Taxonomie: Hausbau ohne Fundament?

Landwirtschaft

Bundestag lehnt Antrag auf Stärkung der Taxonomie ab

Wissenschaftler schätzen, dass es rund 15 Millionen Arten auf der Welt gibt. Davon sind lediglich zwei Millionen beschrieben. Die Mammutaufgabe, Pflanzen und Tiere zu finden, zu beschreiben, einzuordnen und dadurch Entwicklungen festzustellen wird von Taxonomen geleistet. Das ist Grundlagenforschung, die in der Öffentlichkeit nur wenig Beachtung findet. Grundlagenforschung, die nach Meinung der SPD zu wenig politisches Gehör findet, denn die Lehrstühle für Taxonomen werden abgebaut und Wissen geht verloren.

Taxonomie mehr als Biodiversität

Die Kenntnis der Arten ist nicht nur für die Biodiversität von Bedeutung. Die Kenntnis der Arten hilft, Biotope für ihre ökologische Beurteilung im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen zu erfassen. Zudem können invasive Arten laut René Röspel, Forschungspolitiker der SPD, Millionenschäden verursachen. Deren Bestimmung geht ebenfalls auf die Taxonomen zurück. Künftig brauche auch die chemische Industrie mehr natürliche Rohstoffe, die auf pflanzlicher Vielfalt basiert. Daher sollte die Bundesregierung nach einem Antrag der SPD die Taxonomie in der Biologie stärken. Die gehöre zu einer „Wissensgesellschaft“ dazu und stelle erst das Fundament des Hausbaus dar.
Mit den Taxonomen verschwinden nach Undine Kurth von Bündnis 90/Die Grünen auch die Sammlungen, in denen das Wissen zusammengetragen und noch nicht einmal komplett ausgewertet ist. „Der Reichtum an Arten und Gattungen dient uns allen als existenzielle Lebensgrundlage – in Fragen der Ernährung, des Bodens, der Gesundheit“, ergänzte Dr. Petra Sitte, die für Die Linke im Forschungsausschuss sitzt.

Nagoya hat die Ziele erreicht

Die Bundesregierung streitet Aufgaben und Wertschätzung der Taxonomie nicht ab, sondern betont ebenfalls die Wichtigkeit der Sammlungen und ordnenden Tätigkeit. Doch für den Umwelt- und Agrarpolitiker Josef Göppel von der CDU/CSU-Fraktion kommt der Antrag zu spät. Die Forderungen seien durch die Vertragsstaatenkonferenz zur biologischen Vielfalt der CBD in Nagoya bereits erfüllt. Sogar darüber hinaus, mit einem rechtsverbindlichen Instrument gegen die Biopiraterie. In Nagoya wurde ein Beschluss zur Stärkung der globalen Taxonomie gefasst. Zudem seien die Ziele in der Nationalen Biodiversitätsstrategie erfasst. Ewa Klamt, Forschungspolitikerin der CDU/CSU führte auf, was die Bundesregierung zur Stärkung der Taxonomie leiste. Insgesamt stünden 15 und 20 Millionen Euro aus dem nationalen und internationalen Budget zur Verfügung. Im Rahmen der „Forschung für eine nachhaltige Entwicklung“ wird die Biodiversität gefördert, für die ein Budget von 30 Millionen Euro bereitstehe und um das sich Taxonomen ebenfalls bemühen könnten. Fünf Millionen stehen im Projekt „German Barcode of Life“ für die Inventarisierung der Natur zur Verfügung. Wenn es um Stellen an den Universitäten gehe, dann müssen die über die Landeshaushalte finanziert werden, so Klamt.
Für die entsprechenden Institute wie das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt, Museum Koenig in Bonn oder für die Sammlungen in Dresden habe die Regierung bis zum Jahr 2015 eine Planungssicherung mit einem jährlichen Mittelaufwuchs von fünf Prozent vereinbart, ergänzte Dr. Peter Röhlinger, Forschungspolitiker der FDP.
Zudem habe die UN erst Ende April dieses Jahres beschlossen, das UN-Sekretariat des Internationalen Wissenschaftlerrats (IPBES) nach Bonn zu eröffnen. Auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG bündelt in diesem Jahr in Leipzig die Einrichtungen zur Biodiversität in einem neuen Forschungszentrum. In den kommenden vier Jahren stünden 33 Millionen Euro zur Verfügung.
Dr. Sitte kritisiert, dass das IPBES lediglich eine Plattform und keine eigenständige Forschungseinrichtung ist.

Der Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt.

Lesestoff:

Derzeit läuft im Botanischen Museum in Berlin eine Sonderausstellung zur Taxonomie, die über die noch weißen Flecken auf dem Globus Auskunft gibt und zeigt, wie aufwändig die Artenbestimmung ist. Einen Bericht über die Ausstellung auf Herd-und-Hof.de finden Sie hier

Roland Krieg

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