Rückblick AMK

Landwirtschaft

AMK: GAP, Antiotika, Uran u.v.m.

Am Freitag tagten die Landwirtschaftsminister der Länder in Konstanz am Bodensee. Die „gemeinsame Stimme“ mit der gegenüber der Europäischen Union gesprochen werden soll, hat sich als Illusion erwiesen. Die unterschiedlichen Ansichten zur Agrarreform, mehr Umwelt hier und mehr Wettbewerb dort, lokale Landwirtschaft in regionalen Wirtschaftskreisläufen dort und exportorientierte Agrarstruktur hier, sind offen wie selten zu Tage getreten. Das ist auch ein Zeichen, dass die Landwirtschaft nicht mehr homogen in eine Richtung zu entwickeln ist.

Rhein-Länder fühlen sich düpiert

Ulrike Höfken, Alexander Bonde und Johannes Remmel, grüne Landwirtschaftsminister der Rhein-Länder Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen fühlen sich durch einen nicht abgestimmten Vorschlag von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner düpiert. Nach Aigners Vorstellungen sollen in der nächsten Förderperiode ab 2014 statt 30 nur noch zehn Prozent der Greening-Mittel in die zweite Säule für Agrarumweltmaßnahmen verschoben werden. Das Greening solle auch nicht mehr Pflicht für alle Betriebe werden. Damit würde Aigner den EU-Vorschlag für ein flächendeckendes Greening unterlaufen. Die drei Minister werfen der Ministerin eine Abkehr bisheriger Beschlüsse vor. Noch im Oktober befand die AMK in Suhl die EU-Vorschläge als richtungsweisend für alle Betriebe. Die Direktzahlungen sollten deutlicher als bisher an Umweltleistungen geknüpft werden.
Aigner hatte den alternativen Vorschlag zuvor beim Luxemburger Agrarrat eingebracht. Ein fester Prozentsatz der Direktzahlungen soll einbehalten und für Umweltmaßnahmen ausgegeben werden. Höfken, Bonde und Remmel fürchten, dass vor allem Bundesländer mit knappen Haushaltskassen auf Entwicklungen des ländlichen Raumes verzichten müssten.
„Die Direktzahlungen in der ersten Säule an ökologische Leistungen der Landwirte zu knüpfen, ist der richtige und notwendige Schritt, um die europäische Agrarpolitik zukunftsfest zu machen. Der Grundsatz ‚öffentliches Geld für öffentliche Leistungen‘ muss unbedingt eingehalten werden, um die gesellschaftliche Akzeptanz für die notwendigen Unterstützungen für unsere Landwirte nicht zu gefährden“, betonte Alexander Bonde nach der AMK.
Dr. Georg Häusler, Kabinettschef bei Ciolos, habe erneut unterstrichen, dass die Kommission an ihrer Forderung festhalte, die Prämienzahlungen an die Landwirtschaft in der ersten Säule obligatorisch mit zusätzlichen Umweltauflagen für die Betriebe zu verbinden. Ein Verschieben des „Greenings“ in die so genannte zweite Säule, zum Beispiel durch Aufstockung der Agrarumweltmaßnahmen oder ein freiwilliges Angebot, kommen demnach nicht in Frage. Ebenso erteilte der Kabinettschef einer Anrechnung von bestehenden Fördermaßnahmen auf das "Greening" eine deutliche Absage. Offen zeigte er sich für eine Erweiterung des Maßnahmenkatalogs der Begrünungsmaßnahmen in der ersten Säule, sie müssten allerdings in der EU einheitlich angeboten werden1).
Aigners vorstoß bewertet Dr. Till Backhaus, Landwirtschaftsminister in Mecklenburg-Vorpommern, als Modulation, die gegen die verfasste Meinung in Suhl verstoße.

