Rückblick Bundesrat

Landwirtschaft

Rückblick Bundesrat

In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause hatte der Bundesrat mit über 60 Tagesordnungspunkten am Freitag einen langen Arbeitstag.

Präventionsgesetz

Nachdem der Bundestag das Präventionsgesetz beschlossen hat, verzichtet die Länderkammer auf einen vormals geforderten Nationalen Diabetesplan und genehmigt das Gesetz [1]. Brandenburg und Thüringen stellten am Freitag den Antrag, die Zahl der Versicherten im einzelnen Bundesland für die Krankenkassenaufwendungen zu berücksichtigen. Da die Kassen länderübergreifend tätig sind, könnten sie kleine Versichertenzahlen in einem Bundesland benachteiligen.

Weingesetz

Das am Ende mühsam im Bundestag formulierte Weingesetz fand die Zustimmung des Bundesrates [2]. Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken aus Rheinland-Pfalz betonte, dass die Weinwirtschaft mit dem Kompromiss zufrieden sein kann und Fehler wie bei der Milch und bei Zucker vermieden wurden. Damit das Gesetz schnell umgesetzt werden kann, versprach Dr. Maria Flachsbarth, Staatsekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, eine entsprechende Vorlage noch bis Ende des Monats. Sie betonte noch einmal, dass das ehemals gestufte Verfahren besser gewesen sei, als die alleinige Anbauentscheidung bei der BLE: Sie forderte die Weinbauländer zur Unterstützung der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung auf.

Gentechnikgesetz 1

Höfken und Dr. Flachsbarth rangen auch beim Thema Gentechnikgesetz miteinander. Nachdem die EU ein nationales Opt-out für gentechnisch veränderte Pflanzen vorgesehen hat, streitet sich der Bund mit den Ländern, wer am Ende das Verbot aussprechen soll. Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz sowie Schleswig-Holstein haben einen Gesetzantrag eingebracht, der dem Bund die Verbotshoheit zuschiebt. Hessen und Thüringen haben sich vor der Sitzung dem Antrag angeschlossen. Dieser Gesetzentwurf folge der schon verabschiedeten Bundesratsentschließung, den Beschlüssen der Agrar- und Umweltministerkonferenz sowie der Einschätzung des Bundesumweltministeriums, zählte Höfken auf. Daher „ist es ein bisschen seltsam“, dass sich das Agrarministerium dagegen sträubt. Die Bundesregierung stehe unter Zeitdruck, weil im Oktober neue Zulassungen für gentechnisch veränderte Pflanzen anstehen.

Für Dr. Flachsbarth prallen bei dieser Frage zwei Welten aufeinander. Der Bund möchte sorgfältig und rechtlich sicher die Länder prüfen lassen, die Länder schieben dem Bund die Alleinverantwortung zu. Zuletzt habe Minister Christian Schmidt einen Kompromiss mit einem gemeinsamen Anbauausschuss formuliert. Wenn Bund und Länder die Sorgen der Bevölkerung ernst nähmen, dürften sie nicht gegeneinander arbeiten. Der Anbauausschuss schöpfe alle möglichen Verbotsmaßnahmen aus, während die Länder auf eigene Verbote verzichten würden, hätte der Bund die alleinige Hoheit.

Der Gesetzesantrag wurde dem Agrarausschuss zugewiesen. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft hat den überarbeiteten Gesetzentwurf des Ministeriums einer ausführlichen Bewertung unterzogen [3].

Gentechnikgesetz 2

Die Kommission überraschte alle Akteure, dass sie den Mitgliedsstaatenauch die auch die Verwendung von gentechnisch veränderten Bestandteilen in der Lebensmittelkette überlassen will. Der Bundesrat wird seine Entschließung direkt an die Kommission übermitteln. Die Länderkammer ist unsicher, dass das Vorhaben rechtssicher sei, da es keine beispielhafte Liste für Verbote gibt, wie sie beim Anbau vorhanden ist. Generell fehle eine Folgenabschätzung. Aus Sicht des Bundesrates bedarf es einer grundsätzlichen Änderung des Zulassungsverfahrens. Insbesondere dürfe die Risikobewertung nicht ausschließlich durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) durchgeführt werden. Auch dürfe die Kommission nicht ohne Zustimmung der Mitgliedsstaaten GV-Pflanzen zulassen.

