Totholz lebt

Landwirtschaft

Warum Waldinsekten schlechte Flieger sind

Totholz

In Mitteleuropa sind 1.340 Käferarten in irgendeiner ihrer Entwicklungsphasen auf Totholz angewiesen. Die Borkenkäferarten gehören meist zu den ersten Siedlern auf Alt- und Totholz und leiten den Holzabbau ein. Scheibenböcke sind auf Nadelhölzer und Moschusböcke auf Laubbäume spezialisiert. Aber auch verschiedene Wildbienen siedeln in Totholz. Die auf der roten Liste stehende Holzbiene Xylocopa nagt für ihre Brut selber ihre Gänge, falls keine vorhanden sind. Holzwespen sind die ersten Siedler auf frisch geschlagenem Nadelholz. Doch nicht nur Käfer und Hautflügler sind auf Totholz angewiesen. Schnaken, Schwebfliegen besiedeln totes Holz, Fliegen und Mücken stellen oft die Hälfte der Biomasse und bieten damit Wirbeltieren wie dem Specht eine abwechslungsreiche Nahrungsgrundlage. Molche und Salamander sonnen sich auf bemoostem Holz. Insekten transportieren Pilze von Stamm zu Stamm und runden die belebte Welt des toten Holzes ab.

Einst gab es im mitteleuropäischen  „Urwald“ zwischen 50 und 200 Kubikmeter Totholz pro Hektar. Zwischen 20 und 50 Prozent der Bäume, je nach Ökosystem, befanden sich in der letzten Altersphase oder standen oder lagen als Totholz im Wald herum. Insekten hatten für die Besiedlung eines neuen Lebensraums kurze Wege. Ihre Kollegen im Offenland hingegen mussten weitere Wege zurücklegen und sind daher die besseren Flieger und Wanderer. Mit dem Ausräumen der Wälder für Brennholz oder aus ästhetischen Gründen verschwand das Totholz und erschwert bei nur noch 12 Kubikmeter pro Hektar die Ausbreitung der xylobionten Insekten. Insekten, die vom toten Holz leben.

Daher ist Totholz wesentlich für den Biotop- und Artenschutz und ein Sammelbegriff für abgestorbene Bäume oder deren Teile. Stehendes Totholz ist dabei schon wieder ein anderes Biotop als umgefallenes Moderholz. Der überwiegende Teil der heimischen Insekten ist auf Totholz angewiesen. Zusammen mit der Design Akademie Berlin (DAB) hat der Landesbetrieb Forst Brandenburg (LFB) mit vier kurzen Filmspots das Projekt Totholz beendet und macht es der Öffentlichkeit zugänglich.

Mit dem sogenannten Methusalemprojekt des LFB wurden in den letzten 15 Jahren bereits mehr als 200.000 alte Bäume dauerhaft geschützt. Das Projekt tritt nun durch die zusätzliche Ausweisung von Biotopbaum-Arealen in seine zweite Phase. Mit Methusalem 2.0 soll die Förderung der Biotopbäume und des Totholzes im Landeswald in den nächsten zehn Jahren durch die Einbeziehung von Baumgruppen und Arealen alter, absterbender und toter Bäume erweitert werden. Dadurch will der LFB Naturschutzbelange stärker in die Waldbewirtschaftung integriert werden.

Totholz kann durchaus auch zu einem Problem werden. Bei frisch gefallenen Fichten droht eine Buchdrucker-Besiedlung mit einem Potenzial für eine Kalamität. Die Internetseite Waldwissen von schweizerischen, französischen und deutschen Forstinstituten weiß aber auch, dass sich Borkenkäfer in einjährigem Totholz nicht mehr weiter vermehren können. Förster und Waldbesitzer dürfen also beruhigt den einen oder anderen Stamm einmal stehen lassen.

Lesestoff:

Die Filmspots finden Sie unter: http://forst.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.235498.de

https://www.waldwissen.net/

Roland Krieg; Foto: Screenshot aus einem der vier DAB-Filme im Brandenburger Forst

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