Verschleppte Pflanzen sind Normalität

Landwirtschaft

Studie quantifiziert von Menschen verschleppte Pflanzen

Ohne die Kartoffel wäre ein deutscher Speiseplan deutlich ärmer. Wie der Mais, der heute auf vielen Feldern wächst, kommt die Kartoffel aus Südamerika. Hingegen haben Reitervölker den Apfel aus Zentralasien mitgebracht. Seit einigen Jahren versuchen Agrarforscher die Sojapflanze an die nördlichen Witterungs- und Sonnenlichtbedingungen anzupassen. Einige Beispiele, was Menschen im Zeitablauf quer über den Globus verfrachtet haben. Doch auch weniger erfreuliche Pflanzen haben woanders Wurzeln geschlagen: Der Riesen-Bärenklau, vor dem als Herkulesstaude gewarnt wird. Unter Sonnenlicht bildet er giftige Substanzen, die bei Säugetieren wie Verbrennungen auf der Haut wirken.

Franz Essl und Dietmar Moser vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien haben für eine aktuelle Studie einmal genau nachgezählt. Die Menschen haben insgesamt 13.168 Pflanzen verschleppt und dadurch woanders angesiedelt. Für die Datenbank „GloNAF“ (Global Naturalized Alien Flora) haben sie von 481 Festlandsgebieten und 362 Inseln Pflanzen zusammengetragen, die eigentlich woanders zu Hause sind. Die Datenbank umfasst 83 Prozent der Landoberfläche. „Die größte Herausforderung bestand darin, Daten aus wenig erforschten Gebieten der Welt zu bekommen, wo es keine oder nur sehr spärliche Informationen zu gebietsfremden Arten gibt“, erklärt Franz Essl.

Die Stechginster (Ulex europaeus) in Neuseeland wurde in den frühen Phasen der europäischen Besiedlung eingeführt. Millionen Dollar werden zur Beseitigung aufgebracht. Foto: Pieter Pelser

Normalfall gebietsfremde Arten

Die 13.168 verschleppten Arten repräsentieren 3,9 Prozent der weltweiten Flora. Die Menschen waren sehr aktiv. Im Vergleich: In Europa gibt es insgesamt 12.000 heimische Arten, in Österreich nur 3.000. Nordamerika weist mit rund 6.000 gebietsfremden Arten die größte Zahl der „Einbürgerungen“ auf. In Europa gelten 4.000 Arten als eingewandert.

Der Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) ist einer der bekanntesten invasiven Pflanzen in Europa. Die Invasion in Mitteleuropa begann in den 1950er Jahren. Foto: Jan Pergl

Für die Studie haben die Wissenschaftler auch die Herkünfte der gebietsfremden Arten ermittelt. Die nördliche Hemisphäre ist der größte Exporteur. Allen voran Europa und der nicht-tropische Teil Asiens. „Im Zuge der Kolonialisierung anderer Erdteile haben Europäer viele ihnen vertraute Pflanzen in andere Erdteile eingeführt, häufig mit dramatischen Folgen für die dortigen heimischen Arten.“ Die biologische Globalisierung ist ein weltweites Phänomen geworden – „mit oftmals unabsehbaren Auswirkungen auf heimische Arten, aber auch auf Land- und Forstwirtschaft“, ergänzt Essl.

Lesestoff:

van Kleunen M, Dawson W, Essl F et al. (2015) Global exchange and accumulation of non-native plants. in Nature DOI:10.1038/nature14910.

Roland Krieg

Zurück