Tierhaltungs- und Betreuungsverbot für Straathof

Landwirtschaft

Straathof-Verbot bietet Chance für Differenzierung

Sobald Bilder von gequälten Tieren über die Fernsehschirme laufen setzt das bekannte Szenarium ein: Tierschützer kritisieren die „Massentierhaltung“ und die konventionellen Berufsverbände bemühen sich, die Mehrheit der Familienbetriebe frei zu sprechen. Die Macht der Bilder reicht, um nahezu jede konventionelle Tierhaltung zu diskriminieren, der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) sind nicht in der Lage, zu differenzieren. Die „Großbetriebe“ werden mit Argumenten für die Familienbetriebe in die allgemeine Verteidigung einbezogen. Jetzt bietet das Tierhaltungs- und Betreuungsverbot für Straathof DBV und DLG die Gelegenheit, Grenzen nach oben zu ziehen.

Konkrete Vorwürfe

Tierschützer protestieren seit vielen Jahren gegen Adriaan Straathof, der etwa 25 Unternehmen im Bereich der Schweineproduktion in verschiedenen Bundesländern unterhält. Sein voller Name lautet Adrianus Gerardus Maria Straathof, weswegen er in den Medien mit den wechselnden Vornamen Adriaan und Adrianus erscheint. Bilder aus seinen Ställen sind es meist, wenn Tieraufnahmen von getöteten Ferkeln, lahmen Schweinen und gequälten Sauen gezeigt werden. Im März gab es eine Großrazzia auf seinem Ferkelbetrieb in Gladau bei Genthin in Sachsen-Anhalt. Was Polizei und Veterinäre vorfanden, ging offenbar weit über die bisherigen Vorwürfe hinaus. Deshalb berichtet der Stern vorab zu seiner heute erscheinenden Ausgabe, dass die Staatsanwaltschaft Magdeburg dem Niederländer ein „Tierhaltungs- und Betreuungsverbot“ ausgesprochen. Im Stern heißt es: „Das Verbot des Landkreises Jerichower Land gilt für Straathof persönlich, bundesweit und betrifft seit Ende November womöglich sämtliche Betriebe, in denen er Geschäftsführer ist oder als Eigentümer Einfluss auf die Tierhaltung hat.“

Der Bescheid ist noch nicht rechtskräftig und Straathofs Anwälte haben dem Bescheid widersprochen und Klage eingelegt.

Fehlende Abgrenzung

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) kritisiert die fehlende Abgrenzung des Berufsstandes gegenüber Großbetrieben wie Straathof. Stattdessen werde über den Durchschnittsbestand der Anteil der großen Betriebe „kleingerechnet“, von denen einige Mtglieder im DBV sind. Dabei verdrängen gerade diese Großbetriebe die familienbäuerlichen Betriebe. Eckehard Niemann von der AbL hatte wegen der zahlreichen Verstöße schon Ende 2013 ein „Berufsverbot“ gefordert. 1996 hat der Niederländer erst seinen ersten Stall nahe der deutschen Grenze erworben. Spätestens seit 2006 fährt der BUND Kampagnen gegen seine Schweineställe in Deutschland.

Ähnlich lang ist auch der Protest in den Parlamenten. Schon 2007 beklagte in Mecklenburg-Vorpommern Jeannine Rösler (Die Linke) fehlende Ausgleichsflächen für den Stallbau in Alt-Tellin, was das Wirtschaftsministerium bestätigen musste: Eine von 15 Ausgleichsflächen war nicht verfügbar. Ein möglicher Baustopp komme aber nicht mehr in Betracht, weil „der Ausgleich in weiten Teilen bereits erfolgt“ [ist].

Straathof-Anlagen gibt es nach Angaben der AbL in Gladau, Binde, Thierbach/Pausa, Fahrbinde, Demsin, Creil (NL), Kapel-Avezaath, Hoeven (NL), Wellaune, Koningsbosch, Medow (Benkenhof), Alt-Tellin und in Parchen mit einer Eberstation. Bei Osterburg gibt es in Warmslage eine Mastanlage, die erweitert werden soll. In Planung sind Ställe in Waldenburg (Sachsen) und Tapfheim bei Donauwörth.

Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen hält das Verbot für „richtig und lange überfällig“. Für Ostendorff ist die Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft ein starkes Zeichen für den Tierschutz und zeige, dass „die Kontrolle der Tierschutzstandards kein zahnloser Tiger ist.“

Wenn Straathof nicht mehr weiter produzieren kann, bieten sich „auch Chancen für die bäuerlichen Betriebe. Nun ist Luft am Markt.“ Ostendorff fordert bessere Rahmenbedingungen für kleine und mittlere Betriebe.

Straathof als Synonym

Straathof vertritt nicht nur sich selbst, sondern dient als Synonym für die „Massentierhaltung“. Deshalb wird es in den nächsten Tagen und schon für die Grüne Woche um genau diese Form der Tierhaltung ganz besonders gehen. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg hat der Initiative Tierwohl von Bauernverband und Lebensmittelhandel gleichzeitig auch diese Diskussion aufgedrückt.

