Sozialversicherung der Bauern
Landwirtschaft
Neuer Bundesträger für landwirtschaftliche Sozialversicherung
Wer Tiere hält muss an 365 Tagen im Jahr arbeiten. In diesem Jahr hat das Wetter nicht nur zur eigentlichen Erntezeit den Bauern die Wochenenden vermiest, weil sie ständig nach Regenpausen Ausschau hielten. Viel Arbeit für wenig Verdienst. Der aktuelle Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes weist ein Unternehmensergebnis von 30.800 Euro aus. Auf den Monat verrechnet kommt der Bauern auf 1.830 Euro brutto. Doch davon muss er noch seine Steuern und Sozialabgaben bezahlen. Und Geld für Investitionen muss ebenfalls abgezweigt werden.
Neuer Bundesträger
Die Landwirtschaftliche
Sozialversicherung (LSV) hat seit Jahren das Problem, dass sie von immer
weniger Bauern finanziert wird. Viele Bauern geben auf, Höfe finden keine
Nachfolger. Damit sinkt die Einzahlungssumme. Anfang des Jahres hat das
Statistische Bundesamt genau nachgezählt: 187.000 Betriebe in Deutschland
werden von Betriebsinhabern geführt, die älter als 45 Jahre sind. Zusammen
bewirtschaften sie 7,5 Millionen Hektar Land. Doch für zwei Drittel der
Betriebe steht noch gar kein Nachfolger fest. Kleinere werden vom Markt
verschwinden und fehlen der Sozialgemeinschaft.
Das will die
Bundesregierung ändern und hat am Mittwoch im Kabinett einen Gesetzesentwurf
vorgelegt, der mit einem neuen Träger „Sozialversicherung für Landwirtschaft,
Forsten und Gartenbau“ die Vorsorge für Bauern gerechter gestalten will. Der
neue Träger soll im Deutschland einheitliche Beiträge erheben, damit es keine
weiteren Wettbewerbsverzerrungen durch verschiedene Belastungen gibt. Zum neuen
Bundesträger werden die bisherigen regionalen Träger und der Spitzenverband der
landwirtschaftlichen Sozialversicherung zusammengeführt. Als selbstverwaltete
Körperschaft wird sie der Rechtsaufsicht des Bundesversicherungsamtes
unterliegen.
Die LSV ist für die
Selbstständig tätigen Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft sowie des
Gartenbaus tätig und umfasst auch die
Eheleute und mitarbeitenden Familienangehörigen, Altenteiler und
mitversicherten Kinder.
Der älteste Teil ist
die landwirtschaftliche Unfallversicherung aus dem Jahr 1885. Hinzugekommen
sind 1957 die Alterssicherung, 1972 die Krankenversicherung und 1995 die
Pflegeversicherung.
Aigner: Bauern sind gestärkt
Der Umbau wird mit zusätzlichen Bundesmitteln in Höhe 150 Millionen Euro finanziert. Für Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner gut angelegtes Geld. „Mit dieser Reform entsteht eine Solidargemeinschaft für alle Landwirte in Deutschland. Sie bildet die Grundlage dafür, unser bewährtes berufsständisches soziales Sicherungssystem im Interesse der Landwirte und ihrer Familien dauerhaft zu sichern und seine Leistungsfähigkeit zu erhalten.“
Hofabgabeklausel
Neuerungen gibt es
bei der so genannten Hofabgabeklausel. Hinter diesem Begriff steht die
Verpflichtung, beim Übergang ins Rentenalter den Hof an den Nachfolger
abzugeben. Ohne Abgabe des Hofes wird keine Rente gezahlt.
In der Branche ist
das ein umstrittenes Instrument. Das landwirtschaftliche Wochenblatt
Westfalen-Lippe forderte für Landwirte das gleiche Recht und Vorgehen wie bei
anderen Versicherten. Hintergrund ist, dass über die Hälfte der Flächen
gepachtet sind und Scheinverträge abgeschlossen wurden.
Für den Bund der
Deutschen Landjugend hingegen ist die Hofabgabeklausel wichtig.
BDL-Vorsitzender Gunther Hiestand sieht darin einen Anreiz, „ihren Hof zu einem
Zeitpunkt zu übergeben, zu dem der Betrieb wirtschaftlich erfolgreich ist.“ In
anderen Ländern wird mit der Übergabe so lange gewartet, bis auch der
Nachfolger dem Rentenalter nahe ist.
Diese Position hat
der Deutsche Bauernverband (DBV) übernommen. Die Hofabgabeklausel sei ein
wichtiges strukturpolitisches Instrument, das die Flächengrundlage für den
Betrieb und einen rechtzeitigen Nachfolger sichert. Problemfälle wie die
gewerbliche Tierhaltung, Verpachtungen von Forst- und Steillagenweinbauflächen
und Nichtgewährung der Bäuerinnenrente sind durch die Ehegatten zu lösen,
stellte der DBV in einem Positionspapier fest.
Das Kabinett hält
an der Hofabgabeklausel fest, ändert sie jedoch: „Bereits nach den bisher geltenden Regelungen kann eine
Hofabgabe in vielfältiger Weise erfolgen. Zum Beispiel durch Veräußerung,
Verpachtung, Rückgabe von Pachtflächen, Stilllegung oder auch als Abgabe unter
Ehegatten. Diese Möglichkeiten können auch miteinander kombiniert werden.“
Roland Krieg