Förderung der Elektromobilität

Zwar gilt die Elektromobilität als ein Schlüsselbereich der Energiewende, doch Anfang 2014 gab es lediglich 12.000 Elektroautos. Nur 3.100 davon fahren in privater Hand. Das Ziel, bis 2020 eine Million Stromer fahren zu lassen, ist unerreichbar ohne zusätzliche Förderung. Ein entsprechender Antrag des Landes Hessen liegt noch immer in den Ausschüssen des Bundesrates. Der federführende Finanzausschuss konnte sich nicht zu einer Entscheidung durchringen. Daher hat das Land Hessen eine sofortige Sachentscheidung eingefordert, die der Bundesrat auch fällte. „Es brauche offenkundig mehr Anreize“, sagte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann. „Das sehen alle Experten und Politiker.“ Der Bundestag wird aufgefordert, eine Sonderabschreibungsmöglichkeit zu prüfen und eine einheitliche Umweltprämie für Privatfahrzeuge in Höhe von 5.000 Euro auszuloben. Für Plug-in-Hybridfahrzeuge mit weniger als 50 g Kohlendioxid pro Kilometer sollten 2.500 Euro gezahlt werden. Die Fahrzeuge brauchen aber nicht nur Kaufanreize, sondern eine flächendeckende Lade-Infrastruktur und Anreize für die Produktion der Fahrzeuge in Deutschland.

Lebensmittelkontrollen

In einer Entschließung hat der Bundesrat die Bundesregierung zur Zusammenarbeit mit den Bundesländern aufgefordert, die Novelle der Lebensmittelkontrolleur-Verordnung anzugehen. „Die Lebensmittelkontrolleure in Schleswig-Holstein leisten hervorragende Arbeit. Allerdings sind die Anforderungen an die Lebensmittelüberwachung insbesondere durch die Industrialisierung der Lebensmittelherstellung über die Jahre ständig gestiegen. Damit müssen auch Qualifikation und Fortbildung Schritt halten. Das ist wichtig für einen modernen, zukunftsfähigen Verbraucherschutz und dient dazu, die Lebensmittelkontrolleure zu stärken“, sagte Verbraucherminister Robert Habeck aus Schleswig-Holstein nach der Bundesratssitzung. Die Bundesverordnung regelt die Ausbildung der Kontrolleure.

Biopatente

Nachdem die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes im März konventionelle Züchtung für patentierbar hält und mit dem Brokkoli Nägel mit Köpfen machte, formiert sich eine breite Front gegen die Behörde [4]. Die hessische Landwirtschaftsministerin Priska Hinz bezeichnete die Entscheidung als „Beispiel für fehlgeleitete Patentierungspraxis“. Es verstoße gegen deutsches Patentrecht, führe zu Protesten in der Öffentlichkeit und hat bereits 2012 im Bundestag zu einer gegenteiligen Entschließung geführt. Solche Patente würden eine Flut an Anmeldungen hervorbringen. Es sei Zeit, die europäische Biopatentrichtlinie zu ändern. Vorbildhaft sei das Sortenschutzrecht, wie es in Deutschland angewandt wird.

Hessen habe mit seinem Antrag ein wichtiges Thema auf die Agenda des Bundesrates gebracht, sagte Ulrich Kelber, Staatssekretär im Justizministerium. Schon im Koalitionsvertrag habe sich die Bundesregierung für eine Präzisierung der Patentrichtlinien entschlossen. Es geht um die Reichweite der Patentierbarkeit, so dass ein prozessbezogenes Patent das Verbot von Patenten auf Tiere und Pflanzen nicht unterlaufen könne. Das sei jedoch eine schwierige Aufgabe. Kelber setzt auf die Niederlande, die das Brokkoli-Patent ähnlich kritisch sehen. Heute steht das Thema auf der Agenda des Agrarrates und ab Januar übernimmt Holland die Ratspräsidentschaft. Da könnte ein Vorstoß zur Präzisierung gemacht werden.

