Schweinepest und gefährdete Haustierrassen

Landwirtschaft

Mit Impfung und Bejagung gegen die Schweinepest in NRW

Die Schweinepest ist für den Menschen ungefährlich, kann aber vom Wildschwein auch auf Hausschweine überspringen, was zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden in der Landwirtschaft führt. Schon alleine der Verdacht auf Schweinepest in einer Region senkt die Abverkaufszahlen und bei Bestätigung der hoch infektiösen Krankheit bei einem Hausschwein müssen nach Tierseuchenbekämpfungsrichtlinien der EU alle Tiere in einem Umkreis eines Kilometers gekeult werden. Beim letzten großen Seuchenzug im Jahr 2006 in den Kreisen Recklinghausen und Borken summierten sich nach Angaben des Agrarministeriums in Düsseldorf alleine die Entschädigungen und Beihilfen auf 24 Millionen Euro.

FerkelSchweinepest im Bergischen Land
Im Januar wurde Schweinepest bei Wildschweinen in mehreren Landkreisen in Nordrhein-Westfalen festgestellt. Betroffen sind der Märkische Kreis, der Rheinisch-Bergische Kreis, der Oberbergische Kreis und der Rhein-Sieg-Kreis. Bei insgesamt 19 Tieren wurde der Virus bestätigt. Die Gebiete gelten als Beobachtungs- und Überwachungsregionen. Ein Hausschwein ist bislang noch nicht erkrankt, so dass die harten Maßnahmen im direkt betroffenen Seuchengebiet noch nicht greifen.
Im Bergischen Land jedoch gibt es viele Schweinehalter, die nur wenige Tiere halten und zudem seltene Rassen in Erhaltungszucht, um die Biodiversität aufrecht zu erhalten und einen Genpool für robuste Linien zu schaffen. Darunter zählen beispielsweise das Bunte Bentheimer Schwein, das Mangalitza-Schwein oder das Husumer Schwein. Diese Tiere werden im Freiland gehalten und können damit in Kontakt zu einem Wildschwein haben, dass den Schweinepesterreger in sich trägt.
Falls das der Fall sein sollte, greift die EU-Tierseuchenverordnung, weswegen das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz den Bauern angeboten hatte, die Freilandbestände aufzulösen. Für 60 Euro je Schwein und Übernahme der Schlachtkosten.

Verband sieht gefährdete Rassen bedroht
„Ziel des Ministeriums ist es, für die Zeit, in der wir als „gefährdeter“ Bezirk gelten, die kleinen Schweinehaltungen aufzulösen.“ Mit diesem Satz zitiert die „Vielfältige Initiative zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen“ (VIEH) den Dezernenten des Oberbergischen Kreises nach einem Treffen zur Eindämmung der Seuche. In einem offenen Brief an das Düsseldorfer Ministerium wehrt sich ein breites Bündnis aus ökologischen Anbauverbänden, Regionalvermarktern und Arche-Höfen gegen die Auflösung der kleinen Schweinehaltungen und der Schlachtung der gefährdeten Rassen. Innerhalb einer Woche hat das Bündnis mehr als 1.200 Unterschriften „für den Erhalt kleinbäuerlicher und artgerechter Schweinehaltungen“ gesammelt. Die Tiere produzieren zudem Fleisch für kritische Verbraucher, die Erzeugnisse aus der industriellen Massentierhaltung ablehnen, so der Verein.

Das Virus macht keinen Unterschied
Das Virus wird jedoch genauso wenig einen Unterschied zwischen gefährdeten Haustierrassen und Wirtschaftsbeständen machen, wie die EU-Tierseuchenregelung, die keine Ausnahmen vorsieht. Ein Sprecher des Ministeriums teilte am Telefon Herd-und-Hof.de mit, dass die Aufwendungen für Tierarztbesuche, Impfstoffe und Blutuntersuchungen für die kleinen Betriebe viel zu hoch sind, und dass das Schlachtangebot des Ministeriums, welches auch nur befristet bis Ende Februar galt, einen möglichen großen Schaden abwenden helfe. Würde ein Haustier in einem 10-köpfigen Freiland-Schweinebestand mit dem Virus infiziert, müsste in einem Umkreis von einem Kilometer jegliches Schwein gekeult werden. Auch in einem Wirtschaftsbetrieb, der 5.000 Schweine hielte. Nordrhein-Westfalen kann sich im Seuchenfall nicht gegen die EU-Bestimmungen wehren, so der Sprecher.
Derzeit ist das Seuchengeschehen bei den Wildschweinen noch überschaubar und kein Hausschwein betroffen. Was in den nächsten Wochen passiert hängt vom Seuchengeschehen ab.
Um die Hausschweinbestände zu schützen läuft in NRW eine Impfkampagne bei Wildschweinen. Impfköder, so groß wie eine Streichholzschachtel, mit aromatisierter Fettmasse ummantelt, werden von Behörden und Jägern ausgelegt. Die Fläche der gefährdeten Bezirke umfasst dabei nach Angaben des Ministeriums 3.194 km2, davon 1.258 km2 Wald. An jedem Impfplatz müssen 40 Köder flach eingegraben werden. Auf jedem Quadratkilometer werden zwei Impfplätze angelegt. Eine erste Antikörperbildung bei den Wildschweinen beginnt nach zehn Tagen und nach vier Wochen wird die Impfaktion wiederholt. Etwa zwei Wochen später besteht der Impfschutz. Die ganze Aktion wird im Sommer und Herbst wiederholt werden.

Thema in der AMK
Das Ministerium weiß um die Sorgen der Halter gefährdeter Nutztierrassen, und dass deren Tiere im Freiland gehalten werden müssen. Das Problem ist allerdings nicht nur auf NRW beschränkt, sondern gilt im Falle eines Seuchenausbruchs für alle Bundesländer. Deshalb soll das Thema auf der nächsten Agrarministerkonferenz (AMK) angesprochen werden. Die Länder wollen sich Lösungen überlegen, wie vor allem die im Freiland gehaltenen, gefährdeten Haustierrassen gegen die EU-Tierseuchenregelung besondere Berücksichtigung finden können. Man könnte sich vorstellen, dass doppelte Zäune eine Lösung bieten, doch wer schon einmal einen Wildsschweinschaden in seinem Garten oder Feld hatte, der weiß um den Einfallsreichtum, die Kraft und Beharrlichkeit der Schwarzkittel.

Verschärfte Bejagung
Eine dauerhafte Lösung wird nach Ansicht des Ministeriums nur in der „Reduktion des Schwarzwildbestandes auf ein seuchenhygienisches unbedenkliches Maß“ liegen. Deshalb hat das Ministerium am 02. Januar mit dem Landesjagdverband NRW eine zehn Punkte umfassende Bejagungsempfehlung ausgearbeitet. Die Wildschweinpopulation soll auf zwei Stück Schwarzwild je 100 Hektar reduziert werden. Eine verschärfte Bejagung wirkt sich positiv nicht nur auf das aktuelle Seuchengeschehen aus, sondern kommt dem Gesundheitszustand der Wildpopulation zu gute und dämmt die Wildschäden bei Jäger, Bauern und Forstbetrieben ein.
Als Hauptträger und -überträger des Schweinepestvirus gelten Frischlinge, die konsequent bejagt werden sollen. In Regionen mit besonders viel Wildschweinen sollen zur Bestandreduzierung im Herbst und Winter auch Bachen bejagt werden, die keine abhängigen Frischlinge mehr führen.

Lesestoff:
Den offenen Brief von VIEH finden Sie unter www.vieh-ev.de /aktuell/Schweinepest
Informationen über das aktuelle Schweinepestgeschehen in NRW finden Sie beim Ministerium (www.umwelt.nrw.de) und beim entsprechenden Landesamt (www.lanuv.nrw.de)

Roland Krieg (Text und Foto)

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