragen werden. Jedenfalls nicht die ganze Zeit. Dr. Fischer erklärte, dass dieses Verhalten wie ein Keuschheitsgürtel wirkt, während sich die Tiere über die Knospen ziehen und Pflanzensaft saugen: Es kommt kein anderes Männchen an die Auserwählte heran.

Lesestoff und mehr Bilder unter www.bba.bund.de

Roland Krieg; Bilder: Dr. Deckert (2), Dr. Wyss (1)

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