Urlaub beim Binnenfischer

Landwirtschaft

MV-Leitfaden „Urlaub auf dem Fischerhof“

>Sechs Millionen Urlaubsgäste besuchen jährlich Mecklenburg-Vorpommern. Bundesweit machen 2,1 Millionen Menschen Urlaub auf dem Bauernhof. Die Küsten- und Binnenfischerei ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in MV: Was liegt also näher, als über die gemeinsame Schnittmenge Urlaubern und Angler eine Ferienzeit auf einem Fischereihof anzubieten? Zumal, so die gestern in Waren vorgestellte Studie der Ernst-Moritz-Universität in Greifswald, die Agrarstruktur im nördlichen Bundesland „oftmals sehr groß und auf einen Produktionszweig spezialisiert“ ist. Sie entspricht nicht den Gästeerwartungen von bäuerlicher Romantik und Streichelzoo.

Visitenkarte Binnenfischerei
Unter 300 Gästen in MV ist lediglich ein Angler, stellte Agrarminister Dr. Till Backhaus fest. Da sei noch ein großes Potenzial auszuschöpfen, wie die Erfolge der Heringswochen auf Rügen, die Fischereitage an der Müritz und das traditionelle Abfischen der Teiche immer wieder zeigen. 200.000 Anglerferien zählen die Statistiker für MV. Und die gestalten mit der Fischereiabgabe, die sich auf 450.000 Euro im Jahr beläuft, ihr Reiseland mit. Backhaus zählt neben der Hege und Pflege der Teiche, die Erfolge beim Wiederbesatz an Küste und Binnenseen auf: Hechte, Meerforelle, Steinlachs, Schnäpel und Aal.

Touristen-Fischereischein
Seit 2005 gibt es an rund 120 Ausgabestellen in MV den Touristen-Fischereischein für 20 Euro, der die Fischereiabgabe bereits enthält. Der Schein gilt für vier Wochen. Beim Pächter oder Gewässereigentümer muss noch eine Angelkarte erworben werden.
2006 wurden rund 7.200 Touristen-Fischereischeine ausgegeben, 37.993 Jahresangelerlaubnisse (- 31,3 %), 16.309 Wochen- und Monatsangelerlaubnisse (+ 19,2 %) und 45.584 Tagesangelerlaubnisse (+ 1,5 %).
Agrarbericht 2007 MV

Urlaub auf dem Fischereihof soll aber den Reisenden auch einen tiefen Einblick in diesen Wirtschaftszweig und die regionalen Lebensverhältnisse geben.
Die Ausgangsfrage der zwischen März 2006 und Dezember 2007 durchgeführten Universitätsstudie war, wie die Fischereiwirtschaft in Wert gesetzt werden könnte, erklärte Prof. Dr. Monika Rulle. Das Ergebnis ist ein systematischer Leitfaden, der den Fischereihöfen aufzeigt, wie sie das zusätzliche Engagement „Ferienangebot“ sicher anstreben. Er beschreibt beispielsweise die Erwartungen der Gäste, zusätzliche Erfordernisse wie einen Fahrradverleih vor Ort und das Versenden einer genauen Anfahrtsskizze. Ein Kapitel beschreibt die Fördermöglichkeiten und Marketingstrategien.

Tipps und Tricks für den Anbieter
Allerdings ist es nicht so leicht, gleich mit dem Bau von Ferienwohnungen anzufangen. Nach Prof. Rulle müssen sich die Anbieter vorher Gedanken über die Zielgruppe machen. Soll der Angler angesprochen werden, der Ruhe und Erholung sucht, oder soll eine Familie mit Kindern auf dem Betrieb für Abwechslung sorgen?
Der Fischereibetrieb bleibt auch weiter wirtschaftlicher Fischereibetrieb! Für Zusatzangebote wie Kochkurse oder Hofladen bieten sich Kooperationen mit den Nachbarn an.

Urlaub auf dem FischerhofDer Deutsche Tourismusverband bietet nach einem umfangreichen Kriterienkatalog die Sterneklassifizierung an. Sie ist notwendige Basis für eine der fünf bundesweiten Zusatzklassifizierungen für Fischerhof, Winzerhof, Reiterhof, Bauernhof oder Urlaubshof.
Netz, Angel oder ein Boot reichen dafür allerdings nicht aus. Angelika Groh vom Landurlaub MV führte aus, was die Gäste so alles erwarten dürfen: So muss das Ferienobjekt sich direkt in räumlichen Zusammenhang zum aktiven Fischereihof befinden. Das Grundstück muss aufgeräumt und gepflegt sein, mindestens einmal täglich muss ein Ansprechpartner für die Gäste persönlich zur Verfügung stehen und die Gäste haben Gelegenheit, selbst zu angeln oder zu fischen. Seit Herbst 2007 haben Mitglieder des Landurlaub MV Gelegenheit, sich mit nebenstehenden Siegel zu schmücken. Dazu müssen auch drei verschiedene regionale Produkte auf dem Hof oder im Nachbarladen vorhanden sein. Nicht drei verschiedene Fische, erklärte Groh, sondern beispielsweise Fisch, Honig und regionale Tracht. Einmal die Woche muss eine Aktivität im Zusammenhang mit der Fischerei angeboten werden, wie beispielsweise ein Fischerabend.

Wer neben Angeln eine Übernachtung anbietet, der ist bereits Pauschalreiseveranstalter, warnt Friederike Schüle, Mitautorin der Studie. Er haftet auch bei Insolvenz und muss den Urlaubern die Rückreise versichert haben.
Nach der gedanklichen und rechtlichen Vorbereitung, muss der Fischer die behördlichen Hindernisse bewältigen. Fischer beschwerten sich, dass die Landesämter den Umbau oder Neubau von Unterkünften nicht genehmigen. Das „Baurecht im Außenbereich“ sieht vor allem bis 100 Meter Uferentfernung Restriktionen vor. Dessen sind sich Wissenschaftler und Dr. Backhaus bewusst. Friederike Schüle appelliert an den Einfallsreichtum der Fischer, die im Untergeschoss einen Schuppen bauen und die Unterkünfte nach oben verlegen sollen.
Das Agrarministerium will auf die Landkreise hinwirken, damit sie in Mecklenburg-Vorpommern nach einheitlichen Richtlinien genehmigen. Was der eine genehmigt, verbietet der andere. Man wolle den Beamten klar machen, versprach Backhaus, dass es hier um die Existenz der Fischerei gehe.

Betriebform / Ausstattung

Anzahl

Betriebe mit Teichwirtschaften

11

Betriebe mit Angelteichen

14

Betriebe der Seenfischerei (Unternehmen)

50

Standorte

67

Davon mit Fischverkauf

43

Davon mit Restaurants

8

Davon mit Imbiss

16

Davon mit Ferienwohnungen

14

Ferienwohnungen insgesamt

33

Fischerei- und touristische Infrastruktur in MV; Berechnungen Ernst-Moritz-Arndt-Universität

Lesestoff:
Den „Leitfaden – Urlaub auf dem Fischerhof“ können Sie kostenfrei über das Agrarministerium bestellen: www.lu.mv-regierung.de

Roland Krieg

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