Tierversuchszahlen steigen

Landwirtschaft

BMELV veröffentlicht Jahreszahlen aus 2005

Es klingt so harmlos und ist meist am Ende des Satzes bereits vergessen: „Je mehr Süßes Kinder zu sich nehmen, desto mehr bevorzugen sie es – sogar zur Abhängigkeit kann es kommen. Tierversuche ergaben, dass die Zuckerzufuhr die Freisetzung körpereigener Opiate anregt.“
Diesmal geht es nicht um die Kinder und nicht um das Naschen. Vielleicht kam ein kleiner Nager in den Genuss, Schokolade zu probieren, vielleicht wurde ihm aber auch tagelang nichts anderes vorgesetzt?
Es geht aber auch um Tierversuche in der Medizin, bei der Grundlagenforschung über menschliche Erkrankungen oder Reaktionen auf neue Farben und Kosmetika.

Aktive Tierschutzpolitik im Koalitionsvertrag
In dem vor ziemlich genau einem Jahr abgeschlossenen Koalitionsvertrag der Bundesregierung heißt es zum Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz, dass dieser „Verpflichtung und Leitfaden für eine aktive Tierschutzpolitik“ ist. Auf nationaler und europäischer Ebene sollen Ersatzmethoden zu Tierversuchen zügig weiterentwickelt werden: „Wir setzen uns auch deshalb für Alternativmethoden ein, damit Tierversuche nicht mehr automatisch bei der Risikobewertung eines Stoffes erforderlich sind.“ So die Koalition.
Das Bundesforschungsministerium hat dafür die Haushaltsmittel von 3,4 Millionen Euro im Jahr 2005 auf 4 Mio. in diesem Jahr erhöht. Seit 1980 wurden fast 90 Millionen Euro für die Erforschung von Alternativmethoden ausgegeben.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erfasst und bewertet Ersatz- und Ergänzungsmethoden in einer Datenbank, die Wissenschaftlern kostenfrei zur Verfügung steht. In diesem Jahr findet bereits zum 25. Mal die Preisverleihung für Forschung statt, die erfolgreich Tierversuche mindert. Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMELV) allerdings, musste jetzt die Tierversuchszahlen für 2005 veröffentlichen, die alles andere als eine Minderung aufzeigen.

Affenversuche
Das ZDF veröffentlicht vorgestern abend in seiner Reihe „37 Grad“ Belege, dass auch deutsche Forschungseinrichtungen am Fang von Affen, an Handel und Versuchen mit ihnen beteiligt ist. Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes hatte den Filmautor Manfred Karremann bei den Recherchen begleitet. Darauf hin hat der Tierschutzbund seine aktuelle Kampagne „Affenversuche sind armselig“ gestartet und Apel fordert „ein konsequentes Verbot von Tierversuchen“.
Auf Mauritius werden Affen in Maschendrahtfallen gefangen und die Nachzucht geht als Export in die ganze Welt, beschreibt Apel die Situation bei den Makaken. Für die Zuckerrohrindustrie sei das ein lukrativer Nebenerwerb, denn die Tiere gelten in den Zuckerrohrfeldern als Schädlinge.

Steigerungsrate von 6,5 Prozent
Im letzten Jahr wurden in Deutschland 2.412.678 Tiere für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendet. Das sind mit 147.189 Tieren ein Plus von 6,5 Prozent gegenüber des Vorjahres. Das BMELV sieht Steigerungsraten auch in einigen europäischen Nachbarländern.
Die größte Gruppe der Versuchstiere sind mit 2.060.546 Tieren Nager, wie Mäuse und Ratten. Sie stellen 85,4 Prozent aller Versuchstiere. 2001 lag die Rate noch bei 75,1 Prozent und verzeichnet seither einen stetigen Anstieg.
Dieser wird nahezu komplett durch den vermehrten Einsatz von Mäusen verursacht. Dabei nehmen vor allem die Zahlen transgener Versuchsmäuse zu, da der Forschungsaufwand zur Wirkweise einzelner Gene erhöht wurde. Die Zahl transgener Tiere lag bei 361.261 und umfasste neben Mäusen noch Ratten, Kaninchen, Schweine, Amphibien und Fische.
Die Zahl der Hunde hat sich mit 4.892 und die Zahl der Katzen mit 1.023 Tieren um 586 und 395 erhöht. Die Zahl er eingesetzten landwirtschaftlichen Nutztiere ist bei etwa 20.000 konstant geblieben.
Die in dem ZDF-Film so spektakulär gezeigten Affen und Halbaffen sind Teil von 2.105 Tieren. Es wurden 434 Affen mehr eingesetzt als im Vorjahr. 72,1 Prozent der Tiere wurden für toxikologische Untersuchungen und andere Sicherheitsprüfungen verwendet. Menschenaffen dürfen seit 1991 nicht mehr herangezogen werden.

Weniger Grundlagenforschung
Zurückgegangen ist allein die Zahl der eingesetzten Fische. Für toxikologische Prüfungen und Grundlagenforschung wurden 65.684 Fische weniger verwendet. Das ist ein Rückgang um 39,3 Prozent.
So ging bei den Tierversuchen insgesamt die Zahl der biologischen Grundlagenforschung am lebenden Tier um 5,5 Prozent (42.014 Tiere) zurück. Abgenommen hat auch die Zahl der Prüftiere bei toxikologischen Untersuchungen: Um 1.562 Tiere - das sind 1,0 Prozent.
Für die Erforschung von menschlichen Erkrankungen wurden 54,5 Prozent der Tiere eingesetzt. Das BMELV hat darauf hingewiesen, dass Vertreter aus Industrie und Forschung aufgefordert wurden, angesichts der steigenden Zahlen von Versuchstieren, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

VLE

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