Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes

Landwirtschaft

Die Lage der Bauern

Der jährlich vorgestellte Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes kommt in diesem Jahr in neuem Design daher: DIN A 4 und die Farbtöne in den Verbandsfarben gehalten. Dahinter verbergen sich aber die alten Weisheiten: Schlechtes Wetter, schlechte Ernte und die Bauern murren. Gutes Wetter, gute Ernte und danach schlechte Preise: Die Bauern murren auch.

Der Situationsbericht bezieht sich auf das Wirtschaftsjahr 2013/2014. Die weltweit gute Ernte in diesem Jahr und den Preisabsturz spiegelt er nicht wider.

Kurz und knapp

Die Agrar- und Ernährungsbranche führt 750.000 Betriebe, die rund 4,7 Millionen Menschen Arbeit beschaffen. Mit einem Plus von 2,5 Prozent liegt die Bruttowertschöpfung bei 160,5 Milliarden Euro. Das sind sechs Prozent der Gesamtwirtschaft.

Der Produktionswert der Landwirtschaft beträgt dabei 55,8 Milliarden Euro. Im Vorjahr waren es nur 54,6 Milliarden. Von den 270.000 landwirtschaftlichen Betrieben haben 70 Prozent eine Tierhaltung. Das Höfesterben, Strukturwandel genannt, ist leicht rückläufig und liegt bei zwei Prozent. Doppelt so hoch allerdings im Milchviehbereich, wo es derzeit nur noch 77.000 Betriebe gibt. Auch in der Schweinehaltung mussten vier Prozent aufgeben. Nur noch 27.000 Betriebe sind aktiv. Die Bandbreite der Betriebsgrößen ist groß. Im Bundesdurchschnitt gibt es 56 Milchkühe pro Betrieb. Doch während es in Bayern rund 34 Tiere sind, weist Brandenburg mit 224 Milchkühen im Schnitt die größten Betriebe auf. Schweinebetriebe halten im Durchschnitt 199 Sauen oder 1.000 Masttiere. Damit liegt Deutschland im Mittelfeld der EU, betonte Bauernpräsident Joachim Rukwied.

DBV-Spitze: Generalsekretär Bernhard Krüsken
und Präsident Joachim Rukwied

Unternehmensergebnis

Das Unternehmensergebnis im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2013/14 lag im Durchschnitt aller Haupterwerbsbetriebe bei 67.300 Euro je Betrieb oder 46.400 Euro je Familienarbeitskraft. Das ist ein Anstieg um sechs Prozent zum Vorjahr. Die Landwirte müssen von diesem Ertrag allerdings noch ihre Sozialleistungen tätigen und in den Betrieb investieren. Die Nebenerwerbsbetriebe, die rund 51 Prozent aller Betriebe stellen, erzielten ein Durchschnittsergebnis von 15.100 Euro und 5.700 Euro weniger als im Vorjahr.

Preise auf Talfahrt

Drei Jahre lang waren die Einkommen stabil. In den letzten Monaten sind die Preise in den Keller gegangen. Die Gründe sind vielfältig. Weltweit gibt es eine gute Ernte und die Läger sind voll. Weil die Weltwirtschaft schwächelt, schwächelt auch die Nachfrage [1].

Russland setzt dem Trend noch einen drauf. 500.000 Tonnen Äpfel, die Polen jährlich nach Russland verkauft hat, drängen jetzt auf den europäischen Markt. Die Apfelpreise sind von 60 auf 20 Cent pro Kilo gesunken. Für das Kilo Schlachtschwein erhält der Erzeuger nur noch 1,32 statt 1,92 wie zu Jahresbeginn. Ferkel sind für 30 Euro zu haben. Der Milchpreis ist von einem Hoch von über 40 Cent auf das aktuelle Tief von 34 Cent /kg gesunken. Für das erste Quartal 2015 erwartet Rukwied einen weiteren Rückgang auf 30 und vereinzelt unter 30 Cent.

Die gute Ernte hat die Getreidepreise von 220 auf 155 Euro je Tonne sinken lassen. Vom Rapshoch von 500 Euro je Tonne sind derzeit nur noch 300 Euro übrig geblieben.

Dennoch bleiben die Perspektiven nach Rukwied gut. Steigende Bevölkerungszahlen und veränderte Konsumgewohnheiten werden die Nachfrage nach Lebensmitteln und deren Rohstoffe anheizen.

Rukwied will nicht auf die Marktorientierung verzichten. „Staatliche Regelungen haben uns auch nicht geholfen“, sagte er in Berlin. Die Milchquote hat weder den Strukturwandel gestoppt noch für stetige Preise gesorgt. Die Bauern brauchen Absicherungen, weil die Produktion in der Natur die Ernten und Preise variabel hält. Terminmärkte als Preisabsicherungsinstrument bleiben wertvoll, sofern die Spekulation herausgehalten werden kann. Hinter jeder Transaktion müsse physische Ware stehen. Der Bauernpräsident plädierte erneut für eine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage [2]. Rukwied hält Exporte, durch politische Marktöffnungen unterstützt, für ein weiteres Instrument der Vermarktungs- und Preisabsicherung [3].

Strukturwandelfaktor Standards

Die Einführung der Gruppenhaltung für Sauen hat manchen Kleinbetrieb zum Aufgeben gezwungen. Der Stallumbau war nicht mehr zu finanzieren. Joachim Rukwied sieht noch weitere Standards, die vor allem die Betriebe gefährden, die alle behalten wollen. Filtererlass, Dünge-Verordnung, Gruppenhaltung, JGS-Anlagen… „Das alles belastet die Produktion“, sagte Rukwied. Wenn die Verbraucher den höheren Aufwand an der Ladenkasse nicht entlohnen, dann werden die kleineren Betriebe aufgeben müssen. Die im Januar startende Initiative Tierwohl von Bauernverband und Lebensmittelhandel will die Brücke bauen. Der Handel finanziert den Stallumbau vor.

Bei der Einordnung der Jauche-, Gülle-, und Silageanlagen (JGS) in die Verordnung der wassergefährdenden Stoffe hofft Rukwied auf Bestandschutz und will von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks bereits ein entsprechendes Signal empfangen haben: Bestehende Anlagen werden für einen Umbau zur Doppelbewandung „nicht ausgegraben“.

Lesestoff:

Den Situationsbericht finden Sie online unter www.bauernverband.de

[1] Schweine: Stabil in der Talsohle

Milchpreise sinken

Auch die Produkte der Streuobstwiesen sind betroffen

[2] Die Forderung ist nicht neu. Bislang hat sie aber wenig Aussicht auf Erfolg. Aktuell hat die Die Linke einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht. Demnach spielt nicht nur das Wetter eine Risikorolle, sondern führt auch die Exportorientierung zu einem erhöhten Preisdruck. Um sich künftig Debatten über Hilfspakte zu sparen, soll die Bundesregierung in ihrem Entwurf dür das Jahressteuergesetz 2016 die Möglichkeit einer steuerfreien betrieblichen Risikoausgleichsrücklage berücksichtigen.

[3] Grüne kritisieren, Schweinepfoten und Sportpferde als Erfolg der Agrarexportförderung darzustellen

Roland Krieg; Fotos: roRo

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