Pelztierhaltung

Die Pelztierhaltung steht in Deutschland langfristig vor dem Aus. Das Töten von Tieren ist nur aus höherrangigen Interessen heraus erlaubt. Das Tragen von Pelzen gehört nicht mehr dazu [5].

Getreide

Saatgut, das keiner Sorte unterliegt, darf nach Richtlinien der EU nicht Inverkehr gebracht werden. Allerdings zeigen jüngste Forschungen, das Pflanzenvermehrungsmaterial nicht unbedingt der Sortendefinition unterliegen muss. Vor allem im Ökolandbau und in der extensiven Landwirtschaft könnte dieses heterogene Material helfen, Krankheiten einzudämmen [6]. Die EU hat deshalb einen zeitlich begrenzten Versuch gestartet, „Populationen“ der Arten Hafer, Gerste, Weizen und Mais auf Gemeinschaftsebene auszutauschen. Der Bundesrat hat das Landwirtschaftsministerium aufgefordert, das Saatgutrecht für die Dauer der Teilnahme entsprechend zu ändern.

EU-Ökoverordnung

Zwar hat der Agrarrat einen mühsamen Kompromiss für die Novellierung der EU-Ökoverordnung gefunden, das EU-Parlament hingegen schickt sich an, mit mehr als 1.200 Änderungsanträgen auch die Fehler im Detail zu revidieren [7]. Unzufrieden zeigte sich am Freitag auch der Bundesrat, der eine sorgenvolle Entschließung fasste. Der Vorschlag falle hinter den Erwartungen zurück, könne die Entwicklung der Biobranche noch immer behindern und sei über Teilerfolge nicht herausgekommen. Es drohen noch immer Produkt- statt Prozessqualitäten, es gibt zu viele Ausnahmen, die Tierschutzstandards fallen zurück und bei strengen Importregeln schotte sich die EU von Drittländern ab. Die Bundesregierung solle sich weiter für eine deutliche Verbesserung der Verordnung einsetzen. Der von der EU angekündigte „Aktionsplan für die Zukunft der ökologischen Erzeugung in der EU“ soll entsprechend finanziell ausgestattet werden.

Tierfutterreserven

Der Bundesrat hat der Möglichkeit zugestimmt, Brachflächen unter besonderen Umständen, wie die Trockenheit in diesem Jahr, zur zusätzlichen Futtergewinnung zu nutzen. Dazu muss die Direktzahlungsverordnung geändert werden, weil der Landwirt für diese brach liegende ökologische Vorrangfläche Direktzahlungen erhält. Die EU habe Nutzungen unter bestimmten Bedingungen zugelassen. Ab dem 01. Juli sollen zuständige Behörden die Beweidung oder Schnittnutzung erlauben können. Der Deutsche Bauernverband (DBV) ist zufrieden, folgt der Bundesrat doch den Forderungen des Berufstandes, weil aktuell, und nicht nur in diesem Jahr, „ Landwirte in weiten Teilen des Landes auf Grund der lang anhaltenden Trockenheit im Frühjahr (April bis Juni) erhebliche Probleme haben, ihre Futtervorräte ausreichend zu füllen.“ Der DBV erwartet vom Bundeslandwirtschaftsministerium eine schnelle Zustimmung, damit die Bauern noch Mitte Juli den Aufwuchs als Futter nutzen können.

Lesestoff:

[1] Präventionsgesetz zwischen „Heiß“ und „Kalt“

[2] Doch nur 0,3 Prozent neue Rebfläche im Jahr

[3] AbL-Bewertung des überarbeiteten BMEL-Gesetzentwurfes zum Opt-out im GVO-Anbau

[4] Brokkoli ist patentierbar

[5] Schleswig-Holstein spricht sich gegen die Pelztierhaltung aus

[6] Eintrag im europäischen Amtsblatt für diesen Versuch: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2014.082.01.0029.01.DEU

[7] Mehr als 1.200 Änderungsanträge für den Öko-Kompromiss

Roland Krieg

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