Sag´ „Ja“ zu heimischem Holz

Landwirtschaft

Waldstrategie 2020

Der Wald schützt Klima, den Boden, das Trinkwasser, liefert Energie, Bauholz und dient der Erholung. Die Anforderungen an ihn sind in den letzten Jahren stetig gestiegen und wie der Wald der Zukunft letztlich aussieht, weiß noch niemand so ganz genau. Denn auch Bäume sind den Herausforderungen des Klimawandels ausgesetzt. Der zweite Teil des Symposium Waldstrategie 2020, der seit Dienstag in Berlin tagt, will eine Richtschnur vorgeben, an die sich das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMELV) und andere Ressorts orientieren können, will eine Plattform sein für die Auseinandersetzung mit den Ländern und den Nichtregierungsorganisationen. So formuliert es Dr. Jörg Wendisch aus dem BMELV, das zusammen mit der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) das Symposium organisiert.

Ein Arbeitsplatz je 100 Kubikmeter Holz
Auch wenn das Symposium mit den Themen Biodiversität und Naturschutz die gesamte Themenpalette aufgreift, so steht doch im Vordergrund, dass der Wald nachhaltig vor allem energetisch und stofflich wirtschaftlich genutzt werden will. Je 100 Kubikmeter Holz entsteht ein Arbeitsplatz, so Wendisch. Während Finnland und Kanada mit 20 und fünf Einwohnern je Quadratkilometern dünne Besiedlungen aufweisen, sind es in Deutschland 231 Einwohner je km2. Dr. Wendisch fordert daher eine gesteigerte Flächenintensität für die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln und fragt, ob das nicht auch für den Naturschutz gelten solle? Die Umweltverbände stellen den Umweltschutz ganz nach vorne und glaubten, dass alle anderen Aufgaben sich nachrangig von alleine einstellen, beschreibt Prof. Dr. Hermann Spellmann von der Nordwestdeutschen Forstlichen Landesversuchsanstalt das „umgekehrte Kielwasser“.

Faszination WaldMit gut 11 Millionen Hektar Wald ist rund ein Drittel der Fläche Deutschlands mit Wald bedeckt. Der gesamte Holzvorrat beträgt rund 3,4 Milliarden Kubikmeter, etwa 300 Kubikmeter Holz je Hektar. Damit ist Deutschland vor Schweden (2,9 Mrd.), Frankreich (2,8 Mrd.) und Finnland (1,9 Mrd.) Europameister im Vorratsholz. Der Grund liegt in der längeren Vegetationszeit, guten Standorten und einem größeren Baumartenspektrum.
Beim regionalen Holzeinschlag in Deutschland liegt Bayern mit 27,7 Prozent vor NRW (15,1 %) und Hessen (12,3 %). 2007 wurde mit 76,7 Mio. Kubikmeter das meiste Holz seit 2000 geschlagen, beinhaltet allerdings auch das Sturmholz durch Kyrill. Im Jahr davor lag der Holzeinschlag bei 62,2 Mio. Kubikmeter.
Q: Holzabsatzfonds

„Den meisten Besuchern gefällt unser Wald“, so Dr. Wendisch und sieht, nicht alleine, einen Nachholbedarf Förderung der wirtschaftlicher Nutzung. So viel Holz hat in Deutschland schon lange kein Wald mehr gehabt, wie derzeit die Statistiken übereinstimmend auswerfen. Georg Schirmbeck, Präsident des deutschen Forstwirtschaftsrates sagt, dass der Erhalt des Waldes seine Nutzung voraussetzt und ordentliche Holzpreise für die Waldbesitzer. Den Wald als flächendeckende Vegetation gab es nur noch zu Zeiten der Jäger und Sammler. Mit der Sesshaftigkeit des Menschen hat die Nutzung frei werdender Waldflächen begonnen und der Bergbau hat im Mittelalter ganze Wälder vernichtet. Während es vor etwa 150 Jahren noch einen „Waldnotstand“ gab, habe die Umkehr zur Nachhaltigkeit den Wald in seinen jetzigen Zustand befördert. Die Zerstörung des Regenwaldes dürfe man nicht mit der Waldnutzung in Deutschland verbinden: „Bevölkerungswachstum und Armut sind die Feinde des Waldes“, so Schirmbeck. Dort wo die staatliche Ordnung zusammengebrochen sei, verschwinde auch der Wald.

