Verbändegespräch ohne Überraschung
Landwirtschaft
Hilflos gegen schwarze Schafe
Am
Montag trafen
sich Branchenvertreter im Berliner Landwirtschaftsministerium zur ersten
Zwischenbilanz im Dioxin-Skandal. Der entstandene Schaden sei
„immens“, wie Ministerin Ilse Aigner anschließend feststellte. Damit meinte sie
nicht nur den finanziellen, sondern auch den Imageschaden, der das Vertrauen
der Verbraucher zerstört hat. „Auch wenn keine unmittelbare Gefahr besteht“.
Aigner
wollte sich nicht an den Spekulationen beteiligen, wo letztlich das Dioxin in
den Herstellungs- und Verarbeitungsprozess eingetragen wurde: „Wir stehen vor
einer Reihe ungeklärter Fragen!“.
Fokus Betrug
Je
mehr Details aufgedeckt werden, desto komplexer wird das
Bild. Im Wesentlichen geht das niedersächsische Landwirtschaftsministerium von
betrügerischen Absichten aus, mit Dioxin belastete Fette in die
Mischfutterherstellung eingeschleust zu haben. Die erste belastete Probe stammt
von der Firma Wulfa-Mast, die „soviel Fett in ihre Futtermittel [mischte;
roRo], dass eine Überschreitung des Dioxinhöchstgehaltes in den Futtermitteln
nicht ausgeschlossen werden konnte“. Der „holländische Händler“ ist raus. Nur
in Namen
von Olivet
wurden die
richtig als nicht für die Lebensmittel- und Futtermittelherstellung zu
verwendende Fette von der Firma Petrotec geliefert. Und
wurden von der Firma Lübbe nach Bösel transportiert. Dort wurden nach
Auffassung des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums die
Fette
gemischt. Lübbe gehört zu Harles und Jentzsch.
Da
die Mischanlage offenbar nicht gemeldet war, wurde sie von den amtlichen
Kontrollen auch nicht geprüft.
Lösungsansatz suchen
Schon
am Freitag hatte ein Ministeriumssprecher klar gemacht: „Wenn jemand mit hoher
krimineller Energie … verdeckt mischt oder panscht oder produziert, dann wird
es auch für die staatlichen Kontrolleure schwer, einzuschreiten.“ Daher
stellte Ilse Aigner am Montag auch noch einmal klar: Der jetzige Fall ist
keiner zur Erhöhung der Kontrollen. Auch die Eigenkontrollen der Industrie bleiben
wesentlicher Bestandteil des Qualitätsprogramms. Daher bleiben Punkte im
Gespräch, die sich in den vergangenen Tagen bereits abgezeichnet haben:
Zulassungspflicht verschärfen. Betriebe, die
Futtermittel liefern wollen, sollen einer verschärften Zulassung unterliegen. Dazu
gehören mehr Sachkunde, Eigenkontrollen und Dokumentationspflichten.
Warenstromtrennung. Das
Bundeslandwirtschaftsministerium will sich europaweit dafür einsetzen, dass
Anlagen zwischen technischen und Futterfetten getrennt werden.
Dioxin-Monitoring. Das Dioxin-Monitoring soll weiter
ausgebaut werden und Daten aus allen staatlichen und Eigenkontrollen erfassen.
Positivliste. Für Futtermittel soll es auf europäischer
Ebene eine Positivliste geben, die den derzeitigen unverbindlichen Katalog
ablöst. Zur Positivliste sollen auch die Herstellungsverfahren hinzugefügt
werden.
Strafrahmen. Zusammen mit dem Justizministerium will das
BMELV die Strafbewehrung überprüfen. Der Dioxinfall zeige, dass lokale Ereignisse
mittlerweile „überregionale, manchmal sogar globale Auswirkungen“ habe. Es soll
geprüft werden, ob es einen Anpassungsbedarf im Strafmaß bedürfe.
Die nächsten Termine
Ob sich dadurch komplexe Betrügereien abschrecken
lassen, wird sich zeigen. Eine generelle Abkehr vom System globaler
Futterströme für Exportmästereien, wie es in den letzten Tagen gefordert wurde,
ist nicht erkennbar. Hier bleibt die Entscheidungsmacht beim Verbraucher an der
Kasse.
Noch in dieser Woche soll das Thema Dioxin-Monitoring in
der Sitzung des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit
zur Sprache kommen. Am 18. Januar werden die Agrarminister das Thema auf ihrer
Agenda haben.