Rukwied zum Erntestart in Brandenburg

Landwirtschaft

Getreideernte unterdurchschnittlich

Zum traditionellen Erntestart fand sich Joachim Rukwied, neuer Bauernpräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), zu seinem ersten offiziellen Termin bei der Agrargesellschaft Fehrbellin nördlich von Berlin ein. „Ich sehe mich als Vertreter aller Bauern, der Zu-, Neben- und Haupterwerbsbetriebe“, so Rukwied am Donnerstag. Dafür, das der Landesbauernpräsident aus Baden-Württemberg nicht Klein gegen Groß ausspielen wird, bürgt dieser Betriebsbesuch.
Die Rhinmilch GmbH hat 700 Mitglieder, 27 Gesellschafter und bewirtschaftet 4.000 Hektar Land. 1.450 Hektar davon sind Grünland für 5.000 Mutterkühe und Milchrinder, die im Durchschnitt 11.000 Kilogramm Milch geben.

Naturschutz im großen Stil

600 Hektar Grünland werden im Naturschutzgebiet bewirtschaftet. Intensiver für die Futtergrundlage der Milchkühe und extensiver für die Winterfütterung der Mutterkuhherde. Geschäftsführer Hellmuth Riestock darf auf die extensiven Flächen erst ab dem 01. Juli rauf. Solange ruhen sie im Wiesenbrüterprogramm.
Der fast 130 Kilometer lange Rhin ist ein Nebenfluss der Havel und vernässte ehemals die Wiesen und Weiden. Der Torfstich für die Metropole Berlin hat das Grundwasser abgesenkt und die Flächen trocken gelegt. Das Land liegt rund 1,70 Meter unterhalb des Rhinspiegels und ist heute Europas größter Ruheplatz für Kraniche. Im Herbst flutet Riestock die Naturschutzflächen bis zur Grasnarbe. Das bietet den Kranichen Sicherheit vor Fressfeinden. Der Vogel wird als Nachbeweider auf den Maisflächen gerne gesehen, kann aber im Frühjahr als „Maispflanzen-Zieher“ die Bauern nerven. Die Landbewirtschaftung in Absprache mit dem Naturschutz hält die Landschaft offen. Wo sie sich selbst überlassen wurde, wächst dichter Schilf und ist für die Produktion verloren.
„80.000 Kraniche sprechen für sich!“: Rukwied ist beeindruckt. Der Beispiel zeige, dass große Betriebe unter Naturschutzauflagen wirtschaften können: „Das ist zukunftsorientiert und wegweisend.“ Das sei auch ein Beispiel, dass es kein „Greening“ wie es derzeit diskutiert wird, in der künftigen Agrarpolitik brauche.

Wieder einmal das Wetter

Mit der Wintergerste beginnt die Erntesaison. In den Frühdruschregionen am Oberrhein oder der Lommatzscher Pflege in Sachsen sind die Mähdrescher schon einige Tage unterwegs. Der Erntebeginn sagt aber noch nichts über die Mengen aus, die Ende August tatsächlich in der Scheune liegen. Das Sieben-Schläfer-Wetter verheißt nach Brandenburgs Bauernpräsident Udo Folgart nichts Gutes für den Juli und August. Mit Blick zurück auf das Erntejahr 2011 mit überfluteten Feldern sind alle Prognosen noch unter Vorbehalt [1].
Der Erntestart ist daher mehr ein Rückblick auf die Aussaat und den Aufwuchs. Und da haperte es schon gewaltig. Der nassen Aussaat im Herbst, folgten Kahlfröste, die auf rund 500.000 Hektar Ackerfläche Neueinsaaten notwendig machten und dann schlug im Mai erneut die Trockenheit zu. Mit nur 106 Litern Regen bis Ende Mai fiel nur die Hälfte des üblichen Niederschlags und schädigte die schwachen Winterfrüchte erneut. Der Regen der letzten Tage hat nichts mehr ausgleichen können und die Kornfüllungsphase beim Getreide bleibt unter dem Durchschnitt.


