Stichwort Hektolitergwicht
Landwirtschaft
Landwirte fair und nicht nach Hektolitergewicht bezahlen
Das Schüttgewicht gibt an, wie viel Kilogramm ein Litervolumen Getreide wiegt und wird in kg/hl gemessen. Ob das Hektolitergewicht allerdings ein wirklicher Qualitätsmaßstab ist, darüber sind sich die Agrarforscher uneins. Zumindest kann es schnell ermittelt werden und dient der Preisfindung. Je mehr Schmachtkörner vorhanden sind, desto leichter wird das Hektolitergwicht. Aber ist das alles?
Beim Schwein zählt in der Ernährung das Maß an werthaltigen Inhaltsstoffen wie das Rohprotein, Rohfett, Mineralstoffe und Stärke. Zusammen geben sie die Verdaulichkeit an und damit das Maß, was für die Versorgung des Schweins wichtig ist. Diese Werte werden über das Hektolitergewicht gar nicht erfasst.
Beim Weizen dient das Schüttgewicht als Merkmal für die Backqualität und Mehlausbeute. Doch auch hier irren sich die Preisgeber. Aktuell hat die Landwirtschaftskammer Niedersachsen das Hektolitergewicht mit dem Energiegehalt von Weizen verglichen. Und das schon 2011. Zur Getreideernte hat die Kammer die Versuchsergebnisse noch einmal veröffentlicht:
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„Die Proben mit dem geringen hl-Gewicht von im Mittel 71,4 kg weisen einen nahezu identischen Energiegehalt (Schwein) wie die Proben mit dem hohen hl-Gewicht von 86,4 kg auf. Keine Unterschiede gibt es im NEL-Gehalt. Auch die Stärkegehalte differieren nicht. Mit steigendem hl-Gewicht nimmt lediglich der Rohproteingehalt leicht zu. Die statistische Berechnung weist hier aber nur eine minimale Korrelation aus. Genauso wichtig wie die absoluten Werte sind die Schwankungen in den einzelnen Merkmalen, die in der Gruppe > 86 kg hl-Gewicht etwas größer sind. Gerade für die Bezahlung kann dies von Bedeutung sein, denn im Einzelfall kann ein Weizen mit einem hl-Gewicht von 86 kg weniger Energie enthalten als einer mit 71 kg. Das heißt, dass Preisberechnungen auf dieser Grundlage völlig falsch sein können.“ [1]
Auch in der Schweiz haben Agrarforscher keine bis maximal widersprüchliche Zusammenhänge zwischen dem Schüttmaß und der Qualität herausgefunden. Im Jahr 2007 kamen sie zu dem Ergebnis, dass Umwelt und Gentyp einen großen Einfluss auf das Hektolitergewcht haben: „Beim Sommerweizen konnte zwischen Hektolitergewicht und Mehlausbeute keine Korrelation festgestellt werden. Beim Winterweizen war diese Korrelation über zwei Jahre negativ, schwach, aber signifikant, in den einzelnen Jahren jedoch nicht signifikant. Beim Weizen allgemein waren Hektolitergewicht und Kornertrag, Tausendkorngewicht, Kornnote, Fallzahl, Kornhärte, Proteingehalt und Zelenywert schwach korreliert, aber dank der zahlreichen Beobachtungen generell hoch signifikant.“ [2].
Autor Geert Kleijer kam zu dem Ergebnis, dass trotz des „hoch signifikanten“ Ergebnisses im Einzelfall, die Korrelationskoeffizienten zu schwach waren, um einen Zusammenhang zwischen Schüttgewicht und Qualität oder Mehrlausbeute zu geben. „Die Forschung ist jetzt aufgefordert, eine angemessene und schnelle Methode zu entwickeln, um die Verarbeiter bei der Qualitätsbestimmung ihrer Käufe zu unterstützen.“
Auf so einen fairen Preis warten die Ackerbauern noch heute.
Lesestoff:
[1] https://www.lwk-niedersachsen.de/index.cfm/portal/1/nav/752/article/38248.html
[2] Kleijer, G.: Hektolitergweicht und Qualitätsparameter beim Weizen; in: AgrarForschung 14 (11-12): 548 – 553. 2007
Roland Krieg
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