Technische Lösung für GVO-Bestandteile
Landwirtschaft
EU: Keine Null-Toleranz mehr bei GVO
Bislang gibt es in der EU für nicht
zugelassene gentechnische Produkte eine Nulltoleranz. Ist die Pflanze in der EU
zugelassen, dann gilt ein Rückstand von 0,9 Prozent ihrer Pollen in einer Probe
noch als gentechnikfrei.
In dieser Woche hat der Ständige Ausschuss
für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit dem Vorschlag der EU-Kommission
zugestimmt die Nulltoleranz auf den technischen Grenzwert von 0,1 Prozent zu
setzen.
„Ehrlicher Grenzwert“
Die Unionsfraktion begrüßt den Schritt, weil
er „mehr Ehrlichkeit im Umgang mit GVO“ einräumt. Verbraucher und Landwirte
müssten wissen, wo GVO-Bestandteil enthalten sind und der technische Grenzwert
folge der Realität, dass weltweit immer mehr gentechnisch veränderte Produkte
angebaut werden. Das erklärte der neue agrarpolitische Sprecher der
CDU/CSU-Fraktion Franz-Josef Holzenkamp, der die Nachfolge von Peter Bleser
nach dessen Berufung zum Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium antritt.
Holzenkamp sieht in dieser Lösung nur einen
Anfang. Die 0,1 Prozent gelten nur für Pflanzen, deren Zulassung in der EU
beantragt ist oder ausgelaufen ist. Für nicht zugelassene Pflanzen gilt
weiterhin die Nulltoleranz, die aufgegeben werden müsse. Außerdem müssten
Grenzwerte nicht nur für Futtermittel, sondern auch für Lebensmittel und Saatgut
gelten. Zudem forderten Holzenkamp und Max Lehmer, Berichterstatter für
Gentechnik, eine Prozesskennzeichnung, wenn im Herstellungsprozess gentechnisch
veränderte Organismen verwendet wurden.
„Kapitulation vor Gentechnikindustrie“
Bioland hingegen kritisiert die Entscheidung – auch weil Deutschland dafür stimmte. „Mit der Aufweichung der Nulltoleranz kapitulieren EU-Kommission und Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner vor der Gentechnikindustrie und missachten den Willen der Bevölkerung“, sagte Thomas Dosch, Präsident des Anbauverbandes. Die Wahlfreiheit der Verbraucher werde eingeschränkt und die Zulassung sei ein Schritt die Lebensmittelproduktion zu kontaminieren. Ein niedriger Grenzwert sage nichts über sein tatsächliches Risikopotenzial aus.
„Kein Futtermittelengpass“
Für den Grenzwert haben Szenarien von Futtermittelengpässen gesprochen. Dem widerspricht Alexander Gerber vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft: „Seit September 2009 wurde keine Sojalieferung wegen unerlaubter GVO-Konstrukte zurück gewiesen.“ Auch davor sei das Thema nicht marktrelevant gewesen. „Das Problem Futtermittelknappheit gibt es nicht“, so Gerber.
„Schlag ins Gesicht“
Als „Schlag ins Gesicht“ hat die agrarpolitische Sprecherin der Linken, Kirsten Tackmann, die Entscheidung kommentiert. „Wenn eine Pflanze nicht zugelassen ist, darf auch ein bisschen Gentechnik nicht drin sein, nur weil die Gentechnikindustrie die Trennung der Warenströme nicht hinbekommt.“
Eine Milliarde Hektar GVO
Weltweit hat der Anbau von gentechnisch
veränderten Pflanzen die Eine-Milliarde-Hektar-Grenze überschritten. Das ISAAA
fasst die zahlen zusammen und zählt in seinem Bericht 2010 15,4 Millionen
Bauern aus 29 Länder, die gentechnisch veränderte Pflanzen nutzen. Eine Milliarde
Hektar entsprechen in etwa der Ackerfläche der USA.
Nach Ansicht der ISAAA ist die
Biotechnologie die sich am schnellsten entwickelnde Pflanzentechnologie der
Agrargeschichte. Zwischen 1996 und 2010 hat sich der Anbau 87fach angestiegen.
Von 2009 zu 2010 ist der Anbau um 10 Prozent gestiegen. Nach Clive James, Autor
des Jahresberichtes, die zweithöchste Wachstumsrate.
Die zehn größten Anbauländer haben jeweils
mehr als eine Million Hektar GVO-Pflanzen ausgesät: USA (66 Mio. ha), Brasilien
(25), Argentinien (22,9), Indien (9,4), Kanada (8,8), China (3,5), Paraguay
(2,6), Pakistan (2,4), Süd Afrika (2,29 und Uruguay (1,1).
VLE