Schäfer ohne Zukunft?

Landwirtschaft

ELER für die Agrarumweltpolitik sicher stellen

In Bayern gibt es 300 Hüteschäfer im Vertragsnaturschutz. Gegen die neuseeländische Konkurrenz können sie ihre Wolle nicht wettbewerbsfähig auf den Markt bringen, stellte Wolfram Güthler vom Deutschen Verband für Landschaftspflege am Freitag bei einem Fachgespräch zur Finanzierung von ELER fest. Werden die Schäfer im Rahmen des Naturschutzes nicht mehr finanziert, dann sind sie arbeitslos und Wanderer im Altmühltal und der Fränkischen Schweiz sähen nur noch bewachsene Hänge, die von den Schafen nicht mehr beweidet werden. So verlören die beiden Regionen ihre Attraktivität als Wandergebiet, Orchideen, die freie Fläche zum gedeihen brauchen, wachsen nicht mehr und die vom Tourismusverband anberaumten „Schäferstündchen“ gäbe es nicht mehr. Voraussetzung für die Schafbeweidung und den Erhalt der Landschaft ist eine Flurneuordnung gewesen – und die Finanzierung.

ELER
Die „klassische Agrarpolitik“ mit Direktzahlungen und Marktstützungen wird dauerhaft keinen Bestand mehr haben. Lutz Ribbe von der Stiftung Europäisches Naturerbe sieht in dieser Agrarpolitik nicht nur wegen der WTO-Verhandlungen ein „Auslaufmodell“ und definiert den von der EU 2005 auf den Weg gebrachten "Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums" (ELER) als „wegweisendes Zukunftsmodell“. ELER hat vier Förderachsen von denen die erste Investitionen in landwirtschaftliche Betriebe unterstützt, die Niederlassung von Junglandwirten und Flurneuordnungen.
Die zweite Achse fördert Umwelt- und Ausgleichsleistungen wie Agrarumweltmaßnahmen, den Tierschutz und Aufforstungen. Achse drei umfasst die ländliche Entwicklung in einem größeren Maßstab und fördert Fremdenverkehr, Kleinunternehmen und die Diversifizierung der landwirtschaftlichen Einkommen. Regionale Zusammenarbeit und Maßnahmenbündelungen der anderen Achsen in „Bottom-up“-Ansätzen bilden schließlich die vierte Achse.
Generell gilt ELER als „wesentliche Säule“ in der Finanzierung des neuen Haushaltsrahmen zwischen 2007 und 2013, so Dr. Theodor Bühner, Referatsleiter aus dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auf der Tagung, zu der Cornelia Behm, Sprecherin für ländliche Räume der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in das Paul-Löbe-Haus eingeladen hatte. ELER ist in seinen Maßnahmen sehr breit ausgelegt und dient der Nachhaltigkeit, flankiert die gemeinsame Agrarreform und fördert die Konzentration von Wirtschaftsräumen, so Bühner. In der siebenjährigen Finanzperiode zwischen 2000 und 2006 waren die Bundesländer mit insgesamt 9,2 Milliarden Euro „wahnsinnig gut ausgestattet“. Jetzt allerdings stehen nur noch 5,9 Milliarden Euro zur Verfügung – maximal 7,2 Mrd., werden die Mittelübertragungen (Modulation) aus der klassischen Agrarpolitik mit einberechnet. Weniger Geld steht auf alle zur Verfügung, wobei die alten Bundesländer im Durchschnitt rund 47 Prozent der Gelder verlieren und die neuen Bundesländer im Schnitt 30 Prozent, weil dort die Strukturförderung den freien Fall etwas abfedert. Ab dem 01.01.2007 beginnt „der Kampf um die Mittel und um den Erhalt der Mittel“, so Bühner.

Welche Landwirtschaft wollen wir?
Auch Güthler sieht mit ELER eine inhaltlich gute Verordnung, aber allein - es wird das Geld fehlen. Ändern könne man den Etat und die Verteilung, über den die Bundesländer in den nächsten Wochen beraten, „wenn man will“, sagte Lutz Ribbe. Die „Erste Säule“ beansprucht 83 Prozent des Agrarhaushaltes und wird zur Kostenreduzierung und Steigerung der Effektivität eingesetzt. Damit wird die Steigerung des Wettbewerbs mit dem Weltmarkt über die Preisführerschaft versucht. Der Umfang der „Zweiten Säule“ hingegen beträgt seit zehn Jahren nur 17 Prozent des Agrarhaushalts. Ribbe sieht daher zwei Agrarpolitiken, zwischen denen sich die Verantwortlichen offensichtlich nicht entscheiden können. Österreich hingegen gilt bei dieser Diskussion als vorbildlicher Stratege: Die Alpenrepublik steckt 42 Prozent der Gelder in die Förderung des ländlichen Raumes und ist dabei, 5.000 zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Ribbe zitiert die Nachbarn: „Wir freuen uns, eure Märkte zu besetzen.“ Die Auswirkungen betreffen besonders ökologischen Betriebe, denen Fördergelder fehlen und begünstigt die Betriebe, die bereits zu den Profiteuren gehören. Die Hälfte der gut 343.000 landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland werden mit weniger als 5.000 Euro unterstützt. 3.730 Betriebe hingegen bekommen über 100.000 Euro.

Alle in einem Boot
Die gut 70 Teilnehmer aus den Bereichen Landwirtschaft, Landschaftspflege, Umweltschutz und Tourismus waren sich weitgehend einig, dass alle Betroffenen im gleichen Boot sitzen. Bei der Förderung des ländlichen Raumes dürfe nicht zwischen großen und kleinen und zwischen ökologischen und konventionellen Betrieben unterschieden werden. In einem Antrag an die Bundesregierung wird gefordert, dass die von der EU für Deutschland gekürzten Mittel von jährlich 400 Millionen ausgeglichen werden sollen. Die Mittelvergabe solle an die Schaffung von Arbeitsplätzen gekoppelt werden. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich für die Rücknahme der Kürzungen auf europäischer Ebene einzusetzen.
Deutlich wurde, dass Baden-Württemberg und Bayern am meisten unter den Einsparungen leiden werden. Da geplante Gelder bereits für genehmigte Fördermaßnahmen praktisch schon ausgegeben sind, kann es sein, dass es eine Fördernullrunde gibt.

Roland Krieg

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