Transparenz: Noch keine Entscheidung

Landwirtschaft

Glos bremst beim Schwellenwert

In Deutschland ist die Diskussion um die Offenlegung der Agrarsubventionen in den letzten Monaten zwar weit gekommen, aber der Schwellenwert, ab dem Name und Summe veröffentlicht werden steht noch nicht fest. Dabei haben alle Ministerien in ihrer Ressortabstimmung sogar ganz auf einen Schwellenwert verzichtet, weil der bürokratische Aufwand zu hoch sei, aber Bundeswirtschaftminister Michael Glos hat sich dazu noch nicht geäußert. Das werde von allen mit Spannung erwartet, denn am 20. September wird die EU erstmals darüber beraten. Nur Deutschland, Polen, Griechenland und Finnland wehren sich noch gegen die Offenlegung nach EU-Vorgabe, beschrieb Tanja Dräger de Teran, Referentin für internationale Agrarpolitik des WWF gestern in Berlin. Auf einer Pressekonferenz gaben Vertreter der Transparenz Initiative ihre aktuelle Einschätzung des politischen Entscheidungsprozesses.

Transparenz für die Prozessqualität
Die beiden Ziele der Initiative, die mittlerweile aus über 30 verschiedenen Organisationen besteht, sind einmal die Offenlegung, wer wie viel Agrarsubventionen aus dem bundesdeutschen Sechs-Milliarden-Topf bekommt. Darüber hinaus soll die Offenlegung jedoch einen weitreichenden Diskussionsprozess über die Richtung der Agrarpolitik anstoßen. Daher wird eine Liste ohne Schwellenwert gefordert, denn die meisten Betriebe, die in den Genuss der europäischen und nationalen Förderung kommen, liegen bereits darüber.
Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) möchte zunächst die soziale Schieflage beseitigt wissen. Während große und durchrationalisierte Betriebe bis zu 120.000 Euro für jede Arbeitskraft bekommen, müssen die kleinen Betriebe mit höherem Arbeitsbesatz mit bedeutend weniger auskommen. Wichtig ist ihm, dass die Offenlegung keine Neiddiskussion hervorruft. Mit diesem Argument verstecke beispielsweise der Deutsche Bauernverband (DBV) seine „Angst vor radikalen Änderungen der Auszahlungen“. Gezahlt werden soll nach Leistung für die Gesellschaft, wobei Umwelt- und Tierschutz im Vordergrund stehen sowie Exportdumping zu Lasten der Kleinbauern in den Entwicklungsländern nicht mehr gefördert wird.
Thomas Schröder, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Tierschutzbundes, sieht gerade in den ostdeutschen Ländern eine neue Welle der industrialisierten Landwirtschaft, die „Tiere als Stückgut“ behandeln.
Genau dafür bietet die Offenlegung den Verbrauchern gute Dienste, werben die Initiatoren. Der Verbraucher kann sich vor dem Einkauf informieren, wer welche Gelder bekommt und somit Informationen über die Prozessqualität gewinnen, was durchaus mit dem aktuellen Fleischskandal in Einklang gebracht werden kann. Transparenzliste statt RFID-Code.
Es gehe dabei nicht, hob Jörn Kalinski von Oxfam hervor, um die Abschaffung von Subventionen. Diese Gelder haben eine wichtige Steuerungsfunktion. Aber die jetzt überwiegend geförderte sei die Falsche.

Ausgestaltung ist unklar
Die EU möchte auf der Liste den Namen des Betriebsleiters sehen, die Summe aus europäisch und national ausgezahlten Geldern und die Maßnahme, warum der Betrieb das Geld erhalten hat. Was aber hat der Verbraucher von diesen Zahlen?
Die Angaben führten eher zu einer Neiddiskussion, wenn alle nur feststellen können, wer das meiste Geld bekommt, so Tanja Dräger. Daher müssten zusätzliche Angaben aufgeführt werden, was mit der Maßnahme auch verbunden ist. Die Summe muss mit sozialen und ökologischen Kriterien bewertet werden. Seit einigen Jahren haben Dänemark und andere Länder die Offenlegung bereits eingeführt. Auf die Frage, was seitdem dort herumgekommen ist, heißt es, dass der Zeitraum viel zu kurz ist, um Gelder bereits umgeschichtet zu haben. Aber es gebe bereits eine heftige Diskussion, um die Vergabepraktiken. Georg Janßen visiert als Zeithorizont mehr die Halbzeitbewertung der EU-Agrarreform 2008 an, damit sich in der Vergabe etwas ändert.

Alle und alles
In dieser Woche hatte sich der Deutsche Bauernverband in einer Präsidiumssitzung mit dem Thema beschäftigt und stellt sich nicht generell dagegen. Wenn allerdings „eine Offenlegung der Empfänger von EU-Geldern erfolgt, dann müssen alle Empfänger genannt werden. Das heißt, die Unternehmen aller Branchen werden veröffentlicht, alle Verbände und nichtstaatlichen Organisationen“, erklärte DBV-Präsident Gerd Sonnleitner am Montag.
Bis dahin ist es sicher noch ein weiter Weg, aber den interessierten Verbrauchern könnte die Politik „ein Instrumentarium in die Hand geben, sich zu entscheiden“, so Dräger.

VLE

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