Steigerung der Produktivität

Landwirtschaft

Nachdenken über unbegrenztes Wachstum

>Am Samstag Nachmittag diskutierte im Rahmen des Forum Internationale Grüne Woche die Agrarindustrie über die Möglichkeiten, Innovationen bei begrenzten natürlichen Ressourcen zur Deckung des Nahrungsbedarfs einzuführen.

Nachhaltiger Einsatz
Stefan Marcinowski, Vorstand von BASF, will die Betriebsmittel der Agrarindustrie wie Pflanzenschutzmittel (PSM) und Mineraldünger beibehalten. Mittlerweile sorgten PSM nicht nur für die Pflanzenhygiene, sondern bildeten auch Wachstumsstoffe wie Äthylen, die sich ertragssteigernd auf die Pflanze auswirken. Er erinnerte daran, dass PSM und Mineraldünger in der Vergangenheit sieben Milliarden Menschen in die Lage versetzt haben, sich zu ernähren. Das würden sie auch weiterhin tun. Den Ressourcenschutz will er mit dem Einsatz der Mittel nicht vergessen: „Wir haben als Technologieführer die Verantwortung dazu.“
Auch Norbert Steiner von K+S Kassel sind Boden und Wasser nicht egal. Vom richtig moderaten Einsatz von Düngemitteln seien wir aber noch weit entfernt, denn es gebe weiteren Forschungsbedarf, wann beispielsweise eine Pflanze überhaupt welche Düngemittel aufnehme. An das notwendige Wachstum glaubt auch Martin Richenhagen, Präsident des Landtechnikherstellers AGCO Corporation, zu dem auch die Traditionsmarke Fendt gehört. Aus diesem Grunde hat der Traktorhersteller in sein Werk in Marktobersdorf 170 Millionen Euro investiert. Mark Zeduk, Vizepräsident von Global Oilseeds glaubt, dass mit steigender Wirtschaftskraft, sich auch alle Menschen die notwendige Technologien leisten können. Das schließe Innovationen im Bereich der verarbeitenden Industrie mit ein. Die Staaten müssten daher die Rahmenbedingungen schaffen, Technologietransfer zuzulassen.
Nachdenklich angesichts des Glaubens an unbegrenztes Wachstum zeigte sich Dr. Eckart Guth, Botschafter bei der Ständigen Vertretung der EU bei den Internationalen Organisationen in Genf. Die bisherige Entwicklung der EU-Agrarwirtschaft seit dem zweiten Weltkrieg habe mit Überschüssen und Exportsubventionen falsche Signale an den Markt gesendet. Es ist dabei, sich umzukehren. Gerade die laufende WTO-Runde, die als Entwicklungsrunde seit Jahren stockt, werde einen Schub in die richtige Richtung bringen. Das im Sommer die WTO-Runde abgebrochen wurde, sei hauptsächlich den Wahlen in den USA und Indien zu verdanken, so Guth. Er zeigt sich zuversichtlich, dass in diesem Sommer die Runde erfolgreich wieder aufgenommen werden kann, denn nicht nur der neue amerikanische Präsident sende entsprechende Signale aus, auch in Indien seien dann die Wahlen vorüber. Die Welthandelsregeln seien schließlich nicht dafür gemacht, dass Amerikaner und Europäer ihre Überschüsse loswerden.

Thema bleibt auf der Agenda
Guth machte aber deutlich, dass es keine schnellen Lösungen für das Ernährungsproblem gebe. Die Doha-Runde habe die richtigen Ziele vor Augen, gleiche Handelsbedingungen zu schaffen, doch bis das Ziel erreicht wird, bleiben die Agrarexportländer auf der Gewinner- und die Nettoimporteure auf der Verliererseite.
Guth sprach auch ein brisantes Thema an. In der Öffentlichkeit gebe es ein Tabu, über das Bevölkerungswachstum zu reden. Eine Verringerung des Wachstums und die sinkende Bevölkerung in Europa und Nordamerika solle man auch als Chance begreifen. Richenhagen pflichtete dem bei, stellte aber auch fest, dass das Thema Abtreibung in den USA ein Tabu bleibt und sich die katholische Kirche bei dem Thema Verhütung keinen Schritt weiter bewegt hat.
Die Landmaschinenindustrie setzt bei ihrer Produktion auf lokale Stätten, die vor Ort eine Wertschöpfung generieren. Doch, so schränkte Guth ein, gerade bei den Kleinbauern sei zunächst ein Strukturwandel notwendig, bevor große Maschinen die Felder bearbeiten könnten. Außerdem setzt die Mechanisierung bei allen Ertrags- und Bearbeitungsfortschritten auch Arbeitskräfte frei, für die Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden müssten. „Da treten Phänomene auf, deren Auswirkungen nicht unterschätzt werden dürfen“, so Guth

roRo

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