Täglich 2,5 Mio. US-Dollar für die Forschung

Landwirtschaft

Agrarwirtschaft sieht keine Alternative zur Gentechnik

Auf der Berliner Handelsblatt-Konferenz sieht die deutsche Agrarwirtschaft keine Alternativen zur Gentechnik. Klaus-Dieter Jany vom Max-Rubner-Institut sieht die Gentechnik in der Landwirtschaft „um uns herum“ vorhanden und nur Europa, insbesondere Deutschland meinten, darauf verzichten zu können. Jany beklagt, dass man mit der Gentechnik nicht in die Zukunft schauen könne, wenn man mit ihrer Gegenwart bereits Probleme hat. Eine Diskussion ohne Politik und Ideologie finde kaum statt, sagte der Wissenschaftler. Die Öffentlichkeit kenne kaum den Unterschied zwischen der industriellen Verwendung der Stärke-Kartoffel Amflora und dem Monsanto-Soja für die tierische und menschliche Ernährung.
Jany sieht die Kritikpunkte an der Gentechnik zurückweichen: Bis Mitte der 1990er Jahre standen gesundheitliche Bedenken im Vordergrund. Heute sind es ökologische, die gegen ökonomische ausgetauscht würden, je mehr der Anbau der gentechnisch veränderten Maissorten Realität werde. „Wir müssen uns einmal entscheiden, welchen Weg wir gehen wollen“, forderte Jany mit Blick auf die Zukunft der Welternährung.

Ausweg Gentechnik?
In etwas mehr als 40 Jahren werden neun Milliarden Menschen auf dieser Erde leben. Doch nehme die landwirtschaftliche Produktivität gerade in den Entwicklungsländern immer weiter ab. Während die Landverfügbarkeit begrenzt ist, sind Ertragssteigerungen über Düngemittel und Mechanisierung der Landwirtschaft nur sehr begrenzt möglich, über Züchtung jedoch groß. Die Gentechnik nehme darin den bedeutendsten Faktor ein. Alleine der Getreideverbrauch habe bereits in den letzten Jahren die Ernte wiederholt überstiegen. In den nächsten 20 Jahren werde der Bedarf an Nahrungsmitteln um die Hälfte steigen und vor allem der Fleischverbrauch erfordert „neue Landreserven“. Würden alleine in China die 1,3 Milliarden Menschen pro Jahr fünf Kilogramm mehr Fleisch verzehren, was etwa einer Bulette am Tag entspricht, braucht man 6,5 Milliarden Kilo zusätzliches Fleisch. Für jedes Kilo Fleisch braucht man durchschnittlich sechs Kilo Getreide, also, schon auf Tonnen gerechnet, insgesamt 39 Millionen Tonnen Getreide. Macht bei einer Ernte von drei Tonnen Getreide je Hektar einen zusätzlichen Flächenbedarf von 13 Mio. ha Land. Zum Vergleich: Deutschlands landwirtschaftliche Nutzfläche beträgt 12 Mio. ha.
Die Bild verschärft sich durch weniger werdende Ressourcen und deren steigende Preise.

Täglich 2,5 Mio Dollar für die Forschung
Ursula Luettmer-Ouzane von Monsanto Holland beschreibt den rückliegenden Wandel des Agrarriesen. Vom Pflanzenschutzunternehmen hat sich der amerikanische Konzern zur Pflanzenzuchtfirma gewandelt und entsprechend seinen Umsatzschwerpunkt gewandelt.
Täglich gibt Monsanto weltweit 2,5 Millionen US-Dollar für die Forschung aus. Drei Ziele verfolgt Monsanto derzeit. Bis 2030 sollen die Erträge von Mais, Soja und Baumwolle verdoppelt werden. Gerade in den Entwicklungsländern sei das unabdingbar. Die konventionelle Zucht schaffe eine jährliche Ertragssteigerung von einem, die mit der Gentechnik verbundene Züchtung eine zwischen vier und acht Prozent. Das zweite Ziel sind Pflanzen, die mit weniger Ressourcen auskommen. Und drittens gibt es in diesem Jahr zusammen mit verschiedenen Stiftungen die ersten Anbauversuche von trockenresistentem Mai in Afrika. Monsanto will dabei auf die Anbaulizenzen verzichten.