Verzicht auf Wertschöpfung
Letztlich wird der Heizwert der Biomasse ihre Nutzung für Nahrung, Futter oder stofflich bestimmen, prognostiziert Prof. Dr. Carsten Thoroe vom Johann Heinrich von Thünen-Institut. Generell müssen die Weichen auf eine biogen basierende Wirtschaft umgestellt werden und die Politik müsse dort eingreifen, wo es keinen funktionierenden Markt gebe.
In der Kritik steht dabei der Schutzstatus der Wälder. Bundesweit sind 26 Prozent aller Wälder intensiv mit FFH-Gebieten und Biosphärenreservaten geschützt und weitere 41 Prozent durch Landschaftsschutzgebiete und Naturparke nur mit Restriktionen nutzbar. Doch jeder Verzicht auf eine Rohholznutzung koste 4.100 Euro, so Dr. Thoroe. Es werden acht Kubikmeter Holz je Hektar nicht genutzt Derzeit liegen die Preise bei 50 Euro je Kubikmeter, so dass eine Fläche von 500.000 Hektar einen Wertverlust von zwei Milliarden Euro bedeute. Das entspräche einer Nichtrealisierung von 38.000 Vollzeitarbeitskräften.

„Gute“ und „schlechte“ Festmeter
Die Waldbesitzer könnten eigentlich zufrieden sein, denn nach vielen Jahren schreiben sie „endlich“ wieder schwarze Zahlen, so Dr. Spellmann. Und das, obwohl im Gegensatz zur Landwirtschaft, die Forstwirte bis auf Gelder für Pflanzungen nur auf „übersichtliche“ zusätzliche Finanzmittel zurückgreifen können. Es könne dann auch nicht sein, dass die „guten“ Festmeter im deutschen Wald bleiben, und die „schlechten“ Festmeter aus Übersee an den Landungsbrücken entladen werden, meinte Dirk Alfter vom Holzabsatzfonds. Deutschland hat so viel nachhaltig zertifiziertes Holz, dass Nutzungsrestriktionen unterliege, während Holz aus zerstörtem Regenwald den Markt bediene.

HolzpelletsHolzrohstoffbilanz
In der Periode des Energie- und Finanzmarktbooms zwischen 2003 und 2007 steig der Holzverbrauch um 40 Mio. Kubikmeter, einem Plus von fast 44 Prozent. Er erreichte 2007 über alle Verwendungszwecke hinweg 128,1 Mio. Kubikmeter. In diesem Jahr rechnet Prof. Dr. Udo Mantau mit einem Rückgang und die Belebung 2010 werde bescheiden ausfallen. In der Zeit der Weltwirtschaftskrise zwischen 2008 und 2012 sind mit 133,2 Mio. Kubikmeter kaum nennenswerte Zuwächse zu verzeichnen. Die energetische Naschfrage wurde vom Abschwung weniger mitgerissen als die stoffliche, auf die Sektoren wie Bau, Investition und Export wirken.
Q: s. u. 1)

Das liege daran, dass die Forstwirtschaft sich schlecht vertreten sieht. In Brüssel gebe es nur eine mangelhafte forstwirtschaftliche Vertretung, es gebe ein Zuständigkeitsgerangel zwischen Bund und Ländern sowie auch zwischen den einzelnen politischen Ressorts, klagte Dr. Spellmann. Manche Spitzenposition werde eher nach Parteibuch als nach Fachkompetenz vergeben, sagte der Forstwirt.
Der Wald diene zu oft als Ausgleichsfläche für Siedlungs- oder landwirtschaftliche Aktivitäten. Angesichts des Klimawandels müsse auch über die Sinnhaftigkeit „heimischer Baumarten“ geredet werden, denn so genannte „Gastbäume“ wie Douglasie, die Küstentanne oder Roteiche können angesichts des Klimawandels höhere Erträge erzielen.
In Deutschland fehle es an „Holzkultur“ findet Dirk Alfter. Häuser aus Holz haben noch immer gegen Vorurteile der Massivbaukultur zu kämpfen. In Berlin gibt es seit kurzem ein erstes siebengeschossiges Haus aus Holz, von dem sich der Holzabsatzfonds eine Trendwende erhofft. Alfter hofft, dass nach dem Symposium die Politik „zum Holz aus heimischer Nutzung“ steht.
So sollte die Forstnutzung auch über Ländergrenzen hinweg betrieben werden, forderte Hubert Kaiser aus dem Ministerium für Umwelt, und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz aus Nordrhein-Westfalen. In NRW sind bestehende Forstbetriebsgemeinschaften gerade einmal etwa 1.000 Hektar groß und stoßen auf eine Wirtschaftlichkeitsgrenze, sobald eine Person angestellt werden muss. Seiner Einschätzung nach sollte eine Forstbetriebsgröße bei 50.000 Hektar anfangen. Das könnte gerade für Wälder gelten, die nur extensiv genutzt werden dürften. Hier könnten sich Stiftungen bilden, die ein gemeinsames Konzept für Restriktionsflächen umsetzen.

Hier geht es zum zweiten Teil

Lesestoff:
1) Mantau, U. (2008): Holzrohstoffbilanz Deutschland: Szenarien des Holzaufkommens und der Holzverwendung bis 2012. Hamburg.

Roland Krieg; Fotos: roRo

Zurück