„Sie pflügen unsere Felder einfach um“

Landwirtschaft

Land Grabbing in Rumänien

In der postkommunistischen Ära hat Rumänien seinen eigenen Weg gehen wollen und an jedem Rumänen Land verteilt. 4,7 Millionen Kleinbauern sind das Ergebnis, von denen rund die Hälfte noch nie in der Landwirtschaft gearbeitet hatte und auch in den letzten Dekaden die bäuerliche Lebensweise nicht erlernt hat. Daneben expandieren heimische und ausländische Investoren – und es stellt sich die Frage, ob das Wachstum der großen Betriebe auf Kosten der Kleinen geht. Antworten versuchte im Rahmen der Grünen Woche die „Agriculturural and Rural Convention 2020“ (ARC 2020) zu klären.

Rücksichtslos

„Sie pflügen es einfach mit“., beschreibt Willy Schuster, Bio-Landwirt und Vertreter der rumänischen Kleinbauern sowie Co-Präsident der rumänischen Nichtregierungsorganisation EcoRuralis die Vorgehensweise der großen landwirtschaftlichen Betriebe. Die Kleinbauern haben auch bei den lokalen Politikern keine Chance, das Recht auf ihrem Grund und Boden durchzusetzen. Selbst die Polizei frage zurück, was die Menschen mit dem bisschen Land denn sonst anfangen könnten.
In der Tat sind die Betriebe, oftmals weniger als zwei Hektar groß nicht sonderlich ergiebig. Familien kommen mit zehn Hektar Land gerade einmal auf etwa 5.000 Euro Einkommen und müssen davon noch die Renten- und Sozialversicherungen bezahlen, erläuterte Simon Wolk, Mitgründer der Agrarinvestmentgesellschaft Germanagrar. Gehe das Land in andere Hände, würden den Menschen eine bessere Perspektive gegeben. Germanagrar zahlt wahlweise 140 Euro Pacht oder 600 Kilogramm Getreide für jeden Hektar Land pro Jahr. Das Land werde ihnen über Scouts freiwillig angeboten.

Dilemma

Da auf dem Land Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft fehlen, haben die Kleinbauern oft keine Alternative für ein zusätzliches Einkommen. Daher können sie auch die bewirtschafteten Parzellen nicht weiter entwickeln, wie es Bio-Bauer Attila Szocs gerne hätte. Die „Bauern“, die mit der Bewirtschaftung ihres Landes nichts anfangen könnten, lassen es brach fallen, diejenigen, die expandieren wollen, kämpfen gegen um bis zu 300 Prozent gestiegene Pachtpreise und muss sich gegen die Landinvestoren durchsetzen.
Nach Hannes Lorenzen, Berater im Agrarausschuss des Europaparlaments, gibt auch der Agrarpolitik einen Teil Schuld, die dafür sorge, dass die Kleinbauern bei den EU-Zahlungen benachteiligt werden und Rumänien ein „Landegebiet für flüchtiges Kapital“ geworden ist.

Bestandsaufnahme und Reform nötig

Die Situation ist komplex: Es gibt in Rumänien bewirtschaftetes und vernachlässigtes Land. Es gibt kriminelle und sinnvolle Agrarinvestitionen, die mühsam auseinander dividiert werden müssen. Rund 30 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche liegen brach und bieten allen möglichen Expansionspfaden eine Gelegenheit. So ist auch der Ökolandbau zwischen 2006 bis 2011 um das dreifache auf 300.000 Hektar angestiegen, wobei der größte Teil für Exportrohstoffe verwendet wird.
Notwendig erscheint ein runder Tisch für die Entwicklung des ländlichen Raumes in Rumänien, um die Ziel der Agrarpolitik mit den Interessen der Kleinbauern und Landbesitzern, die austeigen wollen, in einen gemeinsamen Rahmen zu bringen.

Lesestoff:

Leitlinien FAO

Bio Romania

www.arc2020.eu

Roland Krieg

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