Situationsbericht Landwirtschaft 2011/2012
Landwirtschaft
Bauern dürfen mehrheitlich zufrieden sein
Am Dienstag hat Bauernpräsident
Gerd Sonnleitner in Berlin den Situationsbericht 2011/2012 vorgestellt.
Regional unterschiedlich und je nach Produktionsrichtung dürften die Bauern nach
den Buchführungsabschlüssen des abgelaufenen Jahres aber in der Summe zufrieden
sein. Nach zwei schwierigen Wirtschaftsjahren mit rückläufigem Einkommen hat
sich die Wirtschaftslage jetzt verbessert. Vor allem die Ackerbaubetriebe haben
ihr Wirtschaftsergebnis erhöht. Verlierer sind die Veredlungsbetriebe und hier
vor allem die Schweinehalter. Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter
Deutschlands (ISN) hatte vor kurzem eine separate Bilanz gezogen: Zwar wurde
mit 59 Millionen geschlachteter Schweine ein neuer Rekord in Deutschland
aufgestellt, was vor allem durch die Nachfrage aus Asien bedingt wurde,
allerdings fielen die Schweinepreise vor allem durch die Dioxin-Krise mit 1,13
Euro je Kilogramm auf ein neues Siebenjahres-Tief. Der November hat umgekehrt
mit 1,60 Euro je Kilogramm ein noch nie da gewesenes Hoch gebracht. Dieser
Höhenflug ist in dem Wirtschaftsjahr aber noch nicht verzeichnet.
Gegenüber der Wirtschaft in den
anderen Sektoren verdienen die Bauern allerdings weniger. Auf die
Familienarbeitskraft umgerechnet liegt der Brutto-Lohn bei 2.520 Euro, rund 700
Euro weniger als der kalkulatorische Vergleichslohn. Davon muss der Betrieb
investieren und gut 500 Euro Sozialversicherung bezahlen.
Zudem hält der Trend steigender
Betriebskosten wie Futtermittel, Dünger und Energie weiterhin an.
117 Agrargenossenschaften in Ostdeutschland
wurden ausgewertet. Da lag das Unternehmensergebnis je Arbeitskraft bei 34.800
Euro. Im Durchschnitt wurden 1.606 Hektar Land mit 28 Vollzeit-Arbeitskräften
bearbeitet. Das unterstreicht nach Sonnleitner die herausragende
arbeitspolitische Leistung der Landwirtschaft in den neuen Ländern.
Ein Plus haben auch die
Nebenerwerbsbetriebe erzielt. Sie haben ihren Unternehmensgewinn auf 6.400 Euro
verbessert. Allerdings haben die eine Größe von 20 Hektar und sind meist
Ackerbaubetriebe. Die Tierhaltung in den kleinen Betrieben ist rückläufig.
Die gute Wirtschaftslage
spiegelt sich auch in den Investitionen wider. Im Durchschnitt hat jeder Betrieb
6.600 Euro in die Zukunft investiert und damit fast ein Drittel mehr
Nettoinvestitionen getätigt, als im Vorjahr. Gerd Sonnleitner betont dabei, dass
Investitionen in Photovoltaik und Biogasanlagen nicht enthalten sind.
Mehr Beschäftigte
Das der Agrarsektor nicht nur schrumpfen kann, zeigt der Blick auf die Zahl der Beschäftigten. Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der Erwerbstätigen von 648.000 auf 660.000 angestiegen. Eine Aufschlüsselung, wo die neuen Arbeitskräfte eingesetzt wurden, gibt es nicht, erläuterte Udo Hemmerling, stellvertretender Generalsekretär des DBV, zu Herd-und-Hof.de. Es liege aber die Vermutung nahe, dass wachsende Familienbetriebe beginnen, Arbeitskräfte zur Bewältigung der Arbeit anzustellen.
Krisenjahr
Dennoch war vor allem das letzte Halbjahr ein Krisenjahr. Bei der Getreideernte standen viele Felder unter Wasser und der Januar brachte mit Dioxin den ersten Vertrauensbruch. Das zog sich bis in den Sommer mit der EHEC-Krise hin, die nach Sonnleiter für die bauern das schlimmste seit Tschernobyl gewesen ist. Fehlerhafte Warnungen haben einen Schaden in Millionenhöhe nach sich gezogen. Die mittlerweile gezahlten Entschädigungen haben den tatsächlichen Schaden nicht ausgeglichen.
Die Welt
Die Agrarexporte laufen zu
neuen Höhenflügen auf und das Agrar- und Ernährungsgewerbe hat erstmals die
Rekordmarke von 60 Milliarden geknackt. Vor diesem Hintergrund begrüßte
Sonnleitner die EU-Vereinbarungen zur Rettung des Euro. Am vergangenen
Wochenende habe man den Konstruktionsfehler zwischen nationaler Fiskalpolitik
und gemeinsamer Haftung korrigiert. Zusammen mit dem Abschluss beim Klimagipfel
in Durban, das Industrie- und Schwellenländer gemeinsam in die Verantwortung
setzt, haben sich stabilisierende Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft
herausgebildet.
Der landwirtschaftliche
Produktionswert habe mit 52 Milliarden Euro nicht nur ein Plus von 12 Prozent und
einen neuen Rekord erzielt, sondern zeige die Leistungsfähigkeit der deutschen
Agrarwirtschaft. Daher sind die sieben Prozent ökologischer Vorrangflächen, die
EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos vorsieht für Sonnleitner „Stillegungsflächen“.
Auf Europa hochgerechnet würden fünf Millionen Hektar Produktivfläche verloren
gehen. Die Produkte müssten dann im Ausland auf rund 12 Millionen Hektar Fläche
erzeugt werden müssen.
Ausblick 2012
Der DBV erwartet für das
kommende Jahr eine leichte Eintrübung. Die Agrarmärkte werden aber, sofern die
Weltkonjunktur nicht einbricht weitgehend stabil bleiben. Ob die
Verbraucherpreise allerdings noch wie in diesem Jahr eine Inflationsbremse
bleiben, ist offen.
Im Januar geht die Petition für
ein Gesetz zur Flächenschonung online. Der Flächenfraß wird eines der zentralen
Themen für das kommende Jahr sein. Genauso wie neue Versuche, eine
Risikoausgleichsrücklage einzubringen, die Bauern zur Sicherung ihrer Liquidität
in schlechten Zeiten brauchen.
Ein wichtiges Werkzeug zur
Preisabsicherung soll auch die Warenterminbörse bleiben, sofern spekulative
Blasen vermieden werden können. Sonnleitner sieht in dem G20-Beschluss
funktionsfähige Ansätze. Vor allem sind genaue Zahlen über Erzeugung und
Verbrauch wichtig, denn dieses Verhältnis wirke auf die Börsen.
Lesestoff:
Risikoausgleichsrücklage
Roland Krieg (Text und Foto)