Ein Rückblick auf den Sommer zeigt, was in den nächsten Wochen passiert. Die Linken hatten einen Antrag in den Bundestag gebracht, Bestandsobergrenzen für Tierhaltungen einzuführen. Es fielen folgende Schlüsselsätze:

Artur Auernhammer (CSU): „Gute landwirtschaft­liche Praxis ist keine Frage der Stallgröße; vielmehr sind Wissen und der richtige Umgang mit dem Tier ent­scheidend. Fachkenntnis ist nach wie vor Garant der deutschen Agrarwirtschaft … Die Landwirtschaft ist ökologisch, sie ist sozial und auch tiergerecht; aber sie muss auch ökono­misch sein und bleiben.“

Dieter Stier (CDU): „Und ich sage es Ihnen deutlich: Ich bin nicht dafür, landwirtschaftlichen Betrieben, die in entsprechender Größe nicht nur produzieren wollen, sondern es durch die fachliche Qualifikation ihrer Mitarbeiter oder die Einhaltung anderer vertretbarer Parameter auch kön­nen, einen Deckel aufzusetzen und mit einer Bestands­obergrenze die ohnehin stark reglementierte Tierhal­tung auszubremsen. Gerade mein Heimatbundesland Sachsen-Anhalt ist schon heute eines der viehärmsten Flächenländer Deutschlands; ich weiß jedoch, dass es in anderen Regionen unseres Landes auch anders ist … Jeder Stallneubau ist heute schon ein Fortschritt für mehr Tierwohl.“

Christina Janz (SPD): „Natürlich geht das Wohl der Tiere vor – es muss zu­dem sichergestellt werden, dass wir mit unseren Be­trieben und unseren Produkten am Markt bestehen können und zugleich einen der höchsten Standards in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung haben. Das werden Sie mit Ihrem Einheitskonzept, bei dem grund­sätzliche Bestandsobergrenzen festgelegt werden, nicht erreichen. Sie ignorieren damit nicht nur weitest­gehend die regionalen Besonderheiten und Gegeben­heiten vor Ort, sondern auch, dass die Haltungsbedin­gungen maßgeblich sind … Zu einer guten Gesetzgebung gehört es, dass man nicht systematisch bestimmte Beteiligte aus diesem Dialog ausklammert.“

Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke): „Das marktwirtschaftliche Regelwerk des Kapitalis­mus zwingt auch landwirtschaftliche Betriebe, immer billiger zu produzieren. Die Diktatur des Geldes macht ausgerechnet die zu Verlierern, die mit sozialer und ökologischer Verantwortung arbeiten. Sieger sind die, die skrupellos und gierig genug sind, Bedenken – auch ethische – beiseite zu schieben. Deshalb ist dieser so­genannte Wettbewerb absurd und seine Folgen sind in­akzeptabel … Eigentlich müsste die Dominanz des Geldes gebro­chen werden, um Nutztiere wirksam vor Profitgier zu schützen. Aber für so tiefgreifende Systemkorrekturen gibt es zurzeit keine politischen Mehrheiten.“

Friedrich Ostendorff (Bündnis 90/Die Grünen): „Warum setzen Sie [Die Linke; roRo] das Wort Massentierhaltung ei­gentlich durchgängig in Anführungszeichen, sprechen von „sogenannter Massentierhaltung“ und bezeichnen diesen Begriff als Produkt der Medien? Massentierhal­tung ist eine Tatsache. 40.000 Schweine, 400.000 Hüh­ner in einer Anlage sind Massentierhaltung. Das kann man nicht wegdiskutieren, indem man behauptet, es ginge nicht um „Groß gegen Klein“. Ihr Antrag führt am Ende zu einer Ost-West-Spaltung: In den Intensiv­regionen im Westen soll es Begrenzungen geben, aber die ein oder andere Tierfabrik im Osten darf schon sein, wenn es insgesamt nicht zu viele werden. Sie versuchen, sich mit technokratischen Begriffen wie der epidemiologischen Einheit aus der Affäre zu ziehen, nur um nicht bekennen zu müssen, dass Sie die Hauptforderung der Bürgerinitiativen, der Volksinitia­tive gegen Massentierhaltung, des Bündnisses „Bau­ernhöfe statt Agrarfabriken“ und der „Wir haben es satt“-Demo eben nicht teilen: die Abkehr von der Mas­sentierhaltung und die Förderung einer bäuerlichen Landwirtschaft … Hier liegt der Unterschied zwischen der Linken und uns Grünen: Die Linke glaubt immer noch daran, dass mit technologischen Lösungen innerhalb des agro-industriellen Komplexes die Probleme zu lösen seien.“

Die Größe macht doch etwas

Auf Landesebene wird pragmatischer debattiert. Dr. Hermann Onko Aeikens ist Landwirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt (CDU) und sagte im Rahmen der Landtagsdebatte zur Ferkeltötung: „Es sind systematische Verstöße gegen die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung durch bestimmte Tierhalter mit einer Viehhaltung ab bestimmten Größenordnungen zu beobachten. Die derzeitigen Kontrollmechanismen im Bereich der amtlichen Tierschutzüberwachung sind in diesen Betrieben offensichtlich nicht so effektiv und wirksam, wie es erforderlich ist. Daraus resultierend halte ich folgende weitere Schritte für notwendig … Besonders in großen Tieranlagen soll zur Vermeidung von Tierschutzverstoßen die Kontrollintensität erhöht werden. Dabei wird auch der Aspekt der Gebührenerhebung rechtlich neu zu bewerten sein. Es soll darüber hinaus zukünftig möglich sein, Betriebe mit gravierenden Tierschutzverstößen einer kontinuierlichen Überwachung zu unterziehen.“

Dr. Aeikens plädiert für ein bundesweites behördliches Register für ausgesprochene Tierhaltungsverbote. Für die Verbote sind die Kreisbehörden zuständig und von Aeikens dazu angehalten worden, „dieses Thema engagiert zu betrachten“.

Roland Krieg

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