Studie zu Branchenorganisationen in der EU
Landwirtschaft
Eine Branchenorganisation braucht ein klares Konzept
Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat nach der letzten Milchkrise auf mehreren Milchgipfeln versucht, Erzeuger, Verarbeiter und den Handel von einer Branchenorganisation (BO) zu überzeugen. Die Milchindustrie hingegen hat sich bislang nur zu einer Interessensgemeinschaft durchringen können. In anderen Ländern haben Branchenorganisationen mehr Erfolg. Die Universität Wageningen in den Niederlanden und Arcadia International haben dazu eine Studie erstellt, die Annette Kliemann am Dienstag im EU-Agrarausschuss vorstellte.
Rechtlich kein Problem
In der Gemeinsamen Marktordnung 1308/2013 sind die Regeln für die Gründung einer Branchenorganisation hinterlegt. Die Artikel 157 und 158 erlauben es Mitgliedsstaaten, Branchenorganisationen in bestimmten Sektoren wie Milch oder Oliven anzuerkennen. Die Artikel 164 und 165 erlauben die Ausweitung der Gebührenfinanzierung und Regeln einer Branchenorganisation auf Nicht-Mitglieder. Die Vorgaben der Mitgliedsländer müssen von der Kommission nur notifiziert werden. Der Artikel 210 erlaubt die Branchenorganisation als Ausnahme unter dem Wettbewerbsrecht. Denn vom Erzeuger über den Verarbeiter und Logistiker bis zum Verpacker und Handel dürfen sich alle Stufen einer Wertschöpfungskette zusammenschließen. Sie dürfen nur nicht gemeinsam erzeugen und verarbeiten.
Die meisten der 119 Branchenorganisationen in der EU sind in Krisenzeiten entstanden und sollen die einzelnen Stufen vor Preisvolatilitäten schützen und mit der Definition von Regeln und Standards die Vermarktung verbessern. Je länger die Kette zusammenfindet, desto besser, unterstrich Kliemann. Vor 2013 hat es bereits BOen gegeben. Für Tabak und Olivenöl. Nach 2013 haben zehn Mitgliedsländer den Rahmen für die Gründung von BOen geschaffen. Die meisten gibt es in Frankreich (63) und Spanien (27). 85 BOen treten national auf, außerdem gibt es, vor allem bei Wein, 38 regionale Branchenorganisationen.
Genossenschaften oder Branchenorganisation?
Die BO braucht ein klares Konzept. Fehlendes Wissen verhindert nach Kliemann die Gründung weiterer BOen. Diese teilen das Wissen, tauschen die beste Fachliche Praxis aus, vermarkten ihre Produkte, betreiben die Logistik gemeinsam und sind Ansprechpartner für den Staat und adressieren ihn bei Branchenfragen.
In Deutschland sind die Genossenschaften sehr stark vertreten und bedienen scheinbar diese vertikale Kooperation. Das muss aber kein Gegensatz sein. Die BO kann eine sinnvolle Ergänzung zu einer Genossenschaft sein, sagte Kliemann. Es bestehe vielleicht ein grundsätzliches Misstrauen gegen eine vertikale Kooperation.
Wirtschaftliche Vereinigung Zucker
Was dem Milchsektor schwer fällt, hat den Zuckersektor inspiriert. In diesem Jahr wird die Rübenkampagne ohne Zuckerquoten gestartet. Um sich nach jahrzehntelanger Quotenwirtschaft auf den freien Markt einzustellen bekam die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker (WVZ) im Herbst 2016 in Deutschland die erste Anerkennung als Branchenverband nach der EU-Agrarmarktverordnung. In der WVZ sind die Verbände der 30.000 Rübenbauern organisiert.
Lesestoff:
Ende März gab es in Brüssel eine Konferenz zum Thema Branchenorganisationen. : https://ec.europa.eu/agriculture/events/conference-role-interbranch-organisations-food-supply-chain_en Dort finden Sie auch den Link zur Studie der Universität Wageningen.
Roland Krieg