Verbesserte Ernte durch Ackerbaustrategie?
Landwirtschaft
Erntebericht des BMEL
Durchwachsen mit regionalen Tiefschlägen. So lautet der Erntebericht des Bundeslandwirtschaftsministeriums, den Julia Klöckner am Donnerstag vorstellte. Nach den vielen Schätzungen liegen auf der Basis von mehr als 10.000 genaue Zahlen vor, die vom Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hochgerechnet wurden. Gegenüber 2018 wurde das aktuelle Erntejahr kein „Katastrophenjahr“, auch wenn es Regionen mit erneuter Trockenheit gibt und die EU in dieser Woche ihr umfangreiches Maßnahmepaket für finanzielle und Hilfen für den Futterbau vorstellte [1].
Die Mengen
In Deutschland hat die Trockenheit vor allem die Bundesländer Brandenburg und Sachsen-Anhalt erneut getroffen. Im Gegensatz zu 2018 sind Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein deutlich besser weggekommen. Die unterdurchschnittliche Getreideernte von 44,7 Millionen Tonnen verfehlt den sechsjährigen Durchschnitt um 3,3 Prozent und ist deutlich auf die trockenen Aussaatbedingungen im Herbst 2018 zurückzuführen. Es war der trockenste seit 1981. Bis in den November hinein hielt regional die Trockenheit an und senkte die nutzbare Feldkapazität (nFk) auf bis zu 30 Prozent ab. Die Niederschlagsdefizite hielten über den Winter hinweg bis in das Frühjahr an. Der Regen im Mai konnte das Absinken der nFk kaum verhindern. Im Mai wurde erstmals nach 13 Monaten eine negative Abweichung vom langjährigen Temperaturmittel gemessen. Der Juni wurde dennoch zum wärmsten und trockensten seit der Einführung der flächendeckenden Messungen im Jahr 1881.
Die Landwirte haben in den vergangenen beiden Jahren die ersten deutlichen Auswirkungen veränderter Klimabedingungen gespürt. Die Öffentlichkeit hat der Sommer 2018 aufgeschreckt. Das Thema Klima hat seitdem an Popularität und freitäglicher Gegenbewegung gewonnen. Das BMEL arbeitet gerade an seiner Ackerbaustrategie. Der BMEL-Gegenwind gegenüber dem Deutschen Bauernverband im vergangenen Jahr, weist auf eine deutliche Abweichung und neue Inhalte hin [2]. Wiedervernässung und klimastabile Fruchtfolgen werden Teil der neuen Ackerbau- und Grünlandstrategie sein. Wie sich das auf die Ernten auswirkt, wird sich danach zeigen, aber auch messen lassen.
Die Preise
Weizen gut, Mais schwächer, Raps wegen deutlicher Einschränkung der Anbaufläche und Umbrüche vor der Ernte – was auf den Feldern passiert, zeigt mittlerweile nur bedingte Impulse auf die Marktpreise. In der 34. Kalenderwoche wurden für 100 Kilo (eine Dezitonne) Brotweizen nur noch 15,34 Euro gezahlt. Roggen ging für 13,73 vom Feld. Beide liegen deutlich über 20 Prozent unter der Vorjahreswoche. Und sind nicht die einzigen, die unter einem Preisverfall leiden. Die Preise werden längst über den Weltmarkt generiert. Das weiß auch Julia Klöckner, die beim Vorrechnen gegenüber Herd-und-Hof.de mit ihrer Mimik verriet, dass sie damit nicht glücklich ist. Doch: Die Agrarpolitik hat die Bauern genau dort, wo sie hinsollten: Am Weltmarkt. So nehmen Forderungen nach Marktverantwortungsprogrammen, staatlich geförderter Intervention oder gekoppelter Zahlung seitens der Bauern und Berufsverbände zu. Agrarpolitiker und Bauern haben sich jedoch nicht voneinander entfernt. Es gebe weder die Agrarpolitik noch die Bauern, so Klöckner. Beide Seiten lassen die notwendige Homogenität in der Ausrichtung der Landwirtschaft vermissen. Zum einen müssten Landwirte noch immer lernen, dass Unternehmen Risiken tragen, zum anderen werden gekoppelte Zahlungen mit der Auflage genehmigt, den Anbau nicht auszuweiten. Nach Klöckner geschieht das aber gerade in Polen auf dem Zuckermarkt und führt durch Überproduktion mit zum Preisverfall. In Finnland ist etwas anders. Dort gibt es nur eine Zuckerfabrik. Sollte die wegen unwirtschaftlichem Rübenanbau schließen müssen, bricht dieser im ganzen Land komplett weg.
Die Verbraucher
Konsumenten bekommen von diesen Problemen so gut wie gar nichts. Zeitungsmeldungen wirken wie aus fernen Regionen, da Kunden im Supermarkt noch immer alle Waren rund um die Uhr zu günstigen Preisen vorfinden. Was mal tatsächlich fehlen sollte, wird leicht aus dem Ausland gedeckt. Die Nahrungsmittelpreise sind im ersten Halbjahr 2019 nur 0,9 Prozent über dem Vorjahr. Schwankungen in der landwirtschaftlichen Produktion finden sich lediglich abgeschwächt bei den Verbraucherpreisen wider, heißt es im Erntebericht des BMEL. Weiterverarbeitete Lebensmittel spiegeln viel eher die Kostensteigerungen durch Energie und Lohn wider. Bei einer allgemeinen Steigerung der Verbraucherpreise im ersten Halbjahr von 1,6 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode und einer Inflationsrate von 1,7 Prozent liegen die Preise im Wesentlichen auf Vorjahresniveau.
Ganz anders sähe es in einem isolierten deutschen Markt ohne Handelsbeziehungen aus, müssten sich die Bundesbürger rein von deutschen Produkten ernähren.
Lesestoff:
[1] Hilfe für die Dürreregionen: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/eu-unterstuetzung-fuer-duerreregionen.html
[2] BMEL will Ackerbau breiter aufstellen: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/bmel-will-breitere-ackerbaustrategie.html
Roland Krieg