Umsetzung der Tabakrichtlinie
Landwirtschaft
Kabinett verabschiedet Tabakrichtline
Jährlich lassen sich in Deutschland rund 110.000 Todesfälle direkt auf das Rauchen zurückführen. Die direkten und indirekten Kosten des Rauchens schätzt das Deutsche Krebsforschungszentrum auf jährlich 79 Milliarden Euro. Die Sozialkassen werden durch das Rauchen jährlich mit 25,4 Milliarden belastet.
Die Anti-Raucherkampagne gilt als Beispiel für die politische Fürsorge gegen menschliche Unvernunft und wird gerne von der Lebensmittelindustrie als Gängelung unternehmerischer Freiheit angeführt – weil Werbeverbote für Tabak heute, Werbeverbote für Fette von morgen sein könnten. Angesichts manch veganer Fleischkritik sind Politiker schon bei dem Wort ertappt worden, sie fürchteten, zum Verzehr ihrer Bratwurst demnächst nach draußen gehen zu müssen.
Dennoch gibt es kaum ernstzunehmenden Widerstand gegen
die Rauch-Einschränkungen. Selbst die „Revolten“ gegen Rauchverbote in Kneipen
und Gaststätten sowie in Bussen (Irland) haben sich gelegt. Alles Routine. Der
letzte Schritt ist die Umsetzung der EU-Tabakrichtlinie in Deutschland, das
neben Bulgarien bis zuletzt damit gezögert hat. Den vorletzten hat am Mittwoch das Bundeskabinett mit der Billigung der Gesetzesvorlage genommen.
Tabakwerbung in Presse, Internet, Funk und Fernsehen sind schon lange verboten. Künftig sind auch Zigaretten zum Selbstdrehen verboten, wenn sie ein charakteristisches Aroma haben, Aromastoffe oder technische Merkmale aufweisen die den Geruch, Geschmack oder die Rauchintensität verändern. Ebenso, wenn der Filter, das Papier oder Kapseln Tabak oder Nikotin enthalten. EU-weit werden Tabakerzeugnisse durch individuelle und fälschungssichere Merkmale vor Fälschung geschützt und die Rückverfolgbarkeit gewährleistet. Neuartige Tabakprodukte müssen erst ein Zulassungsverfahren durchlaufen. Das gilt dann auch für nikotinhaltige elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter. Für sie gelten die gleichen Werbebeschränkungen wie für Zigaretten.
Schockbilder wird es auch in Kombination mit Text auf den Verpackungen geben. Darum kommen die Hersteller doch nicht herum. Diese Warnungen mit Raucherlungen und Raucherbeinen müssen 65 Prozent der Vorder- und Rückseite einnehmen.
Tabakunternehmen dürfen keine Hörfunkprogramme, Veranstaltungen oder Aktivitäten sponsern, sofern sie eine grenzüberschreitende Wirkung haben. Das Verbot betrifft auch audiovisuelle Mediendienste und Sendungen, die vom klassischen Fernsehen ausgestrahlt werden. Ebenso Mediendienste auf Abruf, wie zum Beispiel video-on-demand. Zu den verbotenen Sponsoring-Aktivitäten gehört das „product placement“ in audivisuellen Sendungen, einschließlich Fernsehen.
Über diese Umsetzungspflicht der EU-Richtlinie hinaus ist ein Änderungsgesetz über das Außenwerbeverbot in Arbeit. Darunter fällt auch das Werbeverbot in Kinos. So sollen ab 2020 Tabakwerbungen nur noch in Filmen mit der Altersfreiabgabe ab 18 erlaubt werden. Dieses Gesetz muss von der EU zusätzlich notifiziert werden.
Ein weiteres Gesetz unter Federführung des Familienministeriums hat Landwirtschaftsminister Christian Schmidt initiiert: Zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren elektronischer Zigaretten und elektronischen Shishas, dürfen diese Produkte an Kinder und Jugendliche nicht mehr abgegeben werden. Auch dieses Gesetz befindet sich noch in der Abstimmung.
Dürfen Tabakfirmen demnächst keine Zigarettenschachteln mehr in Fernsehfilmen auslegen, so gilt das nicht für ein generelles Rauchverbot der Schauspieler. In machen Filmen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens wird schon wieder mehr gequarzt, als es künstlerisch-dramaturgisch notwendig scheint. Das jedoch ist kaum von einander abzugrenzen, heißt es aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium. Das Rauchen im Film fällt demnach weiter unter der künstlerischen Freiheit.
Roland Krieg