Kreisbauern-Vorsitzender Sven Deter, Hellmuth Riestock,
Joachim Rudwiek und Udo Folgart (v.l.n.r.)


Die Bauern haben Sommerweizen und Sommergerste auf den Auswinterungsflächen ausgesät, die jedoch zwei Tonnen weniger Ertrag bringen. Zusammen mit den Kosten für die Neueinsaat müssen die betroffenen Bauern mit 700 Euro zusätzlichem Aufwand pro Hektar rechnen. Der Winterfrost hat einen Schaden von etwa 350 Millionen Euro hervorgebracht.
Derzeit rechnet Rukwied mit einer Getreideernte von 41 bis 42 Millionen Tonnen, was ungefähr der Vorjahresernte entspricht.
Weltweit übersteigt derzeit die Nachfrage nach Brotgetreide das Angebot und die Getreideläger sind nur noch mit 185 Millionen Tonnen gefüllt. Das ist weniger als die Getreideernte in Europa, die auf 280 Millionen Tonnen geschätzt wird. Beim Futtergetreide sieht es umgekehrt aus. Vor allem der hohe Maisanbau in den USA lässt wohl ein Plus von 25 Millionen Tonnen erhoffen [2].

Nachbaulizenzen

Die Auswinterung hat die Bauern in dieser Größe vor ein großes Problem gestellt, denn auch in Frankreich und Spanien musste nachgesät werden. Saatgut wurde knapp. Bauern sind auf die Aussaat von Konsumgetreide ausgewichen, was strafrechtlich verboten ist. Ein Schadensersatz wird an die Pflanzenzüchter fällig, die ihre jahrelange Zuchtarbeit über Anbaulizenzen entlohnen. Die Saatgut Treuhandverwaltungs GmbH hat sich auf Druck des Bauenrverbandes zu einem Kompromiss gerungen, „nicht den vollen Schadensersatz geltend zu machen“. Die Bauern brauchen nur ein Drittel des Schadensersatzes in Höhe der normalen Lizenzgebühr zu zahlen.
Die Kritik aus der Bauernschaft besteht darin, dass sie Anbaugebühren durch die Herbstsaat bereits entrichtet wurde und die Nachsaat nun eine Mehrbezahlung sei. Dieser Kompromiss in einer einmaligen Notsituation kann nach Rukwied keine Dauerlösung sein. Die Bauern bekamen Saatgut zudem nur „etappenweise“ und mussten schrittweise nachsäen. In den kommenden Jahren wolle man die gleiche Situation wie in diesem Jahr nicht noch einmal erleben, sagte er zu Herd-und-Hof.de. Rukwied will über die Ausschüsse im DBV eine angemessenere Lösung finden.

FAO Nahrungsmittelpreisindex

Am Donnerstag hat die FAO den dritten Monat hintereinander einen fallenden Preisindex für Nahrungsmittel vermeldet. Der Preisindex liegt 2012 nun 14,5 Prozent unter seinem bisherigen Höchstpunkt im Februar. Die FAO begründet den Preisabschwung mit anhaltender ökonomischer Unsicherheit und noch immer ausreichend gefüllten Lägern. Die Unsicherheiten über das Wetter während der Ernte haben sich noch nicht bemerkbar gemacht. Auch wenn die Ernteprognose für Getreide um 23 Millionen Tonnen nach unten korrigiert werden musste, werden wohl noch immer mit 2,396 Milliarden Tonnen etwa zwei Prozent mehr als im letzten Jahr geerntet. Die Versorgungslage ist gut, weil vor allem Reis als einer der wichtigsten Getreidearten ausreichend vorhanden ist und auch exportierbare Mengen an Weizen vorhanden sind.
Die Hitzewelle vor allem in Osteuropa werde die Preise jedoch volatiler machen. Heute will die FAO in einem „High Level Event“ sich auch der spekulationsbedingten Volatilität widmen.

Lesestoff:

[1] Wasserernte 2011

[2] Maisrekord in den USA

Roland Krieg; Fotos: roRo; Grafik: FAO

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