Situationsbericht der deutschen Landwirtschaft

Landwirtschaft

Schlechte Ernte, schlechte Preise, schlechte Bilanz

Situationsbericht

Warum die Landwirte auf die Straße gehen hat mitnichten etwas mit Insekten und Düngung, veganer Lebensweise oder steigenden Anforderungen beim Tierwohl zu tun. Alles summiert sich in der Bilanz. Den Landwirten geht das Geld aus, es versiegt mit Ansage. Der Blick in die Zukunft ist finster.

Konjunktur?

Alljährlich veröffentlicht der Deutsche Bauernverband (DBV) im Dezember den Situationsbericht und belegt die wirtschaftliche Lage anhand von mehr als 10.000 ausgewerteten Buchführungsergebnissen.  Das Konjunkturbarometer Agrar ist schon wieder nahezu so schlecht wie zu Zeiten der Milchkrise 2008/09. Die aktuelle Lage wird schon mindestens genau mies eingeschätzt und die Erwartungen für die Situation in zwei bis drei Jahren sind deutlich schlechter.

Dabei haben Bauernverband und Landwirtschaftskammern die Daten aus dem Wirtschaftsjahr 2018/2019 ausgewertet, das deutlich im Zeichen der Dürre stand. Je Familienarbeitskraft ist das Unternehmensergebnis auf 38.380 Euro pro Jahr gefallen. Abzüglich Tilgung für Investitionen und Sozialabgaben ist das Ergebnis mit dem Bruttoarbeitslohn eines Angestellten vergleichbar. Während die Ackerbaubetriebe leicht zulegen konnten, sind die Ergebnisse in der Veredlung in den letzten drei Jahren von 64.179 auf 36.345 Euro gefallen. Würde der Landwirt einen durchschnittlichen Lohnansatz für Fremdarbeitskräfte und einen Zinsansatz von 3,5 Prozent für sein Kapital verrechnen, müsste das durchschnittliche Betriebsergebnis bei 65.500 Euro liegen. Die Buchführung weist aktuell lediglich 54.900 Euro aus.

Das Dürrejahr 2018 hat bereits gezeigt, dass trotz schlechterer Ernte auch die Erzeugerpreise mangelhaft sind. Höherer Lohnaufwand und höhere Abschreibungen waren neben Verteuerungen von Betriebsmitteln wie Energie die Kostentreiber. Der Aufwand steigt schneller, als selbst im Falle steigernder Preise.

Joachim Rukwied

2019 und weiter

Die Zahlen schreiben sich nach Bauernpräsident Joachim Rukwied in diesem Jahr fort. Höhere Ernten 2019 haben bei sinkenden Preisen die wirtschaftliche Lage auf den Betrieben nicht verbessert. Im September sanken die Brotpreise von 2018 zu 2019 von 188 auf 163 Euro je Tonne, der Preis für Futtergerste von 188 auf 149 Euro und bei Raps hat eine Steigerung der Preise von 359 auf 374 der qualitativ schlechtere Drusch den Mehrwert aufgefangen. Mehr als eine „Seitwärtsbewegung“ ist kaum möglich. Auch nicht bei der Milch. Die Preise sind im gleichen Zeitraum von 35,3 auf 33,2 gefallen. Nur die preisgünstigeren Futterkosten haben einen tieferen Absturz verhindert. Freuen können sich derzeit nur die Schweinehalter. Ein Kilo Schlachtgewicht wird derzeit mit rund zwei Euro entlohnt und liegt deutlich über dem Vorjahr mit 1,37. Allerdings blicken die Nutzviehhalter mit Sorge auf die neuesten Ausbrüche der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Westpolen. Die Hausschweinbestände gelten als gut gesichert. Das Virus wird zuerst im Wildschweinbestand gefunden. Möglicherweise verursacht von einem weggeworfenen Wurstbrot.

