„Sicherung der Holzversorgung“

Landwirtschaft

KUP zwischen Ackerbau und Forst

Julia Klöckner, Parlamentarische Staatssekretärin aus dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), bringt es auf den Punkt:
Die Nachfrage nach Holz soll gesteigert werden und gleichzeitig die Holzversorgung auf einer nachhaltigen Basis stehen. Sie machte auf der am Dienstag begonnenen Tagung „Agrarholz 2010“ in Berlin klar, welche Erwartungen sie an die Wissenschaft stellt. Im Spannungsfeld Holznutzung, Landwirtschaft und Naturschutz will sie Lösungen, Ansätze, Ableitungen für Fördermöglichkeiten und Aufdeckung von Wissenslücken für neuen Forschungsbedarf herausgearbeitet wissen.
Es gehe, so Klöckner, um das Schließen der Versorgungslücke von 20 bis 40 Millionen Festmeter Holz im Jahr 2020. Und das bei „mehr“ biologischer Vielfalt und „mehr an Naturschutz“. Im Wärmebereich stellt Holz 75 Prozent der erneuerbaren Energien und ohne diesen Rohstoff seine die Klimaziele der Bundesregierung nicht zu erreichen.

KUP ergänzen den Wald
Auf der Tagung des BMELV und der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) geht es nicht um das Holz im Wald, sondern um schnell wachsende Weiden und Pappeln, die in dichten Reihen gepflanzt in kurzer Zeit viel Biomasse bilden. Sie werden alle drei bis vier Jahre gehäckselt und können vier bis fünf Ernten erzielen. Nicht im Wald, sondern auf Ackerflächen: Kurzumtriebsplantagen (KUP).
Auch wenn mit rund 3.000 Hektar Anbaufläche die KUP noch keine große Rolle spielen, so sind sie dennoch unverzichtbar. KUP sind weder der klassischen Landwirtschaft noch der klassischen Forstwirtschaft zuzuordnen, so Klöckner, was bei den Bauern viele Fragen aufwerfe, wie mit dem neuen Produktionszweig umzugehen ist. Sie haben keine Erfahrung damit, binden sich sehr langfristig, sind sich nicht sicher, ob die Rahmenbedingungen genauso lange halten wie die Kultur und vor Ort fehlt es noch an „kritischer Masse“: Die Bauern können sich keine teure Technik für ein paar Hektar KUP zulegen und die schlagkräftigen Maschinenringe, die das Häckseln in Lohnarbeit durchführen, müssen derzeit noch weite und unrentable Wege zwischen den einzelnen Plantagen zurücklegen.
Nach Dr. Werner Kloos aus dem BMELV bleibt der klassische Wald auch weiterhin Holzlieferant Nummer eins. Rund 180 Millionen Festmeter sind potenziell nutzbar. KUP können rund 3,5 Millionen Festmeter hinzuliefern. Für die Bundesrepublik wird eine mögliche Anbaufläche von 600.000 Hektar für KUP angegeben. Das BMELV fördert derzeit etwa 30 Projekte, von der Züchtung bis zur Ernte und zu Standortfaktoren, und hält dafür sieben Millionen Euro bereit.
Dr. Andreas Schütte, Geschäftsführer der FNR ordnet die Forschung in den europäischen Maßstab ein. Frankreich, Großbritannien und Schweden tauschen ihre Erfahrungen mit KUP im Forum ERA-Net aus. Die hölzernen Plantagen sind ein Europathema.

KUP in der Praxis
Nach Dr. Schütte muss die Forschung in der Praxis auch umgesetzt werden. Zum einen gibt es derzeit aber noch nicht den breiten Erfahrungsschatz, dass mehr Bauern auf den neuen Betriebszweig reagieren, zum anderen beschreibt Dr. Frank Setzer von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) die aktuellen Betriebshindernisse. Und die sind zahlreich.
Ein junger Landwirt übernimmt, so Dr. Setzer, den Betrieb von 480 Hektar von seinem Vater. Hinzu kommt ein wenig Wald und Dauergrünland. Von den 480 Hektar sind 420 Hektar gepachtet, was nach dem Erfahrungsschatz der DLG übliche Kenngrößen sind. Nur solche Betriebe kommen für den Anbau von KUP in Frage, denn abhängig von dem Investitionsvolumen und der Förderpraxis, die nur das Pflanzgut bezahlt, rechnen sich KUP erst ab 14 Hektar. Nebenerwerbsbetriebe, die auf zwei Hektar „nebenbei“ eine kleine Plantage haben, seien unrentabel.
Für den Bauern stellen sich derzeit ganz andere Fragen, als die der Versorgungssicherheit mit Holz: Weizenpreise pendeln zwischen 100 und 300 Euro je Tonne. Für die Betriebe lohne es sich eher, einen Hektar Land brach liegen zu lassen und auf höhere Weizenpreise zu hoffen, als sich 20 Jahre lang mit Weiden und Pappeln zu beschäftigen, deren Marktchancen derzeit nur in der Planung stehen.
Dr. Setzer blickt auf die Deckungsbeiträge von Nutzpflanzen. Kartoffeln erzielen mit 1.300 Euro je Hektar einen konkurrenzlosen Wert. KUP werden mit den Früchten und Anbauformen konkurrieren, die unter 300 Euro Deckungsbeitrag je Hektar liegen. Nach Dr. Setzer sind das die Flächen der Schwarzbrache, der Hülsenfrüchte und Weideland. Nur dort würden die Bauern derzeit KUP einsetzen.
Die Pacht ist ein anderes Problem. Fast zwei Drittel der Flächen sind gepachtet. Die Verträge laufen meist nur ein paar Jahre – viel kürzer als eine Plantagennutzung. So muss bei der Planung nicht nur der Bewirtschafter, sondern auch der Flächeneigentümer für die KUP interessiert werden.
Und weil die Fläche unter den Pappeln 20 Jahre dem Bodenmarkt entzogen ist, sieht Dr. Setzer die Gefahr steigender Bodenpreise in flächenknappen Regionen.
Auch der Naturschutz sei für die Bauern erklärungsbedürftig. Das Bundesamt für Naturschutz fordert, große Flächen abschnittsweise zu häckseln. Wenn allerdings nur noch drei Hektar am Stück geerntet werden sollten, ist das für die großen Häcksler auch wieder unrentabel.
Für Dr. Setzer ist noch offen, wie die anvisierten 600.000 Hektar KUP zusammen kommen sollen. Ein Bauer hat es gegenüber der DLG auf den Punkt gebracht: „Sind wir hier noch im Experimentierstadium oder kann man damit schon Geld verdienen?“

Morgen Teil II

Roland Krieg (Text und Foto – schnell wachsende Weide nach einem Jahr)

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