US-Sustainability-Initiative

Landwirtschaft

US-Landwirtschaft: Was genau kennen wir?

Der Begriff „Dust Bowl“ hat sich in das amerikanische Bewusstsein gegraben. In den 1930er Jahren bedeckten Staubstürme in mehreren trockenen Jahren nach Rodung des Präriegrases weite Teile des Landes, vernichteten Ernten und veranlassten mehr als zwei Millionen Amerikaner, ihre Heimat zu verlassen. Dave White, früherer Direktor der Abteilung für Landkonservierung innerhalb des Landwirtschaftsministeriums, nimmt die ANUGA zum Anlass, auf diesen Wendepunkt der amerikanischen Landwirtschaft hinzuweisen. Schon 1933 gab es das erste Gesetz gegen Winderosion, zwei Jahre später folgte das Gesetz zur Erhaltung der Böden. Saubere Luft, klares Wasser, Humus im Boden und Einhaltung von Fruchtfolgen fanden über Jahrzehnte hinweg Niederschlag in den Gesetzen der Farm Bill und werden bis heute über zahlreiche Umweltprogramme finanziert. Die Farm Bill entspricht dem Rahme der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in der EU.

„This is how we grow“

Die großen Exportorganisationen für Soja, Reis, Meeresfrüchte, Geflügel und Eier sowie Molkereiprodukte gaben auf der ANUGA den offiziellen Startschuss für die Gemeinschaftsinitiative U.S. Sustainability. Unter dem Motto „This is how we grow“ wollen die Händler aufzeigen, wie sie mit weniger Ressourceneinsatz höhere Erträge erwirtschaften haben und die Umwelt schützen.
Heute dürfen Feuchtgebiete nicht mehr drainiert werden, ergänzt Brent Babb vom Soybean Export Council. Rund 140 Millionen Hektar werden mit jährlich 6 Milliarden US-Dollar geschützt. Die illustrierenden Bilder zu den Vorträgen in Köln zeigen Blühstreifen, Bienenweiden, angereicherte Humusschichten, pfluglose Bodenbearbeitung und Abwasserklärung mit Phosphorrückgewinnung. Die Rückkehr des Wolfes gilt in naturnahe Regionen in Deutschland als Gewinn für die Biodiversität. Seine amerikanische Entsprechung ist der vom Aussterben bedrohte Louisiana Schwarzbär im Mississippi-Delta. Bilder vom Nachwuchs sollen eine gesunde Landschaft symbolisieren. Mit Hilfe von GPS-Daten bringen die amerikanischen Farmer Ressourcen schonend Dünger und Pflanzenschutzmittel teilspezifisch auf den Ackerflächen aus.

Zwei Bildhälften

Die Bilder zeigen Agrarumweltprogramme, wie sie auch in der EU an Bedeutung gewinnen. Doch ist das nur die eine Hälfte des Bildes. Der grobe Rahmen ist auf beiden Seiten des Atlantiks gleich. Die Amerikaner arbeiten an messbaren Kriterien für die Nachhaltigkeit, erklärte Prof. Marty Matlock von der Universität Arkansas. Doch die Tücke steckt im Detail: Mit Chlor desinfiziertes Geflügelfleisch, der Einsatz von Antibiotika in der Rindermast und das Thema grüne Gentechnik sind Signale aus der anderen Bildhälfte der amerikanischen Landwirtschaft. Das weiß auch David Green, der als Berater in der Initiative US Sustainability aktiv ist. Er hatte im Vorfeld Lebensmittelhändler nach Hindernissen für die Listung amerikanischer Produkte befragt. Wie bei einigen Umweltorganisationen ist das Image von der amerikanischen Landwirtschaft eher negativ: Hochindustrialisierte Betriebe ernten von riesigen Feldern Monokulturen mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Umgekehrt haben aber auch die amerikanischen Farmer keine genaue Kenntnis von den europäischen Agrarumweltprogrammen und Betriebsbedingungen. Beiderseitiges Kennenlernen scheint nötig. Denn vor dem Hintergrund der Gespräche zu einem transatlantischen Handelsabkommen laufen die roten Linien der Europäer eher entlang der zweiten Bildhälfte.

Vielfalt amerikanischer Landwirtschaft

Dennoch sollte der Agrarbereich nicht ausgeklammert werden, sagte Brent Babb zu Herd-und-Hof.de. Ein Handelsabkommen sollte nach amerikanischer Lesart alle Sortimente umfassen.
Laura Foell
bewirtschaftet mit ihrem Ehemann eine Farm in Schaller, Iowa. Sojabohnen und Getreide werden am Markt verkauft und Wildpflanzen als Bienenweide angebaut. Die Farm ist seit 1880 in Familienbesitz. Wie viele kleine Farmen muss für den Haushalt auch nicht-landwirtschaftliches Einkommen erzielt werden. Und sei es nur für die Versicherungsprämien. Wichtig aber sei, so unterstrich die Farmerin gegenüber Herd-und-Hof.de, dass die kleinen Betriebe sich mit dem Herzen als Farmer fühlen. In Deutschland wird das als Nebenerwerb bezeichnet stellt mit 55 Prozent die größte Gruppe der Bauernhöfe.
Prof. Matlock sieht exportorientierte und lokale Produktion als gleichwertig an. Selbst die kleinen Farmen mit nur wenigen Hektaren finden auf den lokalen Märkten ihre Produktionsnische – auf der anderen Seite können sie alleine nicht die Nachfrage nach Lebensmittel abdecken. Wie in Deutschland hat sich diese Betriebsform als Risikoabsicherung bewährt. In Krisenzeiten können Bauern auf ein diversifiziertes Einkommen zurückgreifen. Sie bedienen mittlerweile auch den Wunsch der amerikanischen Kunden nach regionalen Produkten.

Lesestoff:

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Warum TTIP für die USA auch im Agrarbereich wichtig ist: Sie verlieren den Anschluss an den EU-Markt

Farmers´ Markets für regionale Produkte

Freihandelsabkommen beflügeln die US-Agrarwirtschaft. Aber die kleinen Betriebe sind auf zusätzliches Einkommen angewiesen

Roland Krieg; Fotos: roRo

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