Weitere Themen:

Antibiotika

In Konstanz haben sich Bund und Länder auf eine Datenbank zur Minimierung des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung geeinigt. Im Rahmen der Reform des Arzneimittelgesetzes sollen die Anwendungen besser auf Tierebene erfasst werden können. Nach Aigner würden die Länder „alle Instrumente“ in der Hand haben, um den Einsatz von Antibiotika zu überwachen. Details, wie beispielsweise Umfang und Intervall der Meldungen, sollen auf der Fachebene ausgearbeitet werden. Dann sollen Betriebe, die Antibiotika öfters einsetzen, einen Entwicklungsplan zur Minimierung des Medikamenteneinsatzes aufstellen müssen. Antibiotika aus der Humanmedizin sollen nur noch in Ausnahmefällen in der Veterinärmedizin eingesetzt werden dürfen.
Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann
begrüßte den Entschluss der AMK: „Mit dieser Datenbank bekommen wir ein wichtiges Instrument in die Hand, das Tierhaltern, Tierärzten und den Veterinärbehörden in die Lage versetzen wird, einen erhöhten Antibiotikaverbrauch in einzelnen Betrieben zu erkennen und gezielt zu hinterfragen, ob und wie eine Minimierung der Antibiotikabgaben möglich ist. Genau dies ist der Ansatz, den wir in Niedersachsen verfolgen wollen."

Eiweißpflanzen

Bayerns Agrarminister Helmut Brunner begrüßt die Einigung, dass die Bundesregierung das „Greening“ der GAP um die Eiweißkomponente erweitern will. Der Anbau heimischer Eiweißpflanzen soll demnach den Greening-Bedingungen genügen sollen. „Statt der überholten Flächenstilllegung sollten wir lieber wirksame Anreize schaffen, um den Anbau hochwertiger Eiweiß- und Bioenergiepflanzen voranzubringen“, so Brunner.
Zum Thema Greening wird die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik“ weiter arbeiten. Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann spricht weiterhin von „Stilllegungsfläche“, was EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos als ökologische Vorrangfläche beschreibt. Für Niedersachsen wäre das nicht akzeptabel, so Lindemann. Die Betriebe würden „deutliche Einkommenseinbußen“ verzeichnen.
Dr. Till Backhaus, Landwirtschaftsminister aus Mecklenburg-Vorpommern, forderte die Bunderegierung auf, ein Marktanreizprogramm aufzustellen. Die notwendige Eiweißversorgung werde fast überwiegend aus dem lateinamerikanischen Raum gedeckt.

Flächenverbrauch

Beim Flächenverbrauch, der sich derzeit um die 100 Hektar am Tag beläuft, soll demnächst ein Expertengremium die agrarstrukturellen Belange und den Schutz fruchtbarer Böden konkretisieren. Damit sollen Naturschutzplanungen um den Fachaspekt Landwirtschaft mit bewertet werden. Für Bayerns Brunner bekommen die landwirtschaftlichen Flächen damit mehr Gewicht als bisher.
Mit der knapper werdenden Ressource Boden gehen steigende Bodenpreise einher. Bund und Länder haben sich auf der AMK geeinigt, die Studien zum Bodenmarkt auszuwerten. Dabei handelt es sich um das Gutachten des Bundesverbandes der Gemeinnützigen Landgesellschaften „Landwirtschaftlicher Bodenmarkt, Perspektiven und Grenzen der Weiterentwicklung des bodenpolitischen Rahmens beim Grundstücksverkehrs“ und der Studie des Johan Heinrich von Thünen-Instituts zu „Aktivitäten von nichtlandwirtschaftlichen und überregional ausgerichteten Investoren auf den landwirtschaftlichen Bodenmarkt in Deutschland“2). Nach Dr. Hermann Onko Aeikens, Landwirtschaftsminister in Sachsen-Anhalt, ist das AMK für das Thema Boden sensibilisiert worden: „Der Boden ist das wichtigste Produktionsmittel der Landwirtschaft und er ist eine begrenzte Ressource. Politik darf nicht wegsehen, wenn Fehlentwicklungen drohen.“

