Urteilsbegründung zur Düngeverordnung MV liegt vor
Landwirtschaft
MV-Dünge-VO: Verstoß gegen AVV
Dort wo zu viel Nitrat im Grundwasser ist, muss die Düngung eingeschränkt werden. Die Karte I zeigt, welche Gebiete in Mecklenburg-Vorpommern auf der Basis der Düngeverordnung 2013 als gefährdet ausgewiesen sind. Die neue restriktivere Düngeverordnung 2020 hat mit zahlreichen Neubewertungen der Messstellen zu einer Verkleinerung der Roten Gebiete (Binnendifferenzierung) geführt. Daraufhin hat die EU-Kommission in Berlin noch einmal nachgefragt, wie das abgelaufen ist. Mit der neuen Ausweisung waren Landwirte noch immer unzufrieden und haben Klagen vorbereitet und in Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich geklagt [1].
Begründung OVG
Seit Freitag liegt die Begründung des Oberverwaltungsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern zur Ungültigkeitserklärung der Landes-Dünge-Verordnung vor (Az.: 2 K 224/20 OVG). Grund waren die Normenkontrollanträge, dass das Land bei den gewählten Regionalisierungsverfahren die Plausibilität unterlassen habe. Damit habe das Land gegen § 2 Düngelandesverordnung 2020 verstoßen. Das sei in der Allgemeinverfügungsverordnung (AVV) der Bundesregierung für die Ausweisung der Roten Gebiete mit Nitratüberschuss in § 6 Satz z3 Nr. 1 i.V.m Anlage 2 Ziffer 2 Abs 3 AVV GeA zwingend vorgeschrieben. Das Gericht urteilt auch, dass fehlende Stützmessstellen kein Grund seien, die Plausibilität zu unterlassen. Daraus folgt, dass die neue Ausweisung der belasteten Gebiete (Karte 2) keine rechtliche Grundlage habe und daher ungültig ist.
Was sagen die Bauern?
Landesbauernpräsident Detlev Kurreck begrüßte das Urteil, muss aber die Auswirkungen noch prüfen. Zwischen Urteilsverkündung und schriftliche Begründung sagte er: „Ich habe damit gerechnet, dass das Urteil in diese Richtung gehen wird und die Düngeverordnung des Landes gekippt wird. Denn ich halte es für zutiefst ungerecht, aufgrund einer Modellierung – die ja nur eine Annahme ist – einen sanktionsbereiten Rechtsrahmen zu schaffen. Das ist, als würde man annehmen, dass auf der Autobahn permanent zu schnell gefahren wird und deshalb allen Autofahrern einen Punkt geben.“ Er wirft dem Land vor, Zeit vertan zu haben, denn die Landwirte brauchen Sicherheit für die kommende Düngesaison im Frühjahr.
Was sagt der Minister?
Ob die Bundesländer Stützmessstellen einrichten sei nach Rechtsvorschriften des Bundes, den Ländern überlassen. Das Gericht habe auch keine verpflichtende Einrichtung vorgeschrieben. Das Gericht habe auch nicht darüber geurteilt, dass die 552 Grundwassermessstellen für die Ausweisung der Roten Gebiete ungeeignet sind. Landwirtschaftsminister Till Backhaus wies darauf hin, dass die Bundesländer verschiedene Verfahren für die Bewertung der Roten Gebiete angewandt haben. Mecklenburg-Vorpommern habe sich für seinen Weg der Binnendifferenzierung entschieden und erreicht, dass weite Gebiete für die Landwirtschaft nicht pauschal restriktiven Düngemaßnahmen unterliegen. Die Landwirte haben nach Backhaus mit ihrer Klage einen „Pyrrhussieg“ erreicht.
Die Konsequenz des Urteils, gegen das keine Revision zugelassen ist, ist die Ausweisung der Roten Gebiete nach Bundesrecht. Das entspreche der Karte I und beinhalte, dass künftig statt 13 Prozent der Landesfläche künftig 85 Prozent der Landesfläche mit Düngerestriktionen belegt werden.
Stichwort: Stützmessstellen
Die Grundwasserkörper der Bundesländer werden über staatliche Messstellen beprobt. Zusammen mit oberflächennahen Trinkwassergewinnungsanlagen gehören sie zum Ausweisungsmessnetz. Die Proben zeigen Messstellen aus, die mehr als die erlaubten 50 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser aufweisen oder einen steigenden Trend mit über 37,5 mg Nitrat/l Wasser. Für die Ausweisung der Roten Gebiete werden zudem die Geologie und die Landnutzung berücksichtigt.
Um einen belasteten Grundwasserkörper in einen belasteten und nicht-belasteten Teil zu unterteilen, werden Stützmessstellen eingerichtet. Das sind nicht-staatliche Messstellen, die weniger strenge Anforderungen als die staatlichen Messstellen aufweisen. In Bayern beispielsweise hat der Bauernverband die Landwirte in diesem Jahr aufgerufen, in der Zeit zwischen dem 01. April und dem 30. Juni geeignete Brunnen und Quellen als Stützmessstellen beim Wasserwirtschaftsamt zu melden. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) stellt aber auch fest, dass die Herausnahme von nicht-belasteten Grundwasser-Teilkörpern auf Grund fehlender Messstellendichte, und damit die Binnendifferenzierung, untersagt werden kann.
Lesestoff:
[1] Kommt die Klagewelle gegen die Dünge-VO? https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/schwung-fuer-die-klagewelle-gegen-die-duengeverordnung.html
Roland Krieg
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