Unter allen Wipfeln ist Ruh`
Landwirtschaft
Schalldämpfung durch den Wald
Johann Wolfgang Goethe wusste es: „Über allen Gipfeln ist Ruh`, In allen Wipfeln spürest Du kaum einen Hauch.“ Was der deutsche Dichter als Mahnung der Vergänglichkeit reimte, findet aus der Nähe betrachtet tatsächlich wissenschaftlichen Bestand. Waldflächen wirken schalldämpfend.
Ausgehend von einer Schallquelle verringert sich die Schallintensität proportional im Quadrat zum Abstand. Je weiter eine Schallquelle entfernt ist, desto leiser ist sie zu hören. Für den Schalldruck wird der Begriff Dezibel verwendet, der keine Einheit abbildet, sondern das Verhältnis zwischen zwei Zahlen. Der Referenzwert ist die Hörgrenze mit dem Wert Null. Alle zehn dB (Dezibel) verdoppelt sich die „Lautstärke“ und erreicht bei 60 die Stressgrenze, bei 100 den Lärm einer Kreissäge und ist bei 190 dB tödlich.
Schallschutz
Da die anthropogene Umwelt lauter wird, spielt der Schallschutz eine zunehmende Rolle. Ästhetisch problematische Schallschutzmauern stehen beispielsweise der Vegetation des Waldes gegenüber. Das ist nicht neu.
Aus der Literaturrecherche ergibt sich eine Dämpfung des Schalldruckes durch einen Wald mit einer Bewuchstiefe von 100 Metern eine Reduzierung um 14 dB, also mehr als um das Doppelte. Diese Messungen wurden sowohl mit simuliertem Lärm als auch mit realem Straßen- und Schienenverkehr gemacht.
Da allerdings die Messungen nur singulär waren und äußere Einflüsse selten aufgenommen wurden, haben verschiedene Autoren ein Messprogramm entwickelt und neueste Erkenntnisse für die „Schalldämpfung durch den Wald“ veröffentlicht [1].
Im Laubwald ist es am ruhigsten
Die Autoren haben einen 229 Meter breiten Laubwald mit einem 215 Meter breiten Nadelwald verglichen. Eine Lärmquelle wurde im Durchschnitt an der Waldgrenze beim Laubwald um 18,6, bei Nadelwald um 21,1 dB gesenkt. Je weiter der Wanderer in den Wald hineingeht, desto leiser wurde es im Laubwald. 260 Meter von der Waldkante entfernt war es Laubwald um vier dB, im Nadelwald um 2,5 dB leiser. Die Streuwerte sind aber erheblich und können zehn Dezibel also eine Verdopplung oder Halbierung ausmachen.
Der Wald wirkt aber auch durch seinen Einfluss auf den Wind. Er kann einen Windschatten und damit einen zusätzlichen Dämpfungseffekt hervorrufen.
DIN-Norm
1988 gab es eine VDI-Norm für die „Dämpfung des Schalls bei der Ausbreitung im Freien“ aufgelegt, die im Oktober 1999 mit der DIN ISO 9613-2 überarbeitet wurde. Das dort hinterlegte Berechnungsverfahren ist Grundlage für die TA Lärm. Die aufwendige Neumessung hat die Werte bestätigt. Die gemessene Abschirmwirkung eines 200 Meter breiten Waldgebietes ist immer größer als die DIN-Norm. Im Sommer werden Werte zwischen 17 und 25, im Winter zwischen 11 und 24 dB erreicht. Werte in sehr großem Abstand können die Norm aber unterschreiten. Neben der Entfernung variieren meteorlogische Erscheinungen stärker und können leicht innerhalb von Stunden 10 dB, also eine Verdoppelung oder Halbierung, nach sich ziehen.
Lesestoff:
Die Studien sind kostenfrei ausschließlich als Download erhältlich: Schriftenreihe des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie des Freistaates Sachsen: Schalldämpfung durch den Wald (Teil1) Heft 16/2016 und Teil 2 Heft 17/2016 https://publikationen.sachsen.de/bdb/
Roland Krieg