Tabak: Tank statt Zigarette

Landwirtschaft

Riesen-Tabakpflanze für die Biomasseproduktion

Wenn demnächst abschreckende Bilder auf Zigarettenschachteln Pflicht werden, hören vielleicht noch mehr Menschen auf. Die Tabakindustrie beklagt die Gängelung und steckt in der Klemme: Gibt es eine gesundheitstaugliche Nutzung der Tabakpflanze?

Wachsen ohne Grenzen

Tabakpflanzen sterben nach der Blüte ab. Nach drei bis vier Monaten haben sie ihre Wachstumsgröße von bis zu zwei Meter erreicht. Forscher am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME in Münster haben bei der Tabakpflanze den Schalter gefunden, der die Blüte vermeidet und damit das Wachstum der Biomasse aufrechterhält. „Die erste unserer Tabakpflanzen ist nun fast acht Jahre alt“, verkündet Prof. Dirk Prüfer, Abteilungsleiter für Funktionelle und Angewandte Genomik am IME. Derzeit setzt nur die Höhe des Gewächshauses dem Wachstum grenzen und die Wissenschaftler schneiden die Tabakpflanzen regelmäßig zurück. Ohne Schnitt wäre die Pflanze schon 6,50 Meter hoch. Der Stammdurchmesser liegt bei 10 Zentimetern. „Die Blätter, die weit unten am Stamm sitzen, werden nicht wie die ihrer Artgenossen gelb und fallen an, sondern bleiben frisch und grün.“ „Forever young“ haben die Experten ihr Pflänzchen getauft.


Dirk Pruefer und seine Kolleginnen Gundula Noll (re.) und Lena Harig (li.) mit ihrem Tabak im Jungstadium; Foto: Fraunhofer IME

Die Blüte nach hinten verschieben

Das Geheimnis dieses Wachstums liegt an der zeitlichen Verschiebung der Blüte nach hinten. Das entsprechende Gen wurde gezielt verändert und in die Pflanze eingeschleust.
Das Prinzip ist auf andere Pflanzen übertragbar, macht aber nur Sinn, wenn die Blüte nicht für die Ertragsbildung notwendig ist. So könnte die Kartoffel statt zu blühen viel mehr Stärke einlagern. Bei Raps hingegen wird die Schote für den Ölertrag erst nach der Blüte gebildet. Pflanzen, die für ein „Mehr“ an Biomasse nicht blühen müssen haben nach Dr. Prüfer einen weiteren Vorteil: Sie bilden keinen Samen und keinen Pollen und können sich daher auch nicht ungeplant verbreiten.

Das Ziel

Biomasse für den Tank oder Industrie ist knapp. Der Umbau auf eine biobasierte Wirtschaft erfordert neue Pflanzen und neue Ertragsstrukturen bei knapper werdenden Ressourcen. Der Ertrag pro Hektar muss sich bis 2050 mehr als verdoppeln und die Münsteraner haben einen Weg dahin aufgezeigt. Das Ausschalten des Blühens könne auch über die konventionelle Züchtung erreicht werden, ist sich Prüfer sicher: „Doch dazu müssen wir die Deregulation der Gene noch besser verstehen.“

roRo; Foto: Fraunhofer IME

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