Stadtbäume in der Tiefe bewässern
Landwirtschaft
Mit Splitt und Terra preta die Wurzeln in die Tiefe locken
Stadt- und Parkbäume, aber auch Bäume auf den Grundstücken privater Hausbesitzer leiden durch den Klimawandel und die damit bei uns einhergehenden geringeren Niederschläge immer stärker unter Trockenstress. Pflanzenwurzeln wachsen durch sogenannten Hydrotropismus normalerweise in Richtung höherer Bodenfeuchte. „Regelmäßiges oberflächliches Bewässern führt dazu, dass die Wurzeln Richtung Oberfläche gezogen werden, statt in die Tiefe, wo sie mehr Feuchtigkeit finden“, erläutert Professor Claus Mattheck von der Abteilung Biomechanik am Institut für Angewandte Materialwissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). „Wir müssen den Wurzeln also einen Anreiz bieten, nach unten zu wachsen.“ Modernere Bewässerungsmethoden bringen bereits mit vertikal eingesetzten Rohren Wasser in tiefere Bodenschichten, locken Wurzeln somit nach unten, wo die Erde nicht so schnell austrocknet.
Mit Splitt gegen Trockenheit
Mit der nun am KIT entwickelten Methode der Splittzylinder könnten sich Straßenbäume in der Stadt, Bestandsbäume in Parks oder im heimischen Garten mit einem einfachen Verfahren besser gegen Trockenheit wappnen. Grundlage dafür ist eine Mischung aus grobem Splitt und Terra preta, einem ursprünglich aus dem Amazonasgebiet kommenden fruchtbaren schwarzen Boden. Diese Mischung soll möglichst tief in die Erde eingebracht werden, etwa durch Bohren eines 20 bis 30 Zentimeter breiten Lochs.
Wir gehen davon aus, dass die Wurzeln der Bäume von der gut durchlüfteten, durch Verkehrsschwingungen kaum verdichtbaren und mit Terra preta angereicherten Splittsäule angelockt werden und diese zunehmend durchwurzeln“, beschreibt Mattheck das Ziel des Verfahrens. Experimente mit Maispflanzen bestätigen diese Hypothese. Untersuchungen an Bäumen laufen an mehreren Standorten.
Terra preta
Die Idee, hier Terra preta als Dünger zu verwenden, stammt von Siegfried Fink, Professor für Forstbotanik an der Universität Freiburg, der am Amazonas forschte.
Nun sind tiefere Bodenschichten zumeist etwas feuchter und ziehen die Wurzeln somit an. „Wenn im unteren Ende des Splittzylinders die Wurzeldichte zu hoch wird, ist zu erwarten, dass die Wurzeln sich in dieser tiefen und feuchteren Bodenschicht auch außerhalb des vorgegebenen Zylinders breitmachen. Eine dauerhafte Bewässerung ist dann nicht mehr notwendig“, so Mattheck. In der größeren Tiefe finden die Wurzeln auch bei Dürre mehr Wasser.
„Der Splittzylinder ist für die Bäume sozusagen Futterstelle und Wurzeltauchstation in einem und damit Hilfe zur Selbsthilfe“, zeigt sich der Wissenschaftler mit dem neuen Verfahren zufrieden. „Die Durchwurzelung der Splittzylinder braucht aber etwas Zeit und damit der Baumfreund Geduld.“ Lehmböden seien jedoch ungeeignet für diese Methode, weil sie bei Starkregen voll Wasser laufen und die Wurzeln ersticken würden.
Lesestoff:
Claus Mattheck, Klaus Bethge, Karlheinz Weber, Iwiza Tesari: „Klimafester Baum? Biomechanische Anpassung der Baumwurzel an den Trockenstress“. Auf Anfrage.
Mattheck, S. Fink, K. Bethge, K. Weber, I. Tesari: A Strategy to Help Trees Suffering from a Drought, Arboricultural Journal, in Druck.
Joachim Hoffmann (KIT); Grafik: Claus Mattheck