Herd-und-Hof.de hatte am Rande der Tagung Gelegenheit mit Ursula Luettmer-Ouzane von Monsanto zu sprechen. Sie bestätigte, dass es effektiver sei, die Gentechnik den Anwendern, also den Bauern nahe zu bringen, als den Verbrauchern. Die Landwirte könnten die Vorzüge des Bt-Mais direkter erkennen, wenn sie weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen müssten und höhere Ernteerträge erzielten. Es gebe halt keine Tortilla, über die Konsumenten den Nutzen der Gentechnik nahe gebracht werden könnte. Da bleibe nur die Botschaft für höherwertige Lebensmittel.
Weniger deutlich fiel die Antwort zur Frage über den Zulassungsantrag für Mon810 aus: So ist das Monitoring eine Umweltbeobachtung, für die viele Netzwerke zuständig sein können. Manche Netzwerke arbeiten schon und es sei Aufgabe des BVL neue Netzwerke zu benennen. Als Hersteller bleibe man mit dem Antrag in der vorgegebenen Vorlage der Zulassung und es sei Aufgabe des BVL, mehr einzufordern.
Roland Krieg

Angst den Anschluss zu verlieren
Dr. Bernward Garthoff von der Deutschen Industrievereinigung für Biotechnologie in Leverkusen, beklagt vor allem, dass die Welt außerhalb der EU mit der Gentechnik wirtschaftet und Europa und Deutschalnd den Anschluss verlieren. Ärgerlich sei das vor allem, weil Grundlagenforschung vormals in Deutschalnd statt gefunden hat und die Patente sich jetzt im Ausland bezahlt machen. Ein Abkoppeln in einem internationalisierten Markt gebe es nicht, sagte Garthoff und eine der Basiswerte Deutschlands sind Innovationen. Er zitiert einen ausländischen Berufskollegen, der die Europäer die rote Gentechnik akzeptieren lässt, weil sie krank werden können, aber die grüne Gentechnik nicht akzeptierten, weil sie keinen Hunger kennen.

Gentechnik alleine reicht nicht
Kritik an der Veranstaltung kam von Dr. Christoph Then von Greenpeace. Die Behörden stimmten in den Chor der Industrie mit ein und dort herrschte angesichts steigernder Rohstoffpreise „Goldgräberstimmung“. Zum einen wandte sich Then gegen die Patentierung von Pflanzen und Tieren, um Märkte bestimmen zu können. Zum anderen hätte die Gentechnik nur einen kleinen Teil ihrer Versprechungen bislang einlösen können. Sie fülle nur ein enges technologisches Spektrum aus und findet kaum Produkte, die vermarktet werden könnten. So bestimmen Umwelteinflüsse und verwendeten Pflanzenschutzmittel den Gehalt des bakteriellen Giftes gegen den Maiszünsler stärker als die Züchtung auf gentechnisch veränderter Basis. Mittlerweile habe die konventionelle Züchtung die gleichen Sorten im Programm, wie die Gentechnik. Mit Blick auf die Forschungsausgaben Monsantos forderte Then eine stärkere Unterstützung für die öffentliche und universitäre Forschung.

Was tun mit der Öffentlichkeit?
Einerseits bringt fast jede Umfrage in der Öffentlichkeit eine ablehnende Haltung zur Gentechnik hervor. Andererseits kann man ermitteln, dass Konsumenten von der Gentechnik nur ein geringes Wissen haben. Luettmer-Ouzane wendet sich mit ihrer Forschung auch lieber an die Bauern, anstatt sich im Kampf gegen die Gentechnikgegner aufzureiben. Hier seien langfristig mehr Glaubwürdigkeitseffekte zu erzielen. Sie bemängelte die Voreingenommenheit der Medien, die für ihre Berichterstattung schon mal Werbeprospekte anfordern, dann aber auch gleich sagen: „Mehr brauchen wir nicht.“
Gert Keiner von DuPont aus Bad Homburg hingegen will an die Öffentlichkeit gehen, weil dort schließlich auch die Produkte verkauft werden müssen. Auch Dr. Hans-Theo Jachmann von Syngenta Agro GmbH kommt am Willen des Verbrauchers nicht vorbei. Man müsse ihm das Vertrauen in der Wertschöpfungskette wieder nahe bringen. Mit einer Werbekampagne sei es da nicht getan.
Für Problemlösungen in komplexen Systemen wie der Natur und der von vielen Faktoren abhängigen Landwirtschaft eignen sich scheinbar einfache Alternativen, um sich anderem Alltag wieder zuwenden zu können. Möglicherweise kommt beim Verbraucher der Anreiz umzudenken, am ehesten aus der schmaler werdenden Geldbörse.

Teil I der Handelsblatt-Konferenz: Neue Tektonik der Agrarwirtschaft

Roland Krieg

Zurück