Streuobstförderung in BW
Landwirtschaft
Preisverfall und Förderung von Streuobst in BW
Mit 100.000 Hektar Streuobstwiesen liegt Baden-Württemberg europaweit an der Spitze. Allein der Landkreis Reutlingen weist mehr als 34.000 Hektar zum Teil seltene Obstsorten auf Wiesen verteilt auf. Vor drei Jahren konnte das Ländle seine Leistungsvielfalt auf der Grünen Woche in Berlin präsentieren [1].
Förderungen für den Erhalt
Dennoch sind viele Streuobstwiesen in einem schlechten Zustand. Landwirtschaftsminister Alexander Bonde will mit einem umfangreichen Förderprogramm die nicht nur für Touristen attraktiven Streuobstbestände schützen und erhalten. In einer speziellen Streuobstkonzeption bündelt das Land seine Maßnahmen.
„Streuobstwiesen können nur erhalten werden, wenn sie gepflegt und genutzt werden. Mehr als die Hälfte der Streuobstwiesen sind in privater Hand. Deshalb ist es wichtig, auch Baumschnittmaßnahmen durch Privatpersonen zu fördern, die Streuobstwiesen bewirtschaften“, erläuterte Bonde.
So wird ein fachgerechter Baumschnitt mit 15 Euro gefördert. Die aufwendige Grünlandpflege zwischen den Bäumen wird mit 2,50 Euro je Baum unterstützt. Im Rahmen der Landschaftspflege stehen für Streuobstwiesen, die in einem Schutzgebiet liegen, insgesamt 139 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Damit soll eine erneute Nutzung angeregt werden oder die Anschaffung einer mobilen Saftpresse. Für Öko-Streuobstwiesen gibt es einen Zuschuss in Höhe von 200 Euro für die Öko-Kontrollen.
Vermarktung – derzeit ein Problem
Gefördert wird auch die gezielte Vermarktung der Produkte über Verkaufs- und Werbemaßnahmen. Keltereien sind unverzichtbar für den Erhalt der Streuobstwiesen. Wer in Herstellung und Lagerung von Direktsäften investiert, der darf auf eine Finanzhilfe des Landes hoffen. „Gefördert werden beispielsweise Investitionen in Brennereien und Mostereien sowie in gastronomische und touristische Angebote“, so Bonde.
Doch gerade das Streuobstland par excellence leidet unter einem erheblichen Preisverfall. Der NABU beklagt eine wachsende Preisschere. Während in Nordrhein-Westfalen und Hessen für 100 Kilogramm Streuobst zwischen zehn und zwölf Euro gezahlt werden, ist der Preis in Baden-Württemberg auf 3,50 Euro gefallen. Vor allem rund um den Bodensee steht eine überdurchschnittliche Obsternte bevor. Zudem sind die Läger noch gut gefüllt. Nach Markus Rösler vom Bundesfachausschuss Streuobst im NABU setzt das russische Importverbot noch eins drauf. Im vergangenen Jahr haben die Keltereien für einen Liter Direktsaft in einem 25.000-Liter-Tankzug noch 35 Cent erzielen können. Derzeit sind es gerade einmal 16 Cent. Tendenz: Zehn Cent, befürchtet Rösler.
Lieferboykott?
Vor allem im NABU bewirtschaften hunderte von Gruppen Streuobstwiesen. Derzeit diskutieren sie, ob sie bei Preisen von weniger als sechs Euro je 100 Kilogramm Streuobst die Auslieferung nicht boykottieren sollen. „Preise von unter sechs Euro sind ein Affront gegenüber dem gesellschaftlichen Engagement und der Arbeit all derjenigen, die sich privat, ehrenamtlich oder beruflich im Streuobstanbau betätigen“, beklagt Rösler.
Er scheut auch nicht den Vergleich mit dem Milchstreik vor sechs Jahren. Damals hatten die Milchbauern wegen des niedrigen Preises ihr Produkt auf die Felder verteilt. Rentabel sei eine Streuobstwiese erst bei Preisen zwischen 20 und 25 Euro je 100 Kilogramm Streuobst.
Daher begrüßt Rösler vor allem die Vermarktungsinitiative des Landwirtschaftsministers. Die betriebseigene Vermarktung mache die Betriebe unabhängig vom internationalen Saftmarkt.
Lesestoff:
Eine Streuobstkoordinierungsstelle koordiniert, bündelt und vernetzt die Hilfen für die Streuobstwiesen: www.streuobst-bw.info
Roland Krieg; Foto: roRo