„Der Strukturwandel geht weite“, sagte Rukwied. „Im Tierhaltungsbereich hören mehr Betriebe auf. Da haben wir Größenordnungen die fünf Prozent im Jahr überschreiten.“ Der Ausblick ist finster. In den nächsten zehn Jahren kommen die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter. Es fehlen Betriebsnachfolger. Im Falle der APS, die für Menschen ungefährlich ist, „rumpelt es auf dem Schweinemarkt ordentlich“, ergänzt DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken. Dann werde auch die Exportwelle nach China eine Delle bekommen. Die Regionalsierung der Vermarktung ist dort noch nicht akzeptiert. Deutschland verliert im Ausbruchsfall als Ganzes seinen Status „ASP-frei“.

Bauern und Verband

Am 02. Dezember war fast jeder siebte Landwirt in Berlin. Die Bewegung ist sehr mannigfaltig und beinhaltet die Vertreter der „Grünen Kreuze“, die Hauptorganisatoren „Land schafft Verbindung“ hat sich mittlerweile wiederholt aufgeteilt, die Milchviehhalter demonstrieren mit, ein Teil der Ökobauern. Die politische Antwort des DBV ist klar: Wir vertreten alle Bauern. Zusammen mit den Regionalvertretern wird der DBV zur Internationalen Grünen Woche ein Ausgangspapier mit Inhalten und Eckpunkten für die Zukunftskommission vorlegen, die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf der letzten Demonstration angekündigt hat.

Bernhard Krüsken

Während Naturschützer das Ministerium zu nah am Bauernverband vermuten, ist vielen demonstrierenden Bauern die Nähe der Bauernverbände zur Politik suspekt. Die Wortwahl des Generalsekretärs erhellt die Stellung des DBV zur Basis bei der Antwort nach den Gesprächspartner: „Nach unserer Wahrnehmung…“ Und zur wiederholten Auftrennung von Land schafft Verbindung: „Interne Vorgänge kann ich nicht kommentieren“.

Da ist schon etwas auseinander gegangen, was eigentlich zusammen gehört.

Politik

Nach dem deutschen Klimapaket, hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen diese Woche den Green Deal vorgestellt. Die Landwirte wollen ihn erfüllen, wenn sie wirtschaftlich können, schränkt Rukwied ein. Er fordert ein Zurück zu wissensbasierten Entscheidungen. Pflanzenschutzmittel müssen gegen Schaderreger erhalten bleiben, die Digitalisierung bringt Wirkstoffe und Düngung teilflächenspezifisch aus. Beides ist für „sichere und qualitative Lebensmittel notwendig“. Rukwied will das Insektenschutzprogramm der Bundesregierung nicht erneuern: „Die Ziele sind richtig, aber der Weg ist falsch aufgesetzt.“ Er hofft auf landwirtschaftlichen Bestand in den Schutzgebieten und auf kooperativen Naturschutz nach niederländischem Vorbild mit Umweltverbänden und Gemeinden.

Mit dem finnischen Haushaltsvorschlag kann sich der Verband abfinden. Mit einem leichten Minus von 1,5 Prozent sei ein „stabiler Agrarhaushalt“ gegeben. Neben der Kürzung von 3,1 Prozent in der ersten Säule werde die zweite Säule weniger stark gekürzt. Die Direktzahlungen werden nach Helsinki zu 40 Prozent konditionalisiert. „Da sagen wir nicht Nein.“

Goldstandard Ökolandbau

Arg gelitten hat auch der Ökolandbau. Im Durchschnitt aller Betriebe und Regionen gaben die Gewinne von 70.000 auf 52.000 Euro nach. Die Verluste verursachten der Futterbau und die Schweinehaltenden Betriebe. Die Dürre 2018 zeigt ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. In Rheinland-Pfalz und im Saarland konnten die Halmfruchtbetriebe leicht zulegen, in Schleswig-Holstein fielen die Gewinne sogar auf 36.000 Euro. Der Verband der Landwirtschaftskammern zeigte, dass für alle Betriebsausrichtungen, die Gewinne nicht für die Entlohnung Boden, Arbeit und Kapital ausgereicht haben. Im Norden sind Eigenkapitalverluste vorhanden.

Lesestoff:

https://www.bauernverband.de/situationsbericht

Roland Krieg; Fotos: roRo

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