Tarifstreit im Agrarsektor
Landwirtschaft
Beratung in der Landwirtschaft muss sein
> Die Bauern produzieren nicht nur hochwertige Lebensmittel, sondern erfüllen mit den Ferienangeboten auf ihren Höfen auch andere gesellschaftliche Aufgaben. Bauer ist ein anspruchsvoller Beruf, der ständigen Änderungen unterworfen ist. Ändert sich der administrative Platzbedarf für Mastschweinplätze, muss er reagieren. Welche Weizensorte erzielt bei welchen Böden und bei welchem Aufwand den höchsten Ertrag; mit den erneuerbaren Energien kommen neue Pflanzen auf die Felder und die Agrarreform schafft ein hohes Maß an Bürokratie und Dokumentation: wie viel Futter, wie viel Dünger, welche Krankheit an welchem Tier. Produktionsabläufe müssen ständig optimiert werden und viele Bauern kümmern sich um die Vermarktung mittlerweile selbst. Beratung als Betriebsmittel
Eine qualifizierte Beratung ist daher auch in der Landwirtschaft notwendig. Dr. Martin Berger Abteilungsleiter der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (LWK NRW) sieht im dlz agrarmagazin (02/05) die ?Beratung als produktives Betriebsmittel?. In NRW gibt es noch rund 53.000 landwirtschaftliche Betriebe, von denen allerdings nur noch 46 Prozent im Haupterwerb tätig sind. Bewirtschaftet werden rund 1,5 Millionen Hektar. Die Haupterwerbsbetriebe sind überwiegend Familienbetriebe und werden zunehmend größer. Die LWK NRW teilt das Bundesland in sechs Beratungsregionen auf und will sowohl den ?Haupt- als auch Nebenerwerbsbetrieben, egal ob konventionell oder ökologisch wirtschaftend, langfristig ein umfassendes Beratungsangebot zur Verfügung stellen.? Jede der Hauptproduktionsrichtungen Ackerbau, Milchvieh- und Rindviehhaltung sowie Veredelung hat ein Beraterteam mit verschiedenen Spezialkenntnissen. Schwerpunkt ist die Gruppenberatung in Arbeitskreisen. Damit kostet das Betriebsmittel Beratung natürlich auch Geld: Die Jahresgebühren stiegen im letzten Jahr von 316 auf 450 ?. Darin enthalten sind zwischen drei und fünf Gruppenveranstaltungen in Form von Diskussionsforen, Workshops, Betriebsbesichtigungen oder Feldbegehungen. Hinzu kommen eine Betriebsauswertung mit einem Betriebsvergleich und Düngerbedarfsermittlungen. Eine Einzelberatung kostet 43,20 ? pro Stunde. Als Folge der Preiserhöhung haben rund acht Prozent der Mitglieder gekündigt, so das Ende 2004 nur noch 10.824 Personen in den Arbeitskreisen waren.
Demgegenüber gibt es auch selbstständige Beratungsorganisationen, wie beispielsweise in Erzeugerringen. Hier sind gleiche Betriebe zusammengeschlossen, die pro Jahr bis zu 1.500 ? bezahlen. Dafür kommt der Berater bis zu acht Mal auf den Hof und macht einen Rundgang und eine ausführliche Betriebsauswertung.
Verwaltung muss sparen
Die Berater der LWK sind zur Zeit allerdings ?sauer? auf Verbraucherministerin Bärbel Höhn. Im Zuge der Fusion verschiedener Regionen wurden bereits 207 Stellen abgebaut, obwohl die laufende Agrarreform mehr Arbeit mit sich bringt. Die Ministerin will noch einmal die Hälfte der Angestellten abschaffen und hat die zentrale Verwaltung der LWK NRW in Bonn und Münster als ?Wasserkopf? bezeichnet.
Die Vorsitzende des Personalrates der LWK NRW, Anne Müller, hat sich mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit gewandt, weil ?vor allem Frauen, Geringverdiener, Teilzeitkräfte und ältere Mitarbeiter am härtesten betroffen? sind. Auf völliges Unverständnis stößt bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Forderung von Bärbel Höhn, nach der die Angestellten und Arbeiter der Kammer als einzige öffentlich Bedienstete in Nordrhein-Westfalen freiwillig auf das Urlaubs- und große Teile ihres Weihnachtsgeldes verzichten sollen. ?Natürlich ist auch den Kammermitarbeitern klar, dass im öffentlichen Dienst gespart werden muss. Die Bedingungen dafür zu vereinbaren, ist aber Sache der Tarifpartner?, so heißt es weiter.
roRo