Transparenz ab Schwellenwert?

Landwirtschaft

Ressortabstimmung über Transparenz bei Agrarsubventionen

Agrarsubventionen sind nicht nur Thema bei den internationalen Welthandelskonferenzen, sondern auch innerhalb der EU und Deutschlands. Die EU stellt jährlich rund 40 Milliarden Euro zur Verfügung, von denen in Deutschland etwa sechs Milliarden verteilt werden. Die Frage: An wen und warum?

Große Betriebe bekommen das meiste
Subventionen im Rahmen der ersten Säule, den Direktzahlungen, sind nach Angaben Tanja Dräger de Teran, Agrarreferentin des WWF äußerst ungleich verteilt: 0,5 Prozent aller Agrarbetriebe bekommen jeweils mehr als 300.000 Euro, während 70 Prozent der Betriebe mit jeweils 10.000 Euro im Jahr auskommen müssen. Gelder in der zweiten Säule sind m Rahmen der Agrarreform besonders prädestiniert, um an Umweltmaßnahmen oder regionaler Wirtschaftsförderung gekoppelt zu werden. Allerdings erhalten einige „rationalisierte flächenstarke Betriebe“ bis zu 120.000 Euro je Arbeitskraft, während auch hier die meisten der Betriebe mit weniger als einem Zehntel auskommen müssen.
Da die Subventionen letztlich Steuergelder sind, sollten deren Auszahlungen den Bürgern transparent gemacht werden, wie es in einigen EU-Ländern schon umgesetzt ist. So fordert die „Initiative für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen“ die Bundesregierung auf, den Beispielen Dänemarks (seit 2004), Schweden, Großbritannien, einigen Regionalregierungen Spaniens, den Niederlanden und Frankreich zu folgen. Ziel ist dabei, über die hergestellte Öffentlichkeit und der daraus folgenden Diskussion nicht mehr die Betriebe zu fördern, „die Arbeitskräfte abbauen, die Lebensgrundlagen von Kleinbauern im Süden zerstören, die Umwelt verschmutzen und Lebensmittel mit gesundheitsgefährdenden Rückständen produzieren“.

Rückenwind aus Brüssel
Bislang gab es in der Politik keine Resonanz. De Bund verwies auf die Zuständigkeit der Länder und diese auf den Datenschutz und den Bürokratieaufwand. Die Initiative, die von fast 30 Nichtregierungsorganisationen getragen wird, bekam aber heftigen Rückenwind von der EU. Im Mai 2006 wurde ein Grünbuch zur Transparenz vorgelegt, dass die Mitgliedsländer gesetzlich dazu verpflichtet „die Empfänger von EU-Geldern offen zu legen“, freute sich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und Europapolitiker. Schließlich wendet sich die Initiativ nicht gegen jedwede finanzielle Unterstützung. Es müsse allerdings sicher gestellt sein, dass mit dem Geld keine unsozialen und Umwelt zerstörenden Maßnahmen finanziert werden. Die Zahlungen müssten, so die Initiative, an „Leistungen gebunden sein, die der Gesellschaft nutzen“.

Erste Stellungnahme in dieser Woche
Durch das Grünbuch der Eu steht die Bundesregierung unter Druck und muss bis Ende August eine Stellungnahme zur Umsetzung abgegeben haben. Ganz abgeneigt ist die Bundesregierung nicht mehr, führt aber weiterhin Bedenken an. So sieht sich Staatsekretär Gert Lindemann aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium durchaus „offen für Transparenz“. Aber weiter: „Die EU-Transparenzinitiative sehe ich als einen interessanten Ansatz; allerdings möchte ich vermeiden, dass wir in einer Neid-Diskussion enden. Wir brauche eine sachgerechte Diskussion darüber, wofür wir Agrarzahlungen überhaupt brauchen und welche Gegenleistungen von den Empfängern erbracht werden. Hierbei geht es um so grundlegende Dinge wie Ernährungssicherung, Wertschöpfung auf dem Lande, Pflege der Kulturlandschaft und nachhaltiges flächendeckendes Wirtschaften in der Landwirtschaft, auch dort wo sie ungünstige Bedingungen vorfindet, wie beispielsweise in unseren Mittelgebirgen.“
Die Zahlen alleine zu veröffentlichen, hält Lindemann für wenig sinnvoll. Er wolle die Zahlungen in ihren Zusammenhang stellen.
Nach der Beschlussfassung des Bundesrates über die EU-Initiative forderte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Ulrich Kelber mehr Mut bei der Offenlegung. Seien datenschutzrechtliche Dinge geklärt, dann sehe er keinen Grund, die Namen zu veröffentlichen . Die Offenlegung aller Subventionen sei sogar eine Dokumentation, „dass die den politischen und öffentlichen Einrichtungen anvertrauten Entscheidungsbefugnisse und Ressourcen sorgfältig und sachgerecht genutzt werden“. Für die Landwirtschaft hätte das sogar den Vorteil, dass deren Arbeit und Wertschöpfung besser in der Öffentlichkeit ankomme und „aus dem Verdacht eines ungerechtfertigten Subventionsempfängers heraus zu holen“ ist.

Halbtransparent
Anfang August mehrten sich jedoch wieder die Stimmen, denen eine Offenlegung nicht so recht ist. Der Deutsche Bauernverband (DBV) fürchtet, dass mit der Offenlegung die Zahlen für „fadenscheinige Zwecke instrumentalisiert“ werden können. Der DBV stellt sich nicht generell gegen die Offenlegung, die er in den Agrarberichten bereits für erfüllt hält, aber hebt den Vollzug auf eine ganz andere Ebene. Es dürfe dabei nicht eine „Lex Landwirtschaft“ geschaffen werden, sondern die Transparenzinitiative müsse „alle Unternehmen aller Branchen“ umfassen – also auch den gesamten gewerblichen Bereich.
Handelsreferentin Marita Wiggerthale von Oxfam legt vor der Ressortabstimmung am 30. August den aktuellsten Trend dar.
Möglicherweise wird die Offenlegung an Schwellenwerten gekoppelt. Erst bei mehr als zwei Millionen oder 500.000 Euro „sollen nämlich Name, Maßnahme und Gesamtsumme der öffentlichen Gelder genannt werden“. Für die Transparenz-Initiative ist das nicht genug, denn sie „gefährdet die Gleichbehandlung aller Empfänger innerhalb eines Förderprogramms. Zudem würde die überwiegende Mehrheit der Empfänger damit von einer Offenlegung ausgenommen werden.“ Für eine ökologische Bewertung der Fördermaßnahme fördert die Initiative weitere Kriterien, wie die Größe des Betriebes oder die Anzahl der Arbeitskräfte.

Lesestoff:
Die Transparenz-Initiative hat auf ihrer Seite auch ein Diskussionsforum eingerichtet: www.wer-profitiert.de

VLE

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