Urteil zur Sauenhaltung in Kastenständen

Landwirtschaft

Wie liegt die Sau?

Der Kastenstand für Sauen steht schon lange in der Kritik. Die Schweiz hat ihn zuerst im Jahr 1977 mit einer langen Übergangszeit bis 2007 verboten. Schweden wird gerne von den Verteidigern des Kastenstandes als Negativbeispiel angeführt. Das Verbot des Kastenstandes 1988 hat nach der Liberalisierung des Binnenmarktes den Selbstversorgungsgrad mit Schweinefleisch von 102 Prozent im Jahr 1995 auf 76 Prozent im Jahr 2010 sinken lassen. Strengere Haltungsrichtlinien werden oftmals in Zusammenhang mit steigendem Strukturwandel und Abwanderung der Produktion ins Ausland begründet.

Kastenstand

In Deutschland ist die Haltung von Sauen im metallenen Kastenstand nur noch im Abferkelbereich und im Besamungsbereich bis zum 28. Trächtigkeitstag erlaubt. Die Kastenstände sind wesentlicher Teil der konventionellen Tierhaltung und werden für ein besseres Image auch als „Ferkelschutzkorb“ bezeichnet. Die Sau kann sich hinlegen, doch geschieht das nicht mehr so plötzlich, dass die kleinen Ferkel noch Zeit haben, sich aus dem Bereich der Sau zu entfernen. Sonst werden sie erdrückt. Dazu gibt es viele Studien – aber auch Kritiker, die diese anzweifeln.

Das Urteil

Ende der vergangenen Woche hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Schwung in die Diskussion gebracht. Ein Schweinezüchter aus Sachsen-Anhalt klagte gegen den Landkreis, dessen Kontrolleure nach Vorgabe der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung die Kastenstände als zu klein bemängelten. Demnach muss das Schwein sich „ungehindert hinlegen und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken“ können. Der Betrieb geht davon aus, dass die Gliedmaßen auch in den benachbarten Kastenstand reichen dürften – selbst wenn dort ein weiteres Tier steht.

Was sagt das Gesetz?

Das Maß der Kastenstände ist definiert. Sie müssen 200 cm lang sein und dürfen bei Jungsauen 65 und müssen bei Altsauen 70 cm breit sein. Für Jungsauen gilt der Platzbedarf als reichlich, für Altsauen schon eher als knapp bemessen. Nach einer Studie, die 2015 in der Zeitschrift Landtechnik erschien [1], entwickelt sich das Körpergewicht im zunehmenden Alter bei Sauen mit +47 Prozent deutlich höher als das Ausmaß der Körpermaße (+ 10 bis 18 Prozent). Einfach ausdrückt: Die Sau wächst mehr in die Länge und Höhe als in die Breite. Zudem ist die ermittelte Streuung der Körperbreite geringer als die der anderen Körpermaße. Dennoch: Für großrahmige Zuchtherkünfte empfahl die Studie für Neubauten schon eine Verbreiterung auf 80 cm.

Offenbar werden die Tiere mit höherer Leistung auch größer. Das Liegen in Bauchlage, Seitenlage und gestreckter Seitenlage bestimmt den Platzanspruch der Tiere. Zum Haltungskomfort zählen die Dauer einer unveränderten Körperhaltung sowie die Geschwindigkeit der Körperbewegung zur Änderung der Haltung, betont Autor Eckhard Meyer. Sein Fazit ist eine Ausrichtung des Kastenstandes auf die genetische Herkunft der Tiere, sowie der Alters- und Größenstruktur der Herde auszurichten. Sowohl zu kleine als auch zu große Kastenstände bergen die Gefahr von Verletzungen.

Was ist zu tun?

Nach dem Urteil kommen Änderungen auf die Sauenhalter zu. Sie müssen wohl die Kastenstände verbreitern. Das erfordert den Abbau einzelner Kastenstände, um den notwendigen Platz zu schaffen. Wie viel weniger Sauen dann gehalten werden können, wird sich betriebsindividuell erst nach eingehender Analyse zeigen.

Nach Meinung der ISN (Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands) ist nach einem Beschluss der Agrarministerkonferenz sowieso erst einmal das Bundeslandwirtschaftsministerium am Zuge. Diesen September haben die Länderminister den Bund zu einer EU-weit einheitlichen Regelung aufgefordert. Das Ministerium müsse jetzt ein Konzept für bestehende Stallungen und eine Abschätzung der Ferkelerzeugung erarbeiten.

Lesestoff:

BVerwG 3 B 11.16: http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2016&nr=97

[1] Meyer, Eckhard: Entwicklung der Körpermaße von Zuchtsauen – Konsequenz für die Maße von Kastenständen in: Landtechnik (70 (1), 2015, 9-14 DOI:10.15150/lt.2015.2062

Bioschweine säugen in Gruppen: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/bioschweine-saeugen-in-gruppen.html

Schrägwand sichert Ferkelleben in Norwegen: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/schraegwand-sichert-ferkelleben.html

Roland Krieg

Zurück