Selbstentzündung beim DBV
Landwirtschaft
Groteske Zahlenspiele beim Grummet-Fest
Grummet ist ein deutsches und kein Wort eines Dialektes. Grummet stammt aus dem mittelhochdeutschen und ist eine Zusammensetzung aus grün Gesprossenem und Mähen. Den Begriff Grummet gibt es seit dem 14. Jahrhundert und bezeichnet das in der Sonne getrocknete frisch geschnittene Gras einer Wiese. Während des Trocknungsprozesses zum Heu wird es auch bröckelig. Bei gutem Wetter trocknet der Grünschnitt innerhalb eines Tages. Im trockenen Zustand kann Heu das ganze Jahr über in der Scheune gelagert werden. Die Restfeuchtigkeit beträgt maximal 15 Prozent. Das frisch geschnittene Gras hat in der Regel einen Feuchtigkeitsgehalt von 65 Prozent und neigt bei dichter Lagerung zur Selbstentzündung. Das Grummet-Fest des Deutschen Bauernverbandes ist eine Tradition nach der Ernte, die in diesem Jahr ebenfalls zur Selbstentzündung neigte.
Bauernpräsident Joachim Rukwied bezifferte den landwirtschaftlichen Wertverlust durch das Insektenprogramm der Bundesregierung auf 30 Milliarden Euro. Die Summe setze sich aus 10.000 Euro Wertverlust pro Hektar zusammen. Bei drei Millionen Hektar betroffener Fläche ergibt sich eine medienwirksame Zahl des Schreckens.
Staatssekretär Dr. Hermann Onko Aeikens beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat in einem offenen Brief vom Samstag an DBV-Präsident Rukwied dessen Rechnung als „nahezu grotesk übertrieben“ bezeichnet. Rukwieds Fehler sei die gesamte Berücksichtigung der FFH- und Vogelschutzgebiete aus der Agrarstatistik 2017 gewesen. Dort wird die Fläche mit 2,84 Millionen Hektar angegeben.
Zweitens sind vom Landwirtschaftspaket der Bundesregierung nur wenige dieser Flächen von einer Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes betroffen. Die Flächen sind noch gar nicht festgelegt, schreibt Aeikens. Aeikens geht von 158.000 Hektar Ackerland aus.
Drittens sind nicht alle Pflanzenschutzmittel von einem Verbot auf den landwirtschaftlichen Flächen in den Schutzgebieten betroffen. Verboten werden biodiversitätsschädigende Mittel. Andere Pflanzenschutzmittel. Fungizide und nicht in der Verordnung genannte Insektizide dürfen weiterhin verwendet werden.
Viertens betrifft die geplante Insektenschutzverordnung rund 1,1 Millionen Hektar Grünland, die weitaus weniger mit Pflanzenschutzmittel als Ackerflächen bearbeitet werden. So gut wie gar nicht mit Insektiziden. Der Wertverlust durch eine eingeschränkte Wirtschaftsweise lasse sich in keiner Weise auf 10.000 Euro pro Hektar summieren.
Fünftens haben die einzelnen Bundesländer schon vorher Bewirtschaftungsbeschränkungen in den Schutzgebieten erlassen, deren Auswirkungen dem Insektenprogramm der Bundesregierung nicht fälschlicherweise untergeschoben werden dürfen.
Aeikens Fazit: „Es ist mir daher absolut schleierhaft, wie Sie auf die Annahme von 10.000 Euro Wertverlust pro Hektar gekommen sind.“. Rukwieds Berechnungen entbehrten „jeglicher Grundlage“.
Rukwied hat sich nicht nur in diesem Jahr dem Populismus bedient. Im vergangenen Sommer forderte er eine Milliarde Euro Dürrehilfe, noch weit vor dem Zeitpunkt einer ordentlichen Bestandsaufnahme. Das Ministerium hatte große Mühen, die von den allgemeinen Medien aufgenommene Forderung sachbegründet wieder einzufangen.
Der Rückblick auf die Mecklenburgische Landwirtschaftsausstellung MELA Mitte September zeigt, dass auch die Landesbauernpräsidenten nicht mehr einzuhaltende Bewirtschaftsungsweisen gefährlich nahe am Populismus verteidigen und von der Politik zur Ordnung gerufen werden müssen. Dr. Aeikens enthielt sich in seinem Brief an den Bauernpräsidenten der Spekulation sich „solch maßlosen Übertreibungen“ hinzugeben.
Auf dem Grummet-Fest 2019 hat der Bauernverband das Vertrauen in seinen Ruf nach wissenschaftlichen Argumenten belastet und seine Argumentationshöhe auf die von Foodwatch oder der AfD eingestellt. Übrigens: Das Grummet-Fest des DBV dient der Kommunikation nach innen.
Lesestoff:
[1] Die Stimmung kippt: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/mela-die-stimmung-kippt.html
Roland Krieg