VDL: „Wir brauchen evidenzbasierte Entscheidungen“

Landwirtschaft

VDL blickt auf die nächsten 100 Jahre

Gegessen wird immer. Die Zukunft ohne Landwirtschaft ist für die Menschen nicht möglich. Vor 100 Jahren hat ein Landwirt rund vier Personen ernährt, heute sind es 144. Noch nicht einmal ein halber Weg zurück ist vorstellbar, weil immer weniger Menschen einen der heute 14 „grünen Berufe“ ergreifen. In den letzten 100 Jahren hat sich das Berufsbild dramatisch gewandelt. Zogen noch in den 1950er Jahren ein Dutzend Frauen Seite an Seite zum Unkrautentfernen mit Feldhacke über das Rübenfeld, sitzen heute Männer und Frauen auf GPS-gesteuerten Traktoren und kontrollieren am Bildschirm die teilflächenspezifische Düngung. Bilder von Agrar-Studierenden im VDL Berufsverband Agrar Ernährung Umwelt lassen kein Hundertjährige Vereinsgeschichte vermuten.

Begleiter der Landwirtschaft

Doch der 1919 gegründete Reichsbund akademisch gebildeter Landwirte legte bereits Wert auf eine einheitlich und hoch qualifizierte Ausbildung der Diplomlandwirte für die Praxis und den Hörsaal. Der VDL blickt nicht nur auf eine äußerst vielfältige Veränderung in der Landwirtschaft zurück, sondern auf eine Zeitreise mit Höhen und Tiefen, mit Krieg und Krisen.  Heute fordern ihn gesellschaftlichen Wünsche der Neuzeit.

Mit den Grundideen einer ordentlichen Ausbildung und Ernährungssicherung blickte VDL-Präsident Markus Ebel-Waldmann auf die nächsten 100 Jahre: „Der VDL ist Mittler und Pol des Sachverstandes.“ Die Branche müsse künftig mehr zusammenrücken und mehr mit einer Stimme sprechen, um das verzerrte Bild der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit gerade zu rücken. Die Landwirtschaft müsse „neue Bilder von der Landwirtschaft“ zeichnen und der VDL trage mit seiner Ausbildungskompetenz dazu bei.

VDL Seminar Bio-Auditoren

„Beruf mit Perspektive“

Die Geschichte des Verbandes ist für den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundeslandwirtschaftsministerium, Michael Stübgen, auch eine Geschichte der Landwirtschaft. Der Kampf gegen den Hunger kann nicht ohne die Landwirtschaft gewonnen werden, führte er aus. Die Anforderungen an die Branche seien gerade heute sehr hoch, aber auch widersprüchlich. Der VDL kann auf der Sachebene „einfache und klare Argumente“ vorbringen, Die Branche müsse aber auch Missstände annehmen und Zielkonflikte mit Hilfe des VDL moderieren.

Stübgen bekräftigte auf dem Festakt das Festhalten am Zwei-Säulen-Prinzip der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) Brüssels. Die grüne Architektur in der neuen Förderperiode ab 2020 müsse reguliert und kontrolliert werden, ohne die Betriebe bürokratisch zu überlasten. Die erfolgreiche Berufsausbildung sichere  den Fortbestand einer flächendeckenden Landwirtschaft ohne anonyme Agrarholding.

„Wir wollen, dass es den Tieren besser geht. Wir wollen, dass die Landwirte von ihrem Einkommen leben können. Wir wollen, dass junge Menschen einen Beruf mit Perspektive ergreifen“, lauteten die Aufgaben für den VDL aus dem Berliner Ministerium. Der chemische Pflanzenschutz als Ergänzung sei auf Dauer unverzichtbar. Saatgutverfügbarkeit, Aussaatzeitpunkt, Bodenbearbeitung, Fruchtfolgen und Züchtung runden die künftige Feldarbeit ab. Im Rahmen der Diversifizierung der Betriebe müssen die alternativen Kulturen züchterisch bearbeitet werden, um neben ökologischen auch ökonomische Ertragssicherheit zu erzielen.

Der Weg zum Job

Der Weg zum Job ist für Studierende mitunter weit. Ende April haben sich Unternehmen über den Landesverband Niedersachsen mit ihren Trainee Programmen vorgestellt. Wichtiger als Notendurchschnitt und Englischkenntnisse ist beim Bewerber der Charakter, lautete das Fazit. Der Weg nach einem Praktikum zu einem Trainee Programm ist nicht außergewöhnlich.  Heute leitet er der einst Studierende den Getreidehandel des Unternehmens in Deutschland und Polen.

Anfang April stellte der VDL in einem Seminar den Beruf des Bio-Auditors vor. In der Landwirtschaft, im Handel und bei Importen müssen die Produkte schließlich kontrolliert werden. Nicht von Irgendjemandem, sondern von einer gut ausgebildeten Persönlichkeit.

Allerdings: Die gesellschaftliche und politische Diskussion entfernt sich von der „evidenzbasierten Entscheidung“, kritisiert der stellvertretende Bundesstudierendensprecher Sebastian Streit auf der 100-Jahr-Feier. Der Doktorand der Georg-August-Universität Göttingen blickte mit Sorge auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zu Züchtungsmethoden. „Dann können wir uns die Wissenschaft sparen“, sagte Streit und warnte vor einem Brain Drain der Agrarwissenschaften aus Deutschland.

Lesestoff:

https://www.vdl.de

Roland Krieg; Foto: VDL

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