Bauen im Außenbereich

Höfken und Remmel haben auf der Grünen Woche einen Vorschlag3) vorgestellt, der das Bauen großer Tierhaltungsanlagen eingrenzen will. Für die AMK haben Thüringen und Brandenburg die Eingrenzung auf viehdichte Regionen vorgeschlagen.
Nach Gert Lindemann, Landwirtschaftsminister in Niedersachsen, würde so ein regionales Verbot jedoch zu Verdrängungen in andere Gebiete führen und die Probleme nur verlagert werden. In Niedersachsen wird derzeit darüber diskutiert, nur den Stallbau nichtlandwirtschaftlicher Investoren einzuschränken, während die Bauern weiterhin ihre Betriebe vergrößern dürften.
Gegen Einschränkungen hat sich Sachsens Landwirtschaftsminister Frank Kupfer ausgesprochen. „Wir dürfen unseren landwirtschaftlichen Betrieben bei ihrer Entwicklung keine zusätzlichen Bandagen anlegen", so der Minister. "Abstand zu Wohngebäuden, Verbleib von Gülle, Immissions- und Tierschutzvorschriften - auch heute ist schon alles geregelt, was bei der Tierhaltung geregelt werden kann.“ Zusätzliche Hürden führten zu Investitionshemnissen.

Gülle

Die AMK sieht Handlungsbedarf, damit der Einsatz von Gülle in Biogasanlagen bundesweit möglichst einheitlich und zugleich praxisgerecht gewährleistet werden kann. Die AMK bittet deshalb die Bundesregierung, gemeinsam mit den Ländern die Erstellung von Muster-Vollzugshinweisen in Angriff zu nehmen. Diese Vollzugshinweise sollten nach Vorstellung der Agrarminister und -senatoren bereits zum 1. Juli - damit einen Monat nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes - vorliegen. Mit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ist Gülle, die in Biogasanlagen fermentiert wird, rechtlich als Abfall einzustufen - im Unterschied zu Gülle, die direkt als Wirtschaftsdünger ausgebracht wird. Die landwirtschaftliche Praxis wird durch die hieraus resultierende Anwendung verschiedene Rechtssysteme erschwert. Ziel der Agrarminister ist es, mit den nun angestrebten Vollzugsbestimmungen den administrativen Aufwand für die Betriebe möglichst gering zu halten. Dazu Landwirtschaftsminister Lindemann: „Dass für die Gülleverwendung unterschiedliche rechtliche Regelungen anzuwenden sind, ist aus Sicht der landwirtschaftlichen Praxis kaum zu verstehen. Ich hätte mir gewünscht, dass man die Gülle aus den abfallrechtlichen Regelungen ausklammert. Dies lässt das EU-Recht aber nicht zu - umso wichtiger ist es jetzt, dass wir einen praxisgerechten Weg aufzeigen, mit dem die Betriebe die rechtliche Anforderungen gut umsetzen können."

Milch

Die AMK hat zwar das Thema Milch und die zuletzt wieder sinkenden Milchpreise aufgenommen, doch für Alexander Bonde zu wenig für die Stützung der Milchbauern unternommen. Konkrete Vorschläge zur Preisstützung wurden nicht angenommen, was Ernst-Wilhelm Rabius, Landwirtschaftsstaatssekretär in Schleswig-Holstein, wiederum als positives Signal wertet. Es gebe keinen Grund von einer erneuten Krise zu sprechen. Es geht dabei um „marktkonforme Stützungsmaßnahmen“, die bei der EU geprüft werden sollen.

Regionalsiegel4)

Kritik an Aigners Regionalfenster äußerte Alexander Bonde. Die Mindestanforderung von 51 Prozent aus der Region sei viel zu wenig und unterlaufe die bestehenden Regionalmarken, die strengere und weitgehendere Auflagen erfüllen müssen: „Hier geht es auch um einen fairen Wettbewerb“.
Demgegenüber könnte das Regionalfenster laut Rabius einen bundesweiten Rahmen bilden. Das Gütezeichen „Geprüfte Qualität aus Schleswig-Holstein“ könnte darin eingebunden werden.

Uranwerte5) festlegen

Die AMK bittet die Bundesregierung den zuletzt wiederholt kritisierten Urangehalt in Phosphatdüngern in einem Bericht offen zulegen. Danach soll ein Grenzwert für Dünger festgelegt werden.

Lesestoff:

1) Agrarrat Luxemburg

2) Thünen-Studie

3) Deckelung großer Tierhaltungsanlagen

4) Regionalfenster des BMELV

5) Uran im Dünger

roRo / VLE

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