„Über Gas und Strom hinwegdenken“

Landwirtschaft

Eurosolar-Konferenz: Der Land- als Energiewirt

Die Meßlatte für erneuerbare Energien ist hoch: Ein Kernkraftwerk liefert 1.200, eines für Kohle 900 und Ölkraftwerke rund 250 MW Strom. Die dezentralen Energieversorger hingegen müssen mit viel weniger Energieausstoß wuchern.

Hauptsache dezentral
Dr. Gerhard Weissmüller von den Technischen Werken Ludwigshafen, dem Stadtversorger, kennt die Lösung. 50 Anlagen liefern Energie für das „virtuelle Kraftwerk“. Insgesamt kommen 64,6 MW von verschiedenen Anbietern, die aus unterschiedlichen Quellen kleine und große Mengen liefern. Sonne, Wind, Wasser und Biomasse liefern Gas, Strom und Wärme.
Dr. Weissmüller stellte gestern das Virtuelle Kraftwerk auf der 10. Jahreskonferenz von Eurosolar „Der Landwirt als Energie- und Rohstoffwirt“ in Leipzig vor. „Man muss über Gas und Strom hinwegdenken“, fasste er die neuen Versorgungskriterien zusammen. Der Querverbund-Leitstand in Ludwigshafen vernetzt Informationen über Lieferverträge, technische Ausstattung der Erzeuger und aktuelle Produktionsdaten. So können die Ingenieure nach Bedarf die einzelnen Versorger zu- oder abschalten. Wie in einem Großkraftwerk.
Wichtig ist für die Ludwigshafener, dass die Erzeuger dezentral in der Region verhaftet blieben und für geschlossene Stoffkreisläufe sorgen. „Jede Kilowattstunde ist wichtig“, so Weissmüller. So erzeugen Anbieter auch in Saarbrücken und Bingen Strom für Ludwigshafen. In das Mess- und Regelsystem sind mittlerweile sogar Bielefeld und Gera eingeloggt. Weht in Ludwigshafen kein Wind für das Windrad, hilft Gera mit Biogas aus. So können kleine Erzeuger mit bis zu wenigen Hundert kW im Verbund wirtschaftlich arbeiten.

Die Weichen sind gestellt
Lob für ihr Klimapaket, das am 11.04.08 in Kraft getreten ist, hat die Bundesregierung bekommen. Die Berliner Rechtsanwältin Silvia Reichelt fasst die Verordnungen zu Gasnetzzugang und Gasnetzentgelt zusammen: Die Netzbetreiber werden durch die Kostenbeteiligung für den Anschluss des zu Methan aufgearbeiteten Biogases belastet, aber die Anbieter entlastet. Das steigert deren Wirtschaftlichkeit und fördert den weiteren Ausbau. Schließlich sind die Ziele ehrgeizig: Bis 2020 sollen sechs, bis 2030 sogar 10 Milliarden Kubikmeter Gas aus Biomasse in das Erdgasnetz eingespeist werden.
Im Detail sind jedoch noch Fragen offen. Offensichtlich wird nach Analyse von Reichelt Biogas im Netz bevorzugt. Treten Überkapazitäten auf, dann geht es zu Lasten des Erdgases. Bei Windkraft ist es derzeit umgekehrt: Hier schalten die Netzbetreiber einzelne Windräder ab, gibt es zu viel Strom oder Wind. Energievertreter sehen allerdings bei Biogas ähnliche Diskussionen mit den Anbietern aufkommen.
Auch technisch müssen die Anlagen noch weiter entwickelt werden. Biogas hat schwankendere Brennwert-Qualitäten als Erdgas und Michael Schlegel von der Südhessischen Energie AG sieht derzeit die Einhaltung der vom Eichamt zugelassenen Abweichung in Höhe von zwei Prozent als das größte Problem. Durch die Aufarbeitung zu Methan entsteht zusätzlicher Energiebedarf, der vom Methanausstoß in der Nettobilanz nicht immer berücksichtigt wird.

Teil II folgt am Donnerstag.

Roland Krieg

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