Sonder-AMK in Berlin
Landwirtschaft
PLANAK und GAP: Themen auf der Sonder-AMK
Die SPD-geführten Länder hatten eine Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK) eingefordert [1], um nach dem Scheitern der EU-Budgetgespräche eine Standortbestimmung zur deutschen Agrarposition durchzuführen. Sie fand am Mittwoch nach der regulären Sitzung des Planungsausschusses für die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (PLANAK) statt.
PLANAK
Die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) steht schon länger auf dem Prüfstand und wurde zur detaillierten Ausgestaltung in die PLANAK-Gespräche einbezogen. Im Wesentlichen soll die GAK als wichtigstes Instrument für den ländlichen Raum beibehalten werden, brauche aber eine Modernisierung. Der Mittwoch hat dann eine der größten grundlegenden Reformen der Förderung der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes seit Bestehen der GAK eingeleitet. Für die Jahre 2014 bis 2017 wird die GAK neu ausgerichtet und keiner der anwesenden Agrarminister von Alexander Bonde als Minister des AMK-Vorsitzlandes Baden-Württemberg (Bündnis 90/Die Grünen), noch Gert Lindemann (Niedersachsen für die CDU-Länder) und Dr. Till Backhaus (Mecklenburg-Vorpommern, Sprecher der SPD-Länder) waren unzufrieden. Zum einen soll das Fördervolumen von 600 Millionen Euro beibehalten werden, zum anderen werden neue Schwerpunkte wie die demografische Entwicklung und die Reduzierung des Flächenverbrauches integriert. Damit orientiere sich die GAK an die Prioritäten, die bundesweit im ländlichen Raum gesetzt werden, erklärte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner im Anschluss an die Sitzung. Vor allem wurde das Bündel an Förderprogrammen von nicht mehr gebrauchten, nur ergänzenden oder Doppelungen befreit. Es gibt jetzt nur noch 48 statt einst 87 Förderprogramme. Der neue Rahmenplan wird nach Aigner den erweiterten Tier- und Ressourcenansprüchen, den Agrarinvestitionsförderprogrammen und dem Stallbau für eine artgerechte Tierhaltung besonders gerecht. In der Agrarumweltförderung werden die Fördersätze für den Ökolandbau erhöht und neue Maßnahmen wie die Förderung der Anlage und Pflege extensiver Obstbaumbestände wie Streuobstwiesen eingeführt. Die Landwirte sollen mit der Landschaftspflege kooperieren.
Offene Punkte gibt es aber auch noch: Die Förderungen benachteiligter Gebiete oder robuster Tierrassen werden erst im März 2013 abschließend beraten, wenn die EU die entsprechenden Entscheidungen getroffen habe.
Die GAK stellt 60 Prozent der Mittel zur Verfügung, so dass zusammen mit den Länderbudgets insgesamt Ausgaben in Höhe von einer Milliarde Euro zur Verfügung stehen. Europäische ELER-Mittel in Höhe von 1,2 Milliarden Euro können weiterhin in Anspruch genommen werden.
Nach Gert Lindemann wurden die Förderprogramme so ausgestaltet, dass sie mit den europäischen Förderrichtlinien besser zusammen passen und alle zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft werden können. So kann das waldarme Niedersachsen seine Aufforstungsprogramme weiter führen und auch Wasserrückhaltespeicher für Winterregen, der im Sommer genutzt werden kann, ist förderwürdig. Bei den einzelbetrieblichen Förderungen werde es einen 20prozentigen Basissatz geben und die restlichen Gelder gibt es nur für besondere Maßnahmen beim Tierschutz.
Nach Dr. Till Backhaus werden damit nicht mehr alle Betriebe gefördert, sondern nur noch diejenigen, deren Betriebsleiter sich auch besonders engagieren. Insgesamt sollen die Gelder effizienter eingesetzt werden können.
GAP
Die Standortfrage zur Agrarpolitik zum EU-Budget hingegen fiel deutlich ins Wasser. Empfehlungen, Ratschläge und Warnungen waren nach dem gescheiterten Budget-Gipfel identisch mit denen vor dem Sondergipfel. Es wäre auch eine Überraschung gewesen, wenn die Agrarpolitiker nicht auf einen starken Agrarhaushalt hinwirken würden.
Minister Backhaus listete noch einmal auf, in welchem Umfang die derzeitigen Vorschläge den Agrarbereich betreffen würden: Für nachhaltiges Wachstum und natürliche Ressourcen fehlten 14,243 Milliarden, für die erste Säule sinken die Gelder um 15 Prozent auf 277,857 Milliarden Euro für die siebenjährige Förderperiode 2014 bis 2020 und für alle Mitgliedsstaaten zusammen. In der zweiten Säule fehlten 12,77 Milliarden.
Ob Ratspräsident Herman van Rompuy noch einmal nachbessern kann, ist derzeit offen. Das Europaparlament hatte sich als 28. Veto-Mitglied der EU positioniert, weiche der Ratskompromiss zu stark von den Kommissionsvorschlägen ab. Rompuy hingegen verteidigte nach dem Gipfel den Sparhaushalt und sah keine weiteren Erhöhungsmöglichkeiten.
Vor diesem Hintergrund hat sich möglicherweise doch etwas geändert. Alexander Bonde wies darauf hin, dass alle 27 Mitgliedsländer vor dem gleichen Problem stehen, neue und bestehende Verträge für Agrarumweltmaßnahmen über den 01. Januar 2014 fortführen zu müssen oder zu verlängern. Wenn, so der augenblickliche Zeitplan, die Regierungschefs erst Anfang Februar wieder zusammen kommen, dann wäre das nach Bonde so ziemlich der letzte Termin, um danach noch die Regelungen rechtlich umsetzen zu können.
Von einem möglichen Roll over will Ilse Aigner aber nichts wissen und zeigte sich zuversichtlich, dass die nächste Sitzung eine Lösung finden werde.
Falls da alles nicht klappt, fürchtet Dr. Backhaus ein Zurückbleiben der Landwirtschaft gegenüber der Entwicklung der anderen Wirtschaftssektoren. Er bleibt skeptisch: „Es ist kein Land in Sicht!“. Gegenüber Herd-und-Hof.de forderte er die Bundesregierung auf, fehlende Brüsseler Mittel aus dem nationalen Budget zu ergänzen. Wenn man es will, könne das umgesetzt werden, so der Minister. Der Bund könne die Kofinanzierung erhöhen oder die gestrichenen GAK-Mittel in Höhe von 100 Millionen Euro zurückgeben. Investitionen in Bildung, Kitas und Infrastruktur haben direkten Einfluss auf die Wertschöpfung der Regionen und zahlten sich aus.
Die englische Presse hatte nach dem Sondergipfel die neue Sparachse London-Berlin ausgerufen („Camerkel“) und nun muss sich zeigen, ob die traditionell starke Agrarachse Paris-Berlin die Oberhand zurück gewinnen kann.
Der französische Christdemokrat Joseph Daul hielt Rompuy, als dieser im Europaparlament das Scheitern des Budget-Gipfels erklären musste, vor: Es waren zu viele Politiker vor Ort, die wiedergewählt werden wollten, aber zu wenig Staatsmänner, die für Generationen entscheiden.
Lesestoff:
Roland Krieg; Fotos: roRo