"Seelachs mit Ohrmarken"

Landwirtschaft

Cuxhavener Seelachsflotte fischt nachhaltig mit MSC

58°27´ Nord und 20° 39´ West: Kapitän Harmsen vom Trawler CUX27 hievt das 500 kg-Netz voller Seelachse hoch. Heute liegt das Filet in der Kühltheke. Die Konsumenten können sicher sein, dass der Seelachs nachhaltig gefangen wurde. „Wenn Fische Ohren hätten, bekämen sie jetzt Ohrmarken“, sagte Holger Ortel, Präsident des Deutschen Fischereiverbandes am Dienstag im
Bundeslandwirtschaftsministerium. So wie bei Rindern die Rückverfolgbarkeit über die Ohrmarken gesichert ist, kann der Verbraucher mit Hilfe des MSC-Zertifikats auch sicher sein, dass geprüft wurde, welcher Kapitän wann, wo und wie viel Seelachs gefangen hat, ergänzte Kai-Arne Schmidt, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft der Hochsee- und Kutterfischer GmbH Cuxhaven. Ohne die Bestände zu gefährden, mit möglichst wenig Beifang.

vlnr Lindemann Guichoux Schmidt OrtelErste zertifizierte Fangflotte
Extra aus London angereist kam Nicolas Guichoux, Europadirektor des Marine Stewardship Council, dessen blaues Logo demnächst deutschen Seelachs ziert. Weil der Zwischenhandel noch zertifiziert werden muss, gibt es den ersten nachhaltig gefangenen Fisch zwar schon ab morgen, doch noch ohne Logo.
Fisch zu zertifizieren ist nicht einfach, weil die offenen Meere nicht zu kontrollieren sind. Das hatte bereits das Fisch-Forum auf der BioFach in Nürnberg gezeigt. Dort wurde der MSC-Standard als der am besten realisierbare herausgearbeitet. Das blaue Logo ist also bereits ein Erfolg, von dem Guichoux sich eine Vorbildfunktion für weitere Fischarten erhofft.
Und tatsächlich arbeiten die Krabbenfischer bereits an ihrer Zertifizierung. Anfang 2009 sollen nach Aussagen Ortels die ersten Fischer mit der Umsetzung des 31 Kriterien umfassenden Katalogs beginnen.
Die Erzeugergemeinschaft an der Elbmündung hat 18 Monate, 140 Seiten Papier und viel Arbeit gebraucht, bis sie das Logo tragen dürfen.
Die EU schreibt bei Seelachs eine Maschenweite von mindestens 100 mm vor, doch die Cuxhavener orientieren sich bereits am höheren Standard von 120 mm. Damit kann Deutschlands größte Erzeugergemeinschaft auch vor Norwegen auf Seelachs gehen, so Schmidt. Außerdem haben die Fischer Netze an Bord, die mit 500 kg leichter als die bisherigen sind und können Treibstoff sparen. Die Netze haben keine Stahlketten, damit der Meeresgrund nicht in Mitleidenschaft gezogen wird.
Gert Lindemann, Parlamentarischer Staatssekretär aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium sieht den Seelachs der Cuxhavener Erzeuger als Flaggschiff und wichtiges Signal für andere Fanggebiete und Fische. Das Zertifikat zeigt dem Verbraucher, was im Bereich der nachhaltigen Fischerei machbar ist und gibt ihm eine Kauforientierung. Hinzu kommt, so Lindemann, dass der Lebensmitteleinzelhandel bereit ist, die zertifizierten Fänge zu listen und zu präsentieren. Teile des Zwischenhandels in Deutschland, wie die Deutsche See, sind ebenfalls zertifiziert.

Beliebter Köhler
Seelachs schwimmt unter falscher Flagge, denn er ist nicht mit den Lachsfischen verwandt. Eigentlich heißt er „Köhler“ und wurde vom Fisch-Informationszentrum auf der Grünen Woche einmal prominent ausgestellt. Auf See wird er bereits filetiert und tiefgefroren. Mit Marinade und paniert kommt er dann in die Geschäfte. Auch die Frischfischtheke wurde in den Supermärkten wieder belebt. Für die Convenience-Küche gibt es den Seelachs als Fischstäbchen oder Schlemmerfilet. Er ist einer der beliebtesten Fische der Konsumenten. Rund 90 Prozent, das sind 12.500 Tonnen, werden in Cuxhaven angelandet.

Keine Nachwuchssorgen
Die Fischerei ist überwiegend ein Familienbetrieb, weswegen es keine Nachwuchssorgen gibt, so Ortel zu Herd-und-Hof.de. Sorgen bereitet den Fischern eher die Planung der EU und der nationalen Meeresschutzstrategie, die Fangflotten zu verkleinern. Schmidt warnt vor der „Rasenmähermethode der EU“. Deutschland sei bereits nachhaltig aufgestellt. Hier werden neun Prozent der Fangquoten mit drei Prozent der europäischen Fischereiflotte gefangen. Vor allem Spanien und Portugal weisen ein deutlich ungünstigeres Verhältnis auf. Zudem, so Ortel, nutze Deutschland nicht überall die Fangquote aus. Bei der Verkleinerung der Fangflotte solle man ganz genau auf die einzelnen Mitgliedsländer schauen, forderten die Fischer.

Lesestoff:
Die Kriterien des MSC finden Sie unter www.msc.org
Wissenschaftliche Analysen über die Bestände finden sie unter www.ices.dk. Das ICES schlägt der EU Fangquoten vor.

Roland Krieg; Foto: Wernicke (BMELV); v.l.n.r: Gert Lindemann, Nicolas Guichoux, Kai-Arne Shmidt, Holger Ortel

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