Verschoben ist bald aufgehoben

Landwirtschaft

Glyphosat-Entscheidung wieder vertagt

Weder ja noch nein. Weder Fisch noch Fleisch. Auch am Donnerstag konnte sich im Ständigen Ausschuss für Lebensmittelsicherheit keine Mehrheit für oder gegen den Wirkstoff Glyphosat etablieren. Zuletzt hatte die Kommission einen neuen Kompromissvorschlag für einen Zeitraum von neun Jahren vorgelegt. Zwei Jahre mehr als die Marke des Europaparlamentes.

„Hier wird mit Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz gefeilscht, als wären wir am Jahrmarkt. Dabei sind die europäischen Gesetze klar: Krebserregende, hormonstörende und erbgutschädigende Chemikalien dürfen nicht auf den Markt gebracht werden. Die Kommission hat zu hoch gepokert, als sie eine Zulassung für 15 bzw. später für 9 Jahre vorschlug. Ich bin erleichtert, dass die EU-Mitgliedstaaten diesem Geschenk an Monsanto & Co nicht zugestimmt haben“, sagte die Europaabgeordnete der Grünen, Maria Heubuch.

Deutschland hat sich enthalten, weil es keine einheitliche Meinung in der Koalition gibt. Selbst ein Vorschlag, das Mittel zunächst nur für ein Jahr zuzulassen, fand keinen Anklang. Die Bundeskanzlerin unterstützt zwar die Haltung des Bundeslandwirtschaftsministeriums, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch sagte, aber Glyphosat war kein Thema im Kabinett. Es gab also auch keine Richtlinienvorgabe von ihr.

„Die Angst vor dem Stopp von Glyphosat ist offenbar so groß, dass die Mehrheit der Mitgliedstaaten die Entscheidung wieder einmal lieber vertagt hat. Jetzt muss ein neuer Vorschlag auf den Tisch. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hat angekündigt, sich für Beschränkungen beim Einsatz des giftigen Pflanzenschutzmittels einzusetzen. Konsequent wäre es, Glyphosat ganz zu verbieten“, sagte Martin Häusling von den Europagrünen.

Volker Koch-Achelpöhler, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes Agrar (IVA), ist bestürzt: „Abermals haben die Mitgliedsstaaten sich nicht zum Vorschlag der EU-Kommission positionieren können, die ihnen eine Verlängerung der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat vorschlägt. Besonders beschämend ist das Bild aus deutscher Sicht, denn es waren deutsche Bundesbehörden, die im Auftrag der Kommission die wissenschaftliche Risikobewertung vorgenommen haben. Ihrem Urteil, so scheint es, vertrauen die SPD-geführten Ministerien weniger als den teils absurd zugespitzten Parolen verschiedener Umweltverbände und -aktivisten.“ Ohne Wiederzulassung läuft die Genehmigung für den Wirkstoff Ende Juni aus.

Die EU wird einen Vorschlag über eine befristete Zulassung vorschlagen, die dann auch von der Bundesregierung beraten wird. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt ergänzte in Berlin: „Es gibt keinen wissenschaftlichen Dissens: Die einen haben die Wirkung bei sachgerechter Anwendung in der Praxis unter den Anwendungsauflagen überprüft. Die anderen haben das theoretische Krebspotential betrachtet, bei Anwendungsarten und -mengen, die in der Praxis nicht vorkommen. Diese beiden Betrachtungsweisen stehen sich nicht entgegen, sondern ergänzen sich.

Auf Basis aller vorliegenden Erkenntnisse kommen die Wissenschaftler überein, dass bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung des Wirkstoffs Glyphosat keine Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit bestehen.“

Die agrar- und umweltpolitische Sprecherin der CSU, Marlene Mortler, empfiehlt eine Verschnaufpause: „„Bei der Diskussion um Glyphosat geht es schon lange nicht mehr um Fachlichkeit und die Gesundheit der Verbraucher, sondern um Ideologie und ums Gewinnen. Nach dem heutigen EU-Treffen sollten sich deshalb alle Beteiligten eine Verschnaufpause gönnen. Mit dem nötigen Abstand gilt es, darüber nachzudenken, welche Folgewirkungen die Entscheidung gegen die Wiederzulassung von Glyphosat sowohl für die Landwirtschaft als auch für andere anstehende Zulassungsverfahren hätte.“

Roland Krieg

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