Tierwohl in kleinen und großen Ställen

Landwirtschaft

Sind Tiere nur auf kleinen Betrieben gesund?

Dr. Thomas Blaha, Professor für Epidemiologie an der Tierärztlichen Hochschule Hannover machte beim Pressegespräch der Bundestierärztekammer (BTK) klar, dass die Themen, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden, in allen Ländern mit vergleichbaren Agrarstrukturen wie die USA, Neuseeland oder Australien, gleichermaßen thematisiert sind. Es gehe also um allgemeine Grundsätze. Und da zweifelt die Öffentlichkeit an der Tiergesundheit in großen Tierhaltungsanlagen. Haltungselemente wie Bodenbeschaffenheit oder Struktur in Schweinebuchten, Management und Fütterung haben nach Dr. Blaha einen größeren Einfluss auf die Tiergesundheit als die Betriebsgröße. Gesundheit macht bis zu 80 Prozent des Tierwohls aus und wird in großen und kleinen Betrieben gleichermaßen gefördert oder vernachlässigt.

In einer verschmutzten und zu kleinen Bucht sind die Tiere einer größeren Unfallgefahr und einem größeren Infektionsrisiko ausgesetzt, als in einem vollklimatisierten Stall mit geräumigem Auslauf. Tierarzt Dr. Georg Bruns verweist darauf, dass die Tiergesundheit in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Tierärzte waren früher mehr Risiken ausgesetzt und verstarben an Lungenerkrankungen. Alte Ställe waren zu dunkel und zu warm.

Moderne Technik hilft den Bauern, Tiergesundheit zu sichern. Neue Klimatechnik könne auch auf den kleinen Betrieben eingesetzt werden, wobei sich die Investitionen allerdings auch auf die Zahl der Tiere verteilt amortisieren müssen, erläuterte Dr. Thomas Jungbluth, Verfahrenstechniker an der Universität Hohenheim. Für einen Haltungs-TÜV sprach er sich jedoch nicht aus. Es gibt nur beim Geflügel standardisierte Stallbausysteme. Bei Schweine- und Rinderställen kaufen die Bauern Stallbauelemente, Klimaanlagen und Fütterungstechnik bei verschiedenen Anbietern, so dass es keine einheitlichen Prüfstandards geben könne.

Probleme sind aber erkannt. Beispielsweise in der Milchproduktion: Seit 1970 hat sich die Nutzungsdauer der Milchkühe von 3,5 auf 2,5 Laktationen verringert. Die Tiere, die bis zu 20 Jahre alt werden können, werden nach zwei Jahren Aufzucht und 2,5 Jahre Nutzung wieder aus den Herden entfernt. Die häufigsten Abgangsursachen sind Fußerkrankungen und Mastitis. Wer hier auch bei der Züchtung Änderungen haben will, der muss auch einen fairen Milchpreis bezahlen. Für Dr. Holger Martens, Veterinär-Physiologe der FU Berlin, sei derzeit der Preis von einem Euro für einen Liter Milch angemessen, bei dem aber 40 Cent bei den Bauern ankommen müssten. Verbraucher würden die Leistungen der Kühe besser verstehen, wenn sie wüssten, dass die für einen Liter Milch rund 3.000 Liter Blut durch das Euter pumpen müssen.

Der Service

Veterinäre wollen nicht mehr nur Tiere von Krankheiten heilen, sondern präventiv vorgehen und über die so genannte Bestandsbetreuung die Bauern auf Schwachstellen von der Fütterung bis zur Haltung aufmerksam machen. Einzelne Veterinäre beklagen aber, dass sie Schwierigkeiten haben, beratende Tätigkeiten über die Gebührenordnung abzubilden und im Wettbewerb von Systemleistungen wie den Futtermittellieferanten liegen.
Dr. Bruns hingegen sagte zu Herd-und-Hof.de, dass in seiner Region keine vergleichbaren Probleme bekannt seien. Wer einen Vertrag zur Bestandsbetreuung hat, der spreche nicht über den Preis, sondern über Ziele und Maßnahmen. Ganz anders sähe es aus, wenn das Dispensierrecht wegfalle. Dann würden dänische Verhältnisse einziehen, wo wenige Firmen die Veterinärdienste mit anbieten und den freien Veterinären das Ende bereite. Aus diesem Grunde plädierte Dr. Blaha für eine Ergänzung der Haltungs-Verordnungen. Dort sollte im Sinne des Tierwohls die Betreuungsintensität festgeschrieben werden. In einem zweiwöchigen Rhythmus wären Defizite schnell zu erkennen.

Lesestoff:

Hohe Tiergesundheit bei geringerem Antibiotikaeinsatz

Nutzungsdauer: Wenig Unterschiede zwischen konventionell und ökologischer Haltung

Roland Krieg

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