Streit um Brandenburger Waldwegeausbau
Landwirtschaft
Wegestreit im Brandenburger Forst
Der Naturschutzbund Brandenburg wirft dem Landesforstbetrieb
eine Verletzung des Naturschutzrechtes vor. Derzeit werden Waldwege auf eine
Breite von 3,50 Meter ausgebaut. Der Boden wird abgetragen und mit Schotter und
Recyclingmaterial befestigt. Vor solchen massiven Eingriffen in den Wald sind
die Naturschutzbehörden nicht angehört worden. Der Wegeausbau diene nicht nur
als Instandsetzung im Rahmen der Waldbrandbekämpfung, sondern vor allem dem
Schwerlastverkehr bis zu 44 Tonnen, der eine ganzjährige Befahrbarkeit für den
Holztransport benötige. „Die Verschotterung der Waldwege geht nicht nur mit der
Zerstörung wertvoller Habitate einher, sondern schädigt auch das Waldbild im
erheblichem Maß“, teilt der NABU mit. Die Naturschützer haben beim Fachanwalt für
Bau- und Planungsrecht von der TU Cottbus ein Gutachten in Auftrag gegeben, der
dem Wegebau in dieser Form ohne FFH-Verträglichkeitsprüfung eine Verletzung des
Naturschutzes bescheinigt. Dem Nabu wird empfohlen, Anträge auf Unterbindung
der Waldwegebaumaßnahmen zu stellen.
Bislang wurden nach Angaben des Nabu auf 317 Kilometer
Waldwege rund 480.000 Kubikmeter Waldboden abgetragen und mit 500.000 Tonnen
Schotter befestigt. Diese Wege seien für Radfahrer unzumutbar und wirken
negativ auf Fauna und Flora. In dieser Form entspreche der Wegebau keiner Instandsetzung,
sondern einem Neubau. Für den Wegeanteil im Privatwald stellt das Land rund 2,5
Millionen Euro EU-Mittel pro Jahr zur Verfügung.
Umweltgerechte Waldnutzung
Umweltschützer und Waldbesitzer nähern sich dem Wald mit unterschiedlichen Werten, wobei die Holznutzung die einzige Funktion des Waldes ist, für die Waldbesitzer auch finanziell entlohnt werden [1]. Eine Lösung im Brandenburger Wegebaustreit wird keine Lösung für die künftige gesamtgesellschaftliche Konzeption des Waldes sein.
Lieber Holz aus dem heimischen Wald
Olaf Magritz ist Abteilungsleiter Landeswaldbewirtschaftung des Landesbetriebes Forst Brandenburg und zu den Vorwürfen des Nabu gegenüber Herd-und-Hof.de ausführlich Stellung genommen. Holz als nachwachsende Ressource für Energie und Bauwesen, Möbel und Papier muss am Ende aus dem Wald in die Fabrik transportiert werden. Die Gesellschaft hinterfrage, ob Holz aus anderen Kontinenten weite Transportwege hinter sich gebracht habe.
Vor diesem Hintergrund sind die Wege im Wald historisch schon immer mit dem Holztransport verbunden gewesen. Heute allerdings wird das Holz mit einer Nutzlast von 44 Tonnen bewegt. Die ganzjährige Bedarf und die Schonung sensibler Waldgebiete führe zu einem vermehrten Einschlag in den Wintermonaten, wenn die Witterung die Wege verschlechtert. Etwa 950.000 Festmeter werden im Jahr aus dem Brandenburger Forst abtransportiert. Auch Spaziergänger und Radfahrer würden gut ausgebaute Wege zu schätzen wissen, so Magritz.
Die Kiefernwälder sind in so genannte Pflegeblöcke eingeteilt, die alle fünf bis sieben Jahre durchforstet werden. Dadurch erhöht sich auch die Holzmenge, die abtransportiert werden muss. Das Brandenburger Wegenetz umfasst 10.000 Kilometer, von denen 4.000 Kilomater die künftigen Hauptwege für eine ganzjährige Befahrbarkeit ausmachen sollen. Die Hauptwege sind in einem Abstand von 1.000 mal 1.000 Meter angelegt. Im Gegensatz zur Behauptung des NABU, dass die Löschfahrzeuge geländegängig seien und keine ausgebauten Wege bräuchten, „deckt sich leider nicht mit den Erfahrungen bei Waldbränden“, erläutert Olaf Magritz.
Für den kritisierten Wegebau verwendet der Landesbetrieb Naturstein in den sensiblen Regionen und greift aus Kostengründen in den anderen Regionen auf Material aus dem Beton- und Ziegelrecycling zurück. Darin dürfen bis zu fünf Prozent nichtmineralische Fremdstoffe enthalten sein. Das erfordert dann eine Deckschicht aus Naturstein. Das verwendete Material darf nicht älter als ein halbes Jahr sein und ist zertifiziert. Die Verwendung von Recyclingmaterial entspreche dem Kreislaufwirtschaftsgesetz und substituiere Naturstein, der oftmals über weite Strecken transportiert werden muss.
Der NABU kritisiert zusätzliche Zerschneidungseffekte durch die Regenwassergräben. Nach Olaf Magritz entstehen aber nur geringe Zerschneidungseffekte, die in diesem Fall als neuer Niveauunterschied auftreten. Für Lurche und Kriechtiere seien sie aber nicht unüberwindbar und könnten für die eine oder andere Art sogar eine höhere Attraktivität hervorrufen, weil sich dort die Feuchtigkeit länger hält.
Speziell zu dem Gutachten teilt Olaf Magritz mit, dass sich der Brandenburger Wegebau an die bundesweit angewandte Richtlinie für den ländlichen Wegebau der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall hält.
Lesestoff:
[1] Die Forstlichen Forschungsanstalten im Dauerclinch mit dem Sachverständigenrat für Umweltfragen: Umweltgerechte Waldnutzung im Diskurs
Roland Krieg