Trecker ohne Treibstoff
Landwirtschaft
Die Energiewende braucht die Biomasse
Autofahrer suchen angesichts steigender fossiler
Treibstoffe nach preiswerteren Alternativen. Doch der Biodiesel und
Pflanzenöl-treibstoffmarkt hat nicht Schritt gehalten. So steht der Traktor, der
ausschließlich mit Pflanzenöl fahren kann, eher als Mahnmal in der britischen
Botschaft in Berlin. Dort hielt der Bundesverband BioEnergie (BBE) seinen
Parlamentarischen Abend zur Energiewende ab und der Vorstands-Vorsitzende
Helmut Lamp kam zu dem Ergebnis: „Die Energiewende braucht die Bioenergie.“
Ohne sie wäre der Anteil der regenerativen Energien nicht bei 12, sondern nur
bei vier Prozent, so Lamp. Selbst im Jahr 2050 werde die Bioenergie noch 30
Prozent zur Gesamtleistung beitragen werden müssen. Diese Regierung könnte nach
Lamp die letzte sein, die noch bei einem Ölpreis von unter 100 US-Dollar hat
regieren können.
Doch ist nicht alles so glänzend, wie die Regierung es gerne darstellen möchte.
Flächennutzungsmanagement
„Teller, Tank, Trog und Tagfalter“ hält Dr. Kirsten
Tackmann, agrarpolitische Sprecherin Die Linke, für machbar. Wenn alle
Bedürfnisse vom Acker befriedigt werden müssen, dann brauche man ein
intelligentes Flächenmanagementsystem mit wirklich Guter Fachlicher Praxis und
intelligenten Fruchtfolgen. Da das verfügbare Holz der deutschen Wälder bereits
voll eingeplant ist, solle mehr Augenmerk auf die Kurzumtriebsplantagen für die
Energiegewinnung gelegt werden. Die Umkehr bei der steuerlichen Bevorzugung der
Pflanzenkraftstoffe habe dem Markt einen großen Imageschaden zugefügt.
Hans-Josef Fell, energiepolitischer Sprecher von
Bündnis 90/Die Grünen beklagte unredliches Spiel mit den Preisaussagen. So
würden die Strompreiserhöhungen zu Jahresbeginn mit der gestiegenen EEG-Umlage
begründet. Doch auf der Aktionärsversammlung eines großen Energieanbieters hieß
es dann, die hohen Öl- und Kohlepreise seien schuld. Der im Netz verfügbare
Solarstrom habe an der Strombörse sogar für sinkende Preise gesorgt. Solche
Argumentationen senken die Akzeptanz der Energiewende, fürchtet Fell. Die
unglückliche Besteuerungspolitik der Bundesregierung bei den
Pflanzentreibstoffen habe dazu geführt, dass 700 MW Pflanzenölkraftwerke still
stehen. Stattdessen fordere der Bauernverband sinkende Agrardiesel-Steuern.
Subventionierter Agrardiesel verhindere jedoch den Einsatz von Pflanzenöl im
Traktor.
Der Markt braucht Zeit
Skeptischer ist Rainer Erdel, Energiepolitiker der FDP.
Der Markt müsse langsam wachsen. Es sei noch offen woher die 20 Prozent Energie
kommen sollen, die nach dem Atomausstieg als Ersatz erforderlich sind. In
Baden-Württemberg seien es sogar 50 Prozent. Zudem sei Deutschland, wenn auch
Vorbild bei der Energiewende, ein einsamer Spieler. Andere Länder bauen ihre
Atomkraftwerke aus und neu. Ohne Entwicklung von Speichertechnologien und dem
Netzausbau kann die Wende nicht gelingen, doch gebe es derzeit keinen
Zeithorizont, wann diese Basis zur Verfügung stehe. Erdel verwies auch auf die
Kleinheit der Anlagen. So gibt es in Bayern zwar 2.000 Biogasanlagen, die nur
mit durchschnittlich 270 kW. Damit könne man gerade einmal ein halbes Atomkraftwerk
ersetzen, so Erdel.
Auch Thomas Bareiß, Koordinator für Energiepolitik der
CDU/CSU. hält die Energiewende für einen Marathonlauf. „Wenn die Energiewende
ein Gewinnerthema werden will, dann brauchen wir jede Energieart.“ Die Biomasse
brauche jedoch eine anspruchsvolle Rahmengestaltung für die Bedürfnisse der
Landwirtschaft und des Naturschutzes. Noch im Sommer soll ein Erneuerbares
Wärmegesetz fertig sein. Das Marktanreizprogramm soll mindestens nicht weiter
gekürzt werden. Zum Thema Treibstoff müsse die Politik mehr Aufklärung leisten,
um Debakel wie beim E10 zu verhindern.
BBE-Wunschliste
Die Wunschliste des BBE ist lang. An erster Stelle steht die Forderung nach stabilen und verlässlichen politischen Rahmenbedingungen, sagte Lamp. Der BBE würde einen Förderbonus für Kurzumtriebsplantagen begrüßen und freute sich über eine Wiederbelebung des Pflanzentreibstoffmarktes. Gerade hier wurden viele Fördermittel „verbrannt.“
Lesestoff:
Roland Krieg